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Überschuldung: So werden Sie Ihre Geldsorgen wieder los

Schulden türmen sich oft langsam zu einem Berg auf. Wer frühzeitig reagiert, hat die besten Karten, diesen auch wieder abzutragen. Wie man dabei Schritt für Schritt vorgeht, erklären zwei Experten.

Von Angelika Mayr und Christoph Jänsch, dpa

14.11.2025

Das Geld wird knapp, der Monat ist aber noch lang? Einer Überschuldungssituation geht oft eine Lebenskrise voraus.picture alliance/dpa/dpa-tmn

Das Geld wird knapp, der Monat ist aber noch lang? Einer Überschuldungssituation geht oft eine Lebenskrise voraus.picture alliance/dpa/dpa-tmn

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Wer Schulden macht, ist selber schuld? „Dieses Vorurteil ist falsch“, sagt Schuldnerberater Georg Eickel. Nur in den seltensten Fällen kommen zu ihm in die Beratungsstelle des Paritätischen Wohlfahrtsverbands NRW Menschen, die einfach nur schlecht haushalten können. „Einer Überschuldung geht in aller Regel eine schwere Lebenskrise voraus.“ 

Der aktuelle „Überschuldungsreport 2025“ des Instituts für Finanzdienstleistungen belegt das. Denn am häufigsten sind Überschuldungsfälle demnach auf eine vorausgegangene Krankheit (17,6 Prozent) zurückzuführen, gefolgt von Arbeitslosigkeit oder reduzierter Erwerbstätigkeit (15,3 Prozent) sowie Scheidung, Trennung oder Tod des Ehepartners (10,3 Prozent). Nur in rund jedem siebten Fall sind das individuelle Konsumverhalten (9,7 Prozent) oder eine unwirtschaftliche Haushaltsführung (5,0 Prozent) ursächlich für das Problem.

Schulden kann also nahezu jeder und aus jeder Gesellschaftsschicht haben. Doch wie trägt man einen einmal angehäuften Schuldenberg wieder ab? Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung:

Schritt 1: Problem eingestehen

„Erst wenn der Energieversorger mit der Stromsperre droht, der Druck und die Panik zu groß werden, kommen die Leute zur Beratung“, sagt Eickel. Doch das ist in der Regel zu spät. Wichtig sei, das Problem schon zu erkennen, wenn das Geld auf den Konten nicht mehr ausreicht, man überall finanzielle Löcher stopfen oder sich Geld leihen muss oder Zahlungen sich verzögern. Zwar erfordert der erste Schritt Eickel zufolge Mut. Geldprobleme seien aber in der Regel lösbar. Und das kann umso einfacher sein, je eher Hilfe in Anspruch genommen wird.

Schritt 2: Beratungsstelle suchen

Wer das Problem erkannt hat, sollte sich im nächsten Schritt auf die Suche nach einer anerkannten Schuldnerberatungsstelle machen, die gemeinnützig arbeitet, rät Christoph Zerhusen, Jurist bei der Verbraucherzentrale NRW. Sie sollte also in Trägerschaft der Wohlfahrtsverbände wie der Caritas, der Verbraucherzentralen oder der Kommunen sein. Eine Liste seriöser Anbieter finden Betroffene auf der Webseite der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung.

Denn Achtung: „Der Begriff Schuldnerberatung ist nicht geschützt“, sagt Zerhusen. Wer im Netz auf die Suche gehe, könne mitunter auf schwarze Schafe treffen, die im schlimmsten Fall nur einen Kredit vermitteln wollen oder viel Geld für die Beratung verlangen. Das wäre für Betroffene in ihrer Situation kontraproduktiv.

Finanzielle Sorgen? Dann bietet es sich an, möglichst frühzeitig eine Beratungsstelle aufzusuchen.picture alliance/dpa/dpa-tmn

Finanzielle Sorgen? Dann bietet es sich an, möglichst frühzeitig eine Beratungsstelle aufzusuchen.picture alliance/dpa/dpa-tmn

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Schritt 3: Benötigte Unterlagen zusammentragen

Die Wartezeiten für einen Beratungstermin sind lang - zum Teil über ein Jahr. Diese Zeit können Hilfesuchende sinnvoll nutzen, um benötigte Unterlagen zusammenzutragen und zu ordnen. „Die Beratungsstelle hat keine Zeit, einen Zettel-Berg zu ordnen“, erklärt Zerhusen. Briefumschläge und Überweisungsträger, die ohnehin nicht genutzt werden, können in den Papierkorb. Aufheben sollte man nur die neueste Mahnung in der gleichen Sache, gerichtliche Schreiben, Mahnbescheide und Vollstreckungsbescheide. Anschließend benötigt es eine Liste darüber, bei wem überall Schulden bestehen.

