Politik Inland

Wüst fordert Unterstützung für Kanzler Merz ein

Hendrik Wüst stellt sich hinter Friedrich Merz und fordert weniger „Getöse“ in der Politik. Bei der umstrittenen Rentenreform will der Landeschef aber auch die jungen Menschen berücksichtigt sehen.

Von Dorothea Hülsmeier und Bettina Grönewald, dpa

25.11.2025

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst stärkt Kanzler Friedrich Merz den Rücken.Oliver Berg/dpa

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst stärkt Kanzler Friedrich Merz den Rücken.Oliver Berg/dpa

© Oliver Berg/dpa

Zoff mit den jungen Unions-Abgeordneten über die Rente und ein CDU-Kanzler im Umfragetief: Friedrich Merz bekommt in schwierigen Regierungszeiten Schützenhilfe von einem der wichtigsten Länderchefs. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst versicherte Merz seine Unterstützung und forderte weniger „Getöse“ in der Politik. Merz habe für seine Arbeit und eine stabile, handlungsfähige Bundesregierung jede Unterstützung verdient, betonte Wüst, der Vorsitzender des größten CDU-Landesverbandes ist, vor Journalisten in Düsseldorf.

Wüst stellte aber auch Forderungen an Merz: Im Streit um das geplante Rentenpaket der Bundesregierung verlangte der 50-jährige Landeschef eine Lösung auch für die jüngere Generation. „Meine Unterstützung für eine baldige, gute Lösung, die auch die Perspektive der Jüngeren berücksichtigt, hat er jedenfalls.“ 

Junge Unions-Abgeordnete sind gegen das Rentenpaket der schwarz-roten Bundesregierung. (Symbolbild)Bernd Weißbrod/dpa

Junge Unions-Abgeordnete sind gegen das Rentenpaket der schwarz-roten Bundesregierung. (Symbolbild)Bernd Weißbrod/dpa

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Verlässliche Rente für alle

Die Rente müsse für ältere Menschen ebenso verlässlich sein wie für die junge Generation, so Wüst. Die jungen Bundestagsabgeordneten argumentierten in der Renten-Debatte nicht für sich allein in eigener Sache. Vielmehr formulierten sie „Ansprüche an Nachhaltigkeit, die eigentlich allen Generationen am Herzen liegen“. 

Junge Unionsabgeordnete kritisieren wegen möglicher künftiger Milliarden-Kosten das vereinbarte Rentenpaket, das zum 1. Januar in Kraft treten soll. Ohne diese Abgeordneten hätte die schwarz-rote Koalition im Bundestag aber keine Mehrheit für das Paket sicher. Auch mit Blick auf die SPD sagte Wüst, Merz habe es als Chef der Bundesregierung „mit einem Koalitionspartner zu tun, der sich in dieser Frage ganz offensichtlich erkennbar schwertut“. 

Dabei könne sich abseits des Getöses die bisherige Arbeit der Bundesregierung sehen lassen, findet Wüst. Die Bundesregierung habe von einem Investitionssofortprogramm über die Unternehmenssteuersenkung und den Industriestrompreis bis hin zu Änderungen in der Migrationspolitik vieles geschafft, bilanzierte er. 

Es seien zwar auch Fehler gemacht worden, sagte Wüst, ohne konkreter zu werden. Diese seien aber erkannt worden und würden bearbeitet. Die Bundesregierung müsse nun unterstützt werden, forderte Wüst. „Und das muss aus allen Teilen der regierungstragenden Parteien in Berlin kommen.“

Nicht gleich die nächste Empörungssau durchs Dorf treiben

Mit Blick auf den Umgang in der Politik allgemein sagte Wüst, offener Streit koste Kraft und Ansehen. Das verhindere, dass am Ende noch große Themen angepackt würden. Die schwarz-grüne Landesregierung in NRW etwa stecke die politische Energie in das Bemühen, bei Reformen alle Sichtweisen zu berücksichtigen. „Wir machen aus Betroffenen Beteiligte. Wir schaffen so die notwendige Akzeptanz.“ 

Politik könne einen Unterschied machen, wenn sie „ohne großen Streit und Getöse“ unterwegs sei. Er habe aber den Eindruck, dass sich immer mehr Beteiligte im öffentlichen Diskurs missverstehen wollten, „um dann gleich die nächste Empörungssau durchs Dorf zu treiben“. 

