Politik Inland

Bund der Steuerzahler beklagt erneut Mittelverschwendung

Unter den 100 Fällen mutmaßlicher Steuerverschwendung, die der Bund der Steuerzahler in seinem aktuellen Schwarzbuch auflistet, sind auch wieder Bespiele aus Mecklenburg-Vorpommern.

Von dpa

30.09.2025

Der Steuerzahlerbund schaut kritisch auf das Finanzgebaren der öffentlichen Hand und führt ein Schwarzbuch der Steuergeld-Verschwendung. (Symbolbild) Ralf Hirschberger/dpa-Zentralbild/dpa

Der Steuerzahlerbund schaut kritisch auf das Finanzgebaren der öffentlichen Hand und führt ein Schwarzbuch der Steuergeld-Verschwendung. (Symbolbild) Ralf Hirschberger/dpa-Zentralbild/dpa

© Ralf Hirschberger/dpa-Zentralbild/dpa

Der Bund der Steuerzahler ist bei der Suche nach – seiner Meinung nach – verschwendeten Steuergeldern erneut auch in Mecklenburg-Vorpommern fündig geworden. In sieben Fällen monierte der Verband einen unsachgemäßen Umgang mit staatlichen Mitteln, vier davon fanden Eingang in die aktuelle Printausgabe des sogenannten Schwarzbuchs der öffentlichen Verschwendung.

Verkaufsplattform mit wenig Verkäufen

So greift der Steuerzahlerbund auch einen Altfall auf: die von der Landesregierung zu Beginn der Corona-Pandemie 2020 ins Leben gerufene Online-Handelsplattform Marktplatz MV. Diese sollte lokalen Unternehmen helfen, in der Zeit drastisch eingeschränkter Öffnungszeiten von Geschäften und Einrichtungen ihre Produkte und Leistungen zu präsentieren und so Absatzmöglichkeiten zu schaffen. 

Laut Steuerzahlerbund waren auf der Plattform lediglich 20 Shops angemeldet und die Umsätze im Jahr 2022 mit 1,7 Millionen Euro weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Doch statt der schon damals erhobenen Forderung nach Schließung nachzukommen, sei die Plattform unter der Bezeichnung Gomevo weitergeführt worden, ohne allerdings erfolgreich zu werden. Im November 2024 kündigte das Innenministerium in Schwerin schließlich an, die Plattform zum Jahresende aus dem Netz zu nehmen. Grund sei fehlende Kostendeckung gewesen, hieß es. Nach Angaben des Steuerzahlerbundes waren bis dahin rund 1,5 Millionen Euro an Steuergeldern in das Projekt geflossen.

Werbeaktion für Erzieher-Nachwuchs

Auf Kritik des Verbandes stößt ebenfalls die großangelegte Werbekampagne für Kita-Erzieher und -Erzieherinnen in MV. Die auch für Kinderbetreuung zuständige Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) hatte im März dieses Jahres angekündigt, unter anderem auf rund 100 Werbetafeln, auf Postkarten, in den sozialen Netzwerken und auf einer eigenen Internetseite um Berufsnachwuchs für Kitas und Krippen werben zu wollen. 

Der Steuerzahlerbund hingegen verweist auf die merklich gesunkene Geburtenrate im Land und einen damit einhergehenden Rückgang des Betreuungsbedarfs. Kitas reduzierten bereits die Zahl ihrer Gruppen, einigen drohe die Schließung. Statt mit einer 600.000 Euro teuren Werbekampagne neue Erzieher zu werben, sollten zunächst die vorhandenen weiterbeschäftigt werden. „Diese Kampagne war überflüssig“, befand der Steuerzahlerbund. 

Ministerin verteidigt Werbeaktion 

Dem widersprach Bildungsministerin Oldenburg: „Mit der Kita-Kampagne wecken wir bei jungen Menschen das Interesse, einen frühpädagogischen Beruf zu ergreifen. Wir benötigen weiterhin gut ausgebildete pädagogische Fachkräfte, weil es in den Kindertageseinrichtungen einen Generationswechsel gibt und wir ab August 2026 den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung erfüllen, der in den beiden darauffolgenden Jahren ausgeweitet wird“, sagte sie. Bis 2030 bestehe ein Einstellungsbedarf von rund 2.300 Erzieherinnen und Erziehern. 

