Verteidiger im Solingen-Prozess gegen Sicherungsverwahrung
Im Prozess um den islamistischen Terroranschlag von Solingen stellen sich die Verteidiger einer lebenslangen Haftstrafe nicht entgegen. Lediglich die Sicherungsverwahrung geht ihnen zu weit.

Der Angeklagte hatte die Tat zu Prozessbeginn gestanden. (Archivbild)Federico Gambarini/dpa
© Federico Gambarini/dpa
Im Prozess um den Terroranschlag von Solingen haben sich die Verteidiger lediglich gegen das Verhängen der Sicherungsverwahrung ausgesprochen. Ansonsten gebe es der rechtlichen Würdigung der Bundesanwaltschaft nichts hinzuzufügen, sagte Rechtsanwalt Daniel Sprafke.
Die Bundesanwaltschaft und sämtliche Nebenklägeranwälte hatten die Höchststrafe für den islamistischen Messer-Attentäter beantragt: lebenslange Haft mit besonderer Schwere der Schuld und anschließender Sicherungsverwahrung. Das Urteil soll an diesem Mittwoch verkündet werden.
Sein Mandant Issa al Hasan habe Grenzen überschritten, Grenzen des Erträglichen, sagte der Verteidiger. „Eine Minute veränderte alles.“ Eine zufriedenstellende Erklärung des Anschlags und seiner Hintergründe sei nicht gelungen. „Es ist unklar geblieben, was ihn dazu gebracht hat, dem Bösen zu huldigen.“
„Die Hoffnung der Überlebenden und Angehörigen, Versöhnung, ja Heilung zu finden, wurde enttäuscht“, sagte der Verteidiger. Er bewundere sie: „Bei ihnen war kein Fünkchen Hass spürbar, keine Belastungstendenz.“
Drei Tote, acht Verletzte
Bei der islamistischen Messerattacke auf dem Solinger Stadtfest waren am 23. August 2024 drei Menschen getötet und acht schwer verletzt worden. Der Syrer hatte gezielt von hinten auf den Hals von Besuchern des Festes eingestochen. Er wurde einen Tag später gefasst.

Vor mehr als einem Jahr stach der Mann auf seine Opfer ein. (Archivbild)Thomas Banneyer/dpa
© Thomas Banneyer/dpa
Der Anschlag hatte bundesweit eine Debatte über die Flüchtlings- und Asylpolitik ausgelöst. In Nordrhein-Westfalen wurde in der Folge ein Sicherheitspaket mit Dutzenden Maßnahmen beschlossen.
Der 27-Jährige muss sich seit Mai im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts wegen dreifachen Mordes, zehnfachen versuchten Mordes und Mitgliedschaft in der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) verantworten.
Verteidiger verweist auf „unterdurchschnittliche Begabung“
Sprafke sagte, auch er als Verteidiger stoße an seine Grenzen. Der angeklagte Syrer sei in einer gänzlich anderen Welt aufgewachsen und habe es nicht geschafft, sich in Deutschland anzupassen.
„Mit seiner unterdurchschnittlichen Begabung ist er chancenlos, selbst im syrischen Hinterland“, sagte Sprafke. Ein Psychiater hatte dem Angeklagten einen Intelligenzquotienten von 71 attestiert. Ein IQ von 69 oder niedriger gilt als geistige Behinderung.
Am Schluss ergriff der geständige Attentäter selbst das Wort: „Dass ich radikal bin und Hass verspüre gegen Deutsche, trifft nicht zu“, sagte er. Ansonsten schließe er sich den Ausführungen seines Anwalts an.
Issa al Hasan hatte bereits zu Prozessbeginn gestanden, den Messerangriff begangen zu haben. Der Anschlag von Solingen war der erste in Deutschland seit der Attacke auf den Berliner Weihnachtsmarkt 2016, zu dem sich der IS bekannt hatte.