Wüst bezog sich zwar nicht auf konkrete Vorfälle wie etwa die umstrittenen „Stadtbild“-Äußerungen von Kanzler Merz. Aber er betonte: „Jeder hat seine Sprache und ich finde, da müssen wir uns in der Politik auch noch zugestehen, dass der eine so redet und der andere redet vielleicht so. Und vielleicht schaffen wir es mindestens mal in der demokratischen Mitte, dass wir uns nicht schon von Anfang an missverstehen wollen.“

Offener Streit in der Politik koste Kraft und Ansehen, sagt NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst.Oliver Berg/dpa

Offener Streit in der Politik koste Kraft und Ansehen, sagt NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst.Oliver Berg/dpa

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NRW will Führung bei Staatsmodernisierung übernehmen

Wüst zeigte zugleich Ehrgeiz bei Plänen, die ganz Deutschland betreffen. So will sich der Regierungschef des bevölkerungsstärkstem Bundeslandes an die Spitze der sogenannten föderalen Modernisierungsagenda setzen, über die die Ministerpräsidentenkonferenz kommende Woche (4. Dezember) in Berlin berät. Schon wenige Tage vorher lädt Wüst am Montag zu einer Konferenz zum Thema Staatsmodernisierung mit hochrangigen Gästen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in die NRW-Landesvertretung in Berlin ein. 

Angesichts eines zunehmenden Vertrauensverlusts der Bürger in die Handlungsfähigkeit des Staates müsse der Staat moderner und schneller werden, sagte Wüst. Er wolle hier keine Staatskrise in Deutschland beschreiben. „Aber aus der Perspektive vieler Bürgerinnen und Bürger gibt es eine Staatsfunktionskrise“, sagte er. „Es kann jetzt nicht einfach jeder an seinen Zuständigkeiten festhalten.“ Strukturelle Änderungen seien nötig: „Es muss stärker gebündelt, vereinfacht, auch standardisiert werden.“ Eine grundlegende Staatsmodernisierung sei anders nicht zu erreichen. „Ich bin dazu bereit, wenn es gemeinsam dadurch besser gelingt, Deutschland flottzumachen“, sagte Wüst.

Weniger Bürokratie, gerechtere Finanzierung

NRW mache ganz konkrete Vorschläge für schnellere Verfahren, eine digitalere Verwaltung, weniger Bürokratie und für bessere Rechtsetzung, sagte Wüst. Dazu gehöre die Abschaffung von Berichts- und Dokumentationspflichten, die Reduzierung von Genehmigungspflichten, die Erleichterung für Ersatzneubauten sowie Vereinfachungen im Vergabe- und Datenschutzrecht.

Die Demokratie brauche darüber hinaus einen klaren Finanzierungsmechanismus, dass die staatliche Ebene, die Neuerungen beschließe, grundsätzlich auch dafür zahlen müsse. „Es geht darum, das Geschachere bei jedem Gesetz zu beenden und einen vorhersehbaren Regelmechanismus zu haben.“

SPD: Wüst nutzt Berlin als Show-Bühne

Die SPD-Opposition warf Wüst vor, Berlin als „Show-Bühne“ zu nutzen. „Was Hendrik Wüst uns als Modernisierungsagenda für Deutschland verkaufen will, ist vor allem eins: ein weiterer Versuch, sich bundespolitisch in Szene zu setzen“, so SPD-Landtagsfraktionschef Jochen Ott. 

Gleichzeitig warte NRW vergeblich auf eine echte Modernisierungsoffensive. „Wer also von einer Staatsfunktionskrise spricht, sollte als Ministerpräsident vor allem Sorge dafür tragen, dass sein eigenes Bundesland funktioniert.“ Wüst habe im ablaufenden Jahr bisher nur einmal im Landtag geredet, kritisierte Ott. Deutlich häufiger sei er in Talkshows präsent gewesen. 

Auch FDP-Landeschef Henning Höne sparte nicht mit Kritik an Wüst. „Während er von Modernisierung spricht, hat seine Landesregierung der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen den Stecker gezogen und unser Land stagniert seit Jahren im Nullwachstum“, erklärte Höne.

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