All das erspare der Beratung sehr viel Zeit. „Und Zeit ist Geld“, sagt Zerhusen. Hat der Schuldner selbst keinen Überblick, kann er sich eine Schufa-Auskunft zur Hilfe einholen. Eine dafür notwendige Datenkopie können Verbraucherinnen und Verbraucher kostenlos bei der Auskunftei anfordern.

Schritt 4: Die Probleme mit dem Schuldnerberater angehen

In der Regel ist eine Schuldnerberatung in drei Stufen gegliedert. „Der erste Schritt ist die Existenzsicherung“, sagt Zerhusen. Schulden, die in irgendeiner Form die Existenz bedrohen, müssen zuerst bedient werden - zum Beispiel Energie-Schulden: „Der Berater schaut also, ob das Konto frei ist oder ob es eine Lohnpfändung gibt. Dann muss eventuell ein Pfändungsschutzkonto eingerichtet werden.“

„Anschließend versucht man, sich mit den Gläubigern zu einigen“, erklärt Zerhusen - zum Beispiel mittels Schuldenbereinigungsplan. Dafür ist es wichtig zu prüfen, ob noch irgendwelche Mittel da sind, mit deren Hilfe man Vergleiche anbieten kann - den Gläubigern also zumindest eine Teilzahlung ihrer Forderung anbietet, wenn sie auf den Rest verzichten. Oder hilft zumindest ein Zahlungsaufschub oder eine Ratenzahlung aus der Patsche?

Zudem könnten manchen Schuldnern Sozialleistungen zustehen, die sie nicht in Anspruch genommen haben. „Wohngeld, Kinderzuschlag, manche Rentner bekommen auch ergänzende Sozialhilfe - all das macht viel aus“, sagt Georg Eickel. Aber zu oft würden sich die Betroffenen davor scheuen, weil sie sich schämen, staatliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Erst wenn all das keine Lösung verspricht, wird über ein Insolvenzverfahren nachgedacht. „Die Schuldnerberatung hilft mit dem Antrag“, sagt Christoph Zerhusen.

Schritt 5: Die Schuldenspirale anhalten

Den bestehenden Schuldenberg Stück für Stück abzutragen, ist das eine. Wichtig ist aber auch, dafür zu sorgen, dass keine weiteren Schulden hinzukommen. Schuldnerberatungen helfen darum bei der Erstellung eines Haushaltsplans. Mit der Auflistung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben soll klar werden, ob das eigene Einkommen grundsätzlich ausreichen würde, um die laufenden Kosten für die Lebenshaltung zu decken. 

Falls nicht, gehören die Ausgaben auf den Prüfstand und es muss priorisiert werden. Notwendige Ausgaben sind etwa die für Miete, Strom, Telefon und Lebensmittel. Dann kann man Christoph Zerhusen zufolge noch immer schauen, ob Geld für Freizeitgestaltungen, Shopping und Restaurantbesuche drin sind.

Schritt 6: Sparen lernen

Wer es geschafft hat, die Schulden irgendwann zu tilgen, tut gut daran, ab diesem Zeitpunkt Rücklagen zu bilden. „Egal, wie klein sie ausfallen“, sagt Georg Eickel. Denn geht die Waschmaschine oder das Auto für den Weg zur Arbeit kaputt, sollten Reparatur oder Neuanschaffung möglichst komplett oder zu großen Teilen aus dem eigenen Vermögen bezahlt werden können. Wer gleich wieder einen Kredit benötigt, läuft Gefahr, unmittelbar wieder in alte Muster abzurutschen. Gerade bei Kleinstkrediten bis zu 1.000 Euro werden oft hohe Zinsen fällig, so Eickel.

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