Kompakter Preisknüller: Was kann der Leapmotor B10?
Auch wenn es optische Ähnlichkeiten gibt, muss sich Porsche vor dem SUV aus China nicht fürchten. Aber für Opel & Co dürfte der Leapmotor B10 dafür umso gefährlicher werden.
          Keck die Kurve kratzen? Nun, allzu sportliche Ambitionen haben Interessenten für den B10 besser nicht.Leapmotor/dpa-tmn
© Leapmotor/dpa-tmn
Es tut sich mal wieder was an der Preisfront, und so wird auch für Familien das Elektroauto wieder ein bisschen bezahlbarer. Denn wenn Leapmotor jetzt als drittes Modell den B10 an dem Start bringt, gibt es ein solides SUV in der Kompaktklasse plötzlich schon ab 29.900 Euro.
Damit unterbietet das von Stellantis nach Europa geholte China-Startup nicht nur die elektrischen Adoptiv-Geschwister Opel Mokka und Citroën ë-C3, die kleiner sind und trotzdem mehr kosten. Selbst viele SUV mit konventionellen Verbrennern sind in dieser Klasse oft deutlich teurer.
Keine Kompromisse für den niedrigen Preis
Und anders als beim knallhart kalkulierten Einstiegsmodell T03, das für nicht mal 20.000 Euro kaum mehr als elektrische Basismobilität im urbanen Umfeld verspricht, erfordert der B10 wenig Kompromisse.
Nicht nur, dass die Chinesen den 4,52 Meter langen Geländewagen im Stil des Porsche Cayenne eingekleidet haben und er deshalb mächtig was hermacht. Sondern es geht auch drinnen ganz ansehnlich zu: Es gibt ein ebenso hübsches wie funktionales Cockpit mit pfiffigen Ideen wie den klappbaren Cupholdern oder den Befestigungsösen im Armaturenbrett, in denen man viel Kleinkram verstauen kann. Die Bildschirme sind großflächig aber nicht so dominant wie in vielen anderen Fahrzeugen aus China und die Sitze ausgesprochen bequem.
Und wie immer wird bei der Ausstattung nicht gekleckert. Schon im Basismodell gibt es deshalb ein Panoramadach, Klimaanlage, elektrische Sitze und Online-Navigation. Wer noch mal 1500 Euro drauflegt, bekommt auch klimatisierte Sitze und ein beheiztes Lenkrad.
Viel Platz für Kinder, Kleinkram und das Kabel
Vor allem aber bietet der B10 genügend Platz für Kind und Gepäck. Bei 2,74 Metern Radstand reicht die Rückbank auch mal für zwei, zur Not sogar drei Erwachsene, der Kofferraum fasst 420 bis 1300 Liter. Und selbst wenn die nachträglich unter die Fronthaube geschraubte Plastikwanne nicht gerade schick und wertig aussieht, bietet Leapmotor damit auch einen Frunk – eine Lösung, die sie bislang weder bei Stellantis hinbekommen haben, noch bei den elektrischen MEB-Modellen des VW-Konzerns.
E-Plattform mit bis zu 434 Kilometer Reichweite
Zwar bauen die Chinesen auch noch Autos mit Verbrenner, der wie im europäischen Top-Modell C10 als Range Extender zum Einsatz kommt. Aber ihre technische Basis ist eine für den E-Antrieb optimierte Skateboard-Plattform mit flachem Boden. Im B10 kommt die in zwei Konfigurationen: Der Motor an der Hinterachse ist immer gleich, hat 160 kW/218 PS und 240 Nm, schafft den Sprint von 0 auf 100 in 8,0 Sekunden und darf aufdrehen bis 170 km/h. Nur beim Akku macht Leapmotor Unterschiede: Im Basismodell hat der 56,2 kWh und erlaubt 361 Norm-Kilometer, bevor er mit maximal 11 oder 140 kW nachgeladen werden muss. Für die Top-Version stehen 67,1 kWh, 434 Kilometer und eine maximale Ladeleistung von 168 kW im Datenblatt. Das sind gängige Werte für dieses Segment und ist angesichts der Preise konkurrenzlos.
Lieber Ankommen als Unterwegssein
So weit, so gut. Doch wenn es ums Fahren selbst geht, verliert der B10 seine Sonderstellung und macht sich gemein mit vielen anderen elektrischen Allerweltsautos aus Asien: Er fährt mit einer wenig gefühlvollen Lenkung und einer komfortbetonten Federung vergleichsweise beliebig und lässt nur eingeschränkt Freude am Lenkrad aufkommen. Ein Gefühl für die Fahrbahn vermittelt er dem Fahrer damit nicht.
Aber gerade in dem Segment der Familienautos muss das nichts Schlechtes sein. Denn wenn es ohnehin nur ums Ankommen geht und nicht ums Unterwegssein, darf das Fahrwerk auch mal nachgeben. Auch eine Kurskorrektur ist keine Kapitulationserklärung der Ingenieure. Wer mit dem Messer zwischen den Zähnen fährt, der wählt sicher einen anderen Wagen und nicht den Preisbrecher – selbst wenn die Chinesen eigens vier Settings für die Fahrcharakteristik und drei für die Lenkung programmiert haben.
Online up to date
Immerhin haben sie bei Leapmotor ihre Assistenzsysteme gut im Griff. Erst mal sind die wie so oft sehr penibel und nerven deshalb eher, als dass sie nützen. Doch zumindest bei den anderen Baureihen haben sie die asiatische Penetranz mit Online-Updates schnell korrigiert bekommen. Das steht für den B10 daher auch zu erwarten, genau wie die kostenlose Nachlieferung von Apple Carplay und Android Auto.
Fazit: Nur kein Neid beim Nachbarn
Er sieht gut aus und passt mit Format und Preis gut in den Markt. Zwar wird man mit dem Leapmotor B10 auf absehbare Zeit nur wenig Eindruck bei den Nachbarn schinden können, aber man ist solide unterwegs und spart gemessen an der europäischen Konkurrenz aus der eigenen Stellantis-Familie oder dem VW-Konzern so viel Geld, dass man den Nachbarn mit anderen Investitionen neidisch machen könnte, wenn man wollte.
Datenblatt: Leapmotor B10 Pro Max 
            Gelungener Auftritt: Formen sind immer Geschmackssache - aber die Augen schmerzt dieser bestimmt Anblick nicht, was auch der Leapmotor B10 nicht ändert.Leapmotor/dpa-tmn
© Leapmotor/dpa-tmn
            Aufgeräumt und durchdacht: Das Cockpit des chinesischen Autos heimst beim Tester Lob ein.Leapmotor/dpa-tmn
© Leapmotor/dpa-tmn
            Der Start ist gemacht - und bis zur nächsten Ladestation darf es bei maximal 434 Kilometer auch zumindest ein Weilchen dauern.Leapmotor/dpa-tmn
© Leapmotor/dpa-tmn
            Unterwegs zum kleinen Einkaufsbummel? Wer einladen will, hat im B10 bis zu maximal 1.300 Liter Stauraum parat.Leapmotor/dpa-tmn
© Leapmotor/dpa-tmn
            Preislich nicht abgehoben: Der Leapmotor B10 ist ab 29.900 Euro zu haben. Leapmotor/dpa-tmn
© Leapmotor/dpa-tmn