Laut Ministerium sind in MV derzeit etwa 13.300 Kita-Fachkräfte im Einsatz. Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) kam in einer jüngst vorgelegten Studie zu dem Schluss, dass wegen Kindermangels im Osten Deutschlands „ein Rückbau der Kapazitäten in den Kitas nahezu unumgänglich ist“. Als Gründe werden sinkende Geburtenzahlen seit Mitte der 2010er Jahre genannt, bei gleichzeitig schon lange gut ausgebautem Betreuungsangebot. 

Fehlende Gebührenanpassung 

Der Steuerzahlerbund schließt sich in seiner jüngsten Auflistung von möglichem Fehlverhalten öffentlicher Ämter zudem der Kritik des Landesrechnungshofes an. Dieser war in seinem jüngsten Prüfbericht unter anderem zu dem Ergebnis gelangt, dass das Land bei der ihm obliegenden Saatgut-Anerkennung auf Gebühreneinnahmen in Höhe von mindestens 100.000 Euro verzichtet. 

Der Grund: Das zuständige Agrarministerium habe die Berechnungsgrundlage seit neun Jahren nicht an die Kostenentwicklung angepasst, einen 2021 erarbeiteten Änderungsentwurf nicht in Kraft gesetzt. Es sei unverständlich, weshalb sich das Ministerium solche Einnahmen angesichts eines hohen Millionendefizits im Landesetat entgehen lasse, heißt es vom Steuerzahlerbund. 

Teure Fischtreppe an der Nebel

Auch wegen des Baus einer teuren Fischtreppe, für die im Verlauf des Flusses Nebel ein zuvor für viel Geld sanierter Mühlenteich nun doch für noch mal viel Geld trockengelegt werden soll, steht das Agrarministerium in der Kritik. Das Gesamtvorhaben schlage nun mit mindestens 4,2 Millionen Euro zu Buche. „Fischtreppe ja - aber nicht zu jedem Preis“, meint der Steuerzahlerbund.

Nach Angaben von Minister Till Backhaus war die Maßnahme am Mühlenteich erforderlich, um die EU-Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen. Der Aufstau durch den Mühlenteich aber habe bislang verhindert, dass wandernde Fischarten ihr Habitat erreichen können. „Mit dem Rückbau des Teiches und der Errichtung einer Fischaufstiegsanlage wird die Durchwanderbarkeit dauerhaft gesichert – eine zentrale Voraussetzung, um den schlechten ökologischen Zustand des betroffenen Wasserkörpers nachhaltig zu verbessern“, erklärte der SPD-Politiker. Die Genehmigung zur Errichtung der Fischtreppe liege vor, Alternativen seien im Zuge des Genehmigungsverfahrens geprüft worden. 

Kreisverkehr für „Phantom-Hotel“

Als Verschwendung von Steuergeld stuft der Bund der Steuerzahler auch den Bau eines Kreisverkehrs im vorpommerschen Ueckermünde ein. Das Vorhaben sei geplant worden, um den An- und Abreiseverkehr zu einer größeren Hotelanlage besser regulieren zu können. Doch das Investitionsvorhaben, mit dem rund 300 Übernachtungsplätze geschaffen werden sollten, platzte. Nur für ein „Phantom-Hotel“ sei der Bau des 1,3 Millionen Euro teuren Kreisels wohl kaum gerechtfertigt.

Die Stadtverwaltung verweist indes auf einen rechtskräftigen Bebauungsplan, der im Wesentlichen die Errichtung eines Hotels vorsehe, ohne Festlegung auf einen bestimmten Bauherren. „Auch wenn sich das ursprüngliche Vorhaben des bisherigen Investors bis heute nicht realisieren ließ, bedeutet das nicht, dass die Planungen für ein Hotel aufgegeben sind“, heißt es der Mitteilung. Unabhängig davon erfülle der Kreisverkehr eine wichtige Funktion, indem die Verkehrsführung in einem stark frequentierten Bereich verbessert und so die Verkehrssicherheit erhöht werde. Im November solle am Kreisel die Asphaltdecke aufgebracht werden.

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