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Nach Abschuss auf Sylt: Warum so viele Wale sterben

Ein abgemagerter Schnabelwal wird auf Sylt angetrieben und erschossen. Es ist nicht das erste Mal in diesem Jahr, dass große Wale in Nord- und Ostsee stranden. Was sind die Todesursachen?

Von dpa

05.09.2025

Ein im in Munkmarsch auf Sylt angetriebener Wal ist mit einer Jagdbüchse von einem Seehundjäger erschossen worden.Lea Albert/dpa

Ein im in Munkmarsch auf Sylt angetriebener Wal ist mit einer Jagdbüchse von einem Seehundjäger erschossen worden.Lea Albert/dpa

© Lea Albert/dpa

Rund eine Woche nachdem ein in Munkmarsch auf Sylt angetriebener abgemagerter Wal mit einer Jagdbüchse erschossen wurde, liegen erste Untersuchungs-Ergebnisse vor. Rettungsversuche waren wegen „des schlechten Allgemeinzustandes“ nicht unternommen worden, teilte die Nationalparkverwaltung Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer mit. Die oberste Artenschutzbehörde im schleswig-holsteinischen Umweltministerium hatte den Abschuss des rund 3,80 Meter langen Schnabelwals zuvor genehmigt. 

Sylt-Wal wird untersucht

Der Kadaver war an das Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) in Büsum (Kreis Dithmarschen) der Tierärztlichen Hochschule Hannover transportiert und dort seziert worden. 

„Es handelt sich um ein neonates Tier, das wahrscheinlich noch von der Mutter abhing“, sagte Lotta Striewe, wissenschaftliche Mitarbeiterin am (ITAW), der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Das männliche Jungtier sei stark abgemagert gewesen. „Der hatte nicht viel Fett.“ Der erste Verdacht sei, dass das mutterlose und kranke Tier keine Chance hatte, zu überleben, weil es die Muttermilch brauchte, sagte die Tierärztin. 

Proben werden jetzt im Labor in Hannover untersucht, um mehr über mögliche Infektionen und den Gesundheitszustand zu erfahren. Die wissenschaftliche Auswertung werde laut Striewe einige Wochen in Anspruch nehmen. 

Schnabelwale leben in der Tiefe

Bei dem auf Sylt getöteten Wal handelt es sich laut ITAW um einen Nördlichen Entenwal, diese Art gehört zur Familie der Schnabelwale. Ausgewachsen können die scheuen Tiere eine Größe von knapp zehn Metern erreichen. Über diese Gruppe der Wale sei bisher nur wenig bekannt, da sie ausschließlich ozeanisch leben und nur selten in Küstennähe gesehen werden. Diese Walart sei demnach eine Ausnahmeerscheinung in der Nordsee und der Ostsee.

Aus den vergangenen Jahrhunderten sind von der deutschen Nordseeküste sieben Strandungsereignisse dieser Wale bekannt. Seit Ende Juli stranden laut dem Niederländischen Strandungs-Netzwerk „SOS Dolfijn“ entlang der europäischen Küsten gehäuft Schnabelwale - unter anderem in Schottland, Irland, den Niederlanden und Schweden. Der Sylter Schnabelwal ist der 13. Fund. Die Ursachen für diese ungewöhnliche Häufung seien demnach noch unklar und sollen untersucht werden. 

Dritte Strandung auf Sylt 

In den vergangenen Monaten wurden laut Nationalparkverwaltung Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer „mehrere ungewöhnliche Sichtungen und Strandungen gemeldet“. Allein in diesem Jahr wurden demnach drei Großwal-Kadaver aus der Nordsee vor Sylt geborgen: Neben dem Schnabelwal jetzt im August waren es außerdem ein Pottwal im Februar und ein Zwergwal im Juni.

Zusätzlich werden demnach jedes Jahr mehrere Schweinswale auf Sylt angespült. Für dieses Jahr liegen die Zahlen noch nicht vor - 2023 waren 87 tote Schweinswale auf Sylt geborgen worden. 

Mehrere Totfunde an der deutschen Küste

Auf der unbewohnten Insel Minsener Oog südöstlich von Wangerooge war im Februar ein toter Buckelwal entdeckt worden. Im Mai strandete in Sankt Peter-Ording ein toter Buckelwal und auf Minsener Oog ein toter Zwergwal. 

Unter anderem Strandungen von Zwergwal-Kadavern kommen an den Nordseeküsten immer wieder vor. Laut Schutzstation Wattenmeer gab es etwa 2013, 2014, 2016 und 2021 Strandungen auf Sylt und 2018 vor Sankt Peter-Ording.

An der Ostseeküste zwischen Boltenhagen und Groß Schwansee im Landkreis Nordwestmecklenburg haben Mitglieder der Umweltschutzorganisation BUND in den vergangenen Wochen in zwei Fällen abgetrennte Flossen von Schweinswalen am Strand gefunden. Die kleinen Wale waren vermutlich in ein Fischernetz geraten und dort verendet. 

Totfunde von Schweinswalen seien laut Umweltschützern an der deutschen Ostseeküste keine Einzelfälle. Meeresschützer hätten auch in Vorjahren abgetrennte Schweinswalteile in der Lübecker Bucht entdeckt. 

Stranden mehr Wale?

Die Strandung großer Wale sei zum Glück selten, komme aber immer wieder vor und ist auch schon seit vielen Jahrhunderten dokumentiert, teilte die Nationalparkverwaltung mit. Es stranden demnach fast jährlich einzelne Großwale an der Küste von Sylt. In der Regel handelt es sich dabei um Zwergwale. „Eine auffällige Zunahme der Walstrandungen ist nicht zu erkennen.“

Todesursachen sind unklar

Die Ursachen der Walstrandungen lassen sich in der Regel nicht ermitteln. „Es gibt eine Vielzahl an Theorien, die sich damit beschäftigen, welche Ursachen zu einer Großwalstrandung führen können“, teilte die Nationalparkverwaltung mit. 

Zu den Haupttheorien gehören demnach Infektionskrankheiten (Orientierungslosigkeit durch Befall des Gehirns oder Gehörs), Schadstoffbelastungen (Schwächung der Wale und Orientierungslosigkeit), Lärm, Sonnenstürme oder Wetterereignisse (Verschiebung der Nahrungsvorkommen). Eine mögliche Todesursache könne auch sein, wenn sich die Wale in Fischereigeräte verwickelten.

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