Panorama

Mit dem EV4 hat Kia die die europäischen E-Fahrer im Blick

Der EV6 ist vielen ein wenig zu exaltiert, der EV9 zwei Nummern zu groß und der EV3 dagegen zu klein – bislang konnte es Kia den Europäern nicht so richtig recht machen. Der EV4 soll das nun ändern.

Von Thomas Geiger, dpa

23.09.2025

Glatte Front mit Familiengesicht: Das moderne Design will vielen gefallen - und gibt sich daher weniger exaltiert. Kia/dpa-tmn

Glatte Front mit Familiengesicht: Das moderne Design will vielen gefallen - und gibt sich daher weniger exaltiert. Kia/dpa-tmn

© Kia/dpa-tmn

Kia schließt eine wichtige Lücke in seiner elektrischen Flotte und bekennt sich damit zugleich zu seiner europäischen Stammkundschaft: Denn wenn die Koreaner in diesem Herbst zu Preisen ab 37.590 Euro den EV4 an den Start bringen, ist das nicht nur ihr erster kompakter Stromer. Zudem passt er mit einer Länge von 4,42 Metern besser ins deutsche Straßenbild als der kleine EV3, der stark polarisierende EV6 und der zu groß geratene EV9.

Sondern als klassischer Hatchback (Steilheck) im Geist des VW Golf ist er zudem auf den europäischen Geschmack zugeschnitten – und wird konsequenterweise auch hier, im slowakischen Zilina, produziert und ausschließlich in Europa verkauft.

Für den Rest der Welt gibt es stattdessen eine ganz und gar nicht klassische Limousine. Weil dieses Fastback (Fließheck) dann aber mit seinem schrägen Heck und seiner eigenwilligen C-Säule wieder stark polarisieren dürfte und obendrein knapp 10.000 Euro mehr kostet, trauen sie dem Viertürer bei uns nur eine Nischenrolle zu.

Ein Design für die Masse 

Der Fünftürer dagegen ist mit glatter Front und den für die EV-Flotte bei Kia typischen Scheinwerfern, einer schnörkelloser Flanke und einem steilen Heck samt großer Klappe absolut massentauglich. So wird er mehr noch als der Ioniq5 der Schwestermarke Hyundai zum wichtigsten Korea-Konkurrenten für den VW ID.3 und zugleich zu einem erfreulichen Gegenentwurf zu den vielen SUV, die längst das Gros der Kompaktklasse ausmachen.

Ein Held für Hinterbänkler 

Dem ID.3 ist er bei 2,82 Metern Radstand vor allem innen deutlich überlegen: Nicht nur, dass man bei den Koreanern auf den bequemen Sesseln mit Ruheposition sehr viel besser sitzt und vor allem in der zweiten Reihe mehr Platz hat. Sondern insbesondere die Bedienung haben sie in Seoul besser im Griff als in Wolfsburg. Sie ersparen der Kundschaft deshalb leidige Sliderleisten und Sensortasten und arrangieren die Bedienelemente in einem schmuckeren, weil wertigeren Ambiente.

Wobei man Knopf & Co kaum mehr braucht, weil die Sprachsteuerung noch einmal kräftig nachgelernt hat und sich einer künstlichen Intelligenz bedient. Deshalb gelingt etwa die Navigationseingabe samt Google-Zielen mühelos und das Alltagswissen bereitet der digitale Copilot auf Wunsch auch noch auf.

Kofferraum: Hinten hui, vorne pfui

Der EV4 ist aber nicht nur ein Plappermaul, sondern auch ein Praktiker. Schon der Kofferraum fasst 435 bis 1.415 Liter und im Innenraum gibt es viele, zum Teil variable Ablagen und Clous wie die doppelbödige Mittelarmlehne. Nur im Bug haben die Koreaner geschlampt: Weil sie mehr Wert auf den schönen Schein und den geringen cw-Wert gelegt haben, reicht es unter der flachen Haube nicht mehr für einen Frunk und Dinge wie das Ladekabel müssen im Souterrain unter dem Kofferraum verstaut werden. Das machen sie bei EV6 und EV9 besser.

