Panorama

„Ku’damm 77“ - neue Generation, neue Kämpfe

Sie sind wieder da - die Frauen der Tanzschule „Galant“ am Berliner Kurfürstendamm. Diesmal im Sound der 1970er. In der Enkelinnen-Generation gehen die Dramen und Kämpfe weiter.

Von Kathrin Zeilmann, dpa

27.12.2025

In „Ku’damm 77“ ist die Enkelinnen-Generation im Fokus.Hannes P. Albert/dpa

In „Ku’damm 77“ ist die Enkelinnen-Generation im Fokus.Hannes P. Albert/dpa

© Hannes P. Albert/dpa

Es geht aufs Land - drei Generationen der Schöllack-Frauen wandern über eine Wiese. Hühnergackern statt Verkehrslärm auf dem Berliner Ku’damm. Matriarchin Caterina (Claudia Michelsen) hofft auf eine Erbschaft vom toten Stiefbruder, um die Tanzschule „Galant“ zu retten. Aber das geht schief, weil der Stiefbruder eine Thailänderin „aus dem Katalog“ geheiratet hat, die jetzt erbt.

Es ist die Stärke der ZDF-Reihe „Ku’damm“, dass es in all den Dramen, Schicksalsschlägen, Kämpfen, Irrungen und Wirrungen auch diese skurrilen Momente gibt. Oder Momente der Hoffnung und des Glücks. Aber Achtung - die nächste Tragödie lauert schon.

Ein Film im Film über die Schöllacks

Das ZDF legt die vierte Staffel der Kult-Reihe vor, zunächst in der Mediathek (seit 27.12.), am 12., 13. und 14. Januar dann als Dreiteiler im Fernsehen. 

Im Zentrum weiterhin: Tanzschul-Chefin Caterina, flankiert von ihren Töchtern Monika (Sonja Gerhardt), Helga (Maria Ehrich) und Eva (Emilia Schüle). Doch jetzt ist die Enkelinnen-Generation dran; Monikas Tochter Dorli (Carlotta Bähre) ist auf dem Weg zur Profitänzerin, Helgas Tochter Friederike (Marie Louise Albertine Becker) will Polizistin werden. 

Wir sind im Jahr 1977 gelandet: Der zeitliche Abstand ist damit deutlich größer als bei den bisherigen Teilen „Ku’damm 56“, 59 und 63. Was ist seitdem passiert? Das Drehbuch behilft sich damit, dass eine Dokumentarfilmerin auftaucht, die über die Familie dreht - und immer wieder Interviews führt mit den Protagonistinnen, die dabei aus der Vergangenheit erzählen. 

Zur Polizei? Es folgen sexistische Sprüche

Das ist zunächst eine gewöhnungsbedürftige Perspektive, aber schnell wird klar, dass die Filmemacherin Lisa (Massiamy Diaby) viel, viel enger mit der Familie verbunden ist als es zunächst scheint. Wobei die Verstrickung am Ende nur halbherzig aufgelöst wird. 

Häusliche Gewalt, rigide Moralvorstellungen, Vergangenheitsbewältigung, vergebliche Kämpfe um Freiheit und Emanzipation - von Anfang an zogen sich diese Themen durch die „Ku’damm“-Filme, verwoben mit der Zeitgeschichte. 

Auf ernüchternde Art und Weise zeigt die aktuelle Staffel: Nur wenig ist besser geworden in all den Jahren. Friederike will zur Polizei? Sie muss sich dumme und sexistische Sprüche anhören und lernen, dass sie nicht wirklich willkommen ist. 

Helga, in der ersten Staffel unglücklich mit einem schwulen Juristen verheiratet, verliebt sich neu in einen Zahnarzt (Florian Stetter). Der entpuppt sich als manipulativer Frauen-Schläger. 

Sabin Tambrea trotz Serien-Tod zurück im Cast

Neu dabei: Rassismus, den die dunkelhäutige Lisa erfährt; Drogenmissbrauch - Dorli bekommt von ihrem Tanzpartner Aufputschmittel angedreht und entgeht nur knapp dem Tod. Dabei ist auch das Verhältnis zwischen Dorli und ihrer Mutter Monika enorm komplex.

Und es kommt zu einer Rückkehr in den Cast, die zunächst rätselhaft ist, sich dann aber schnell auflöst: Sabin Tambrea, als Monikas Ehemann Joachim einst gestorben, ist wieder dabei. Aber nicht als auferstandener Joachim, sondern als braver Lehrer Herr Beck, der aber tatsächlich jemand anderes ist...

Manches ist eben komplizierter als es scheint. Diese Reflexionen, Blicke hinter Fassaden, die eigentlich längst bröckeln, haben bereits bisher die Stärke der „Ku’damm“-Filme ausgemacht. 

Drehbuchautorin Annette Hess, die schon für die ersten drei Reihen-Teile verantwortlich war, hat auch diese Reise in die 70er konzipiert. Regie führte Maurice Hübner. 

Alles bleibt so schwer, wie es ist, auch wenn die Musik moderner wird, die Mäntel bunter? Am Ende treten die Protagonistinnen und Protagonisten noch einmal vor Kamera und Mikro. Es sind tröstliche Szenen. Und zum Feiern geht’s in die Diskothek.

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