Beim Laden von der langsamen Sorte 

Zwar nutzt der EV4 die gleiche Architektur wie sein großen Bruder, speckt aber für den Preiskampf in der Kompaktklasse deutlich ab: Statt mit 800 arbeitet die Batterie nur mit einer Spannung von 400 Volt und hat deshalb eine merklich geringere Ladeleistung: Maximal 128 kW sind möglich, da können selbst die viel gescholtenen Elektromodelle bei Stellantis mehr und Hauptgegner VW auch.

Aber immerhin gehört der EV4 zu den wenigen Autos in dieser Klasse, die den Strom auch an externe Verbraucher abgeben und so etwa unterwegs ein E-Bike laden können. Angeboten wird der EV4 mit zwei Batterien von 58,3 oder 81,4 kWh, von denen die kleinere sogar nur mit maximal 101 kW lädt. So dauert es von 10 bis 80 Prozent eine halbe Stunde und nach 440 oder 625 Normkilometern müssen beide wieder ans Netz.

Flott in Fahrt und forsch um die Kurven

Den Antrieb übernimmt hier wie dort ein Frontmotor mit 150 kW/204 PS, der den EV4 wie alle E-Modelle flott beschleunigt und dann aber auch flott außer Puste kommt: So schafft der EV4 den Sprint von 0 auf 100 km/h in bestenfalls 7,5 Sekunden, wird aber wie die meisten seiner Konkurrenten bei 170 Sachen automatisch eingebremst.

Allerdings bietet er bis dahin überraschend viel Fahrspaß. Die Lenkung präzise, der Aufbau verkneift sich Wanken und Seitenneigung und das Fahrwerk vermittelt trotz gutmütiger Federn und Dämpfer ein sauberes Gefühl für die Straße – da spürt man die Arbeit der Ingenieure im europäischen Entwicklungszentrum in Offenbach, und einmal mehr den Fokus auf die hiesigen Straßen- und Verkehrsverhältnisse.

Fazit: Es muss nicht immer SUV sein

Er ist geräumig, effizient und vergleichsweise bezahlbar. Zwar sieht er gegenüber den großen E-Modellen aus Korea eher blass aus, doch neben dem Konkurrenten in der Kompaktklasse macht Kia mit dem EV4 eine gute Figur und bietet eine attraktive Alternative zu den E-Modellen aus dem VW-Konzern und jenen der Stellantis-Familie. Und noch einen Verdienst muss man den Koreanern anrechnen: Mit einem der wenigen klassischen Kompakten beweisen sie, dass es tatsächlich nicht immer SUV sein muss.

Datenblatt: Kia EV4

 

 

 

 

Mit Knöpfen und Sprachsteuerung: Bedienung, Haptik und Optik im Interieur finden beim Tester viel Zuspruch - beim Kunden auch?Kia/dpa-tmn

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© Kia/dpa-tmn

Auf geht’s: Je nach Variante sind bis zu 625 Kilometer Reichweite mit einer Ladung drin.Kia/dpa-tmn

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© Kia/dpa-tmn

Platz ist in der kleinsten Hütte... und erst recht in einem gut geschnittenem kompakten Innenraum wie dem vom EV4.Kia/dpa-tmn

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© Kia/dpa-tmn

Flotte Fahrt? Gut, ein Rennwagen ist der EV4 nicht einem Sprintwert von null auf 100 in 7,5 Sekunden nicht, dafür ist er gutmütig abgestimmt, ohne schwammig zu wirken.Kia/dpa-tmn

Flotte Fahrt? Gut, ein Rennwagen ist der EV4 nicht einem Sprintwert von null auf 100 in 7,5 Sekunden nicht, dafür ist er gutmütig abgestimmt, ohne schwammig zu wirken.Kia/dpa-tmn

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