Wirtschaft

Ruf nach mehr Förderung für grünen Wasserstoff in Thüringen

Grüner Wasserstoff soll Thüringen unabhängiger machen. Doch ohne Nachfrage und klare Förderung droht der Ausbau zu stocken. Was Unternehmen und Politik jetzt fordern.

Von dpa

10.11.2025

Thüringens Energieminister Tilo Kummer und Gasnetzbetreiber befürworten eine gezielte Förderung von grünem Wasserstoff. (Symbolbild) Martin Schutt/dpa

Thüringens Energieminister Tilo Kummer und Gasnetzbetreiber befürworten eine gezielte Förderung von grünem Wasserstoff. (Symbolbild) Martin Schutt/dpa

© Martin Schutt/dpa

Thüringens Energieminister Tilo Kummer hat sich für die Einführung einer staatlichen Förderung zur Produktion von grünem Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ausgesprochen. „Ich glaube, Wasserstoff ist so wichtig, dass wir gucken müssen, wie stellen wir die Wirtschaftlichkeit her“, sagte der BSW-Politiker bei einer Fachveranstaltung zum Thema in Erfurt. Es trage zur regionalen Wertschöpfung bei, das Gas vor Ort in Thüringen zu produzieren. „Wir können das. Wir sind ein rohstoffarmes Land, also sollen wir doch unsere ingenieurtechnischen Fähigkeiten nutzen“, so Kummer. 

Ähnlich äußerten sich Vertreter von Unternehmen der Wasserstoffwirtschaft sowie Verteilnetzbetreiber, die am Ausbau eines Wasserstoffnetzes in Thüringen arbeiten. Ulrich Benterbusch, Geschäftsführer des Kasseler Gasfernleitungsbetreibers Gascade, forderte ein Ende der finanziellen Förderung für Strom aus erneuerbaren Energien zugunsten von Wasserstoff. „Wir müssen nach 25 Jahren EEG-Förderung kapieren, dass wir mal mit dem Strom aufhören müssen, was die Subventionen angeht“, so Benterbusch. Die Ressourcen müssten umgeleitet werden, um den Markt für Wasserstoff anzuschieben. „Denn nur dann haben wir am Ende ein resilientes Energiesystem und auch ein nachhaltiges“. 

Bundesrechnungshof hatte Wasserstoff-Strategie infrage gestellt 

Wegen Verzögerungen beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft hatte der Bundesrechnungshof Ende Oktober vor Milliardenrisiken für den deutschen Steuerzahler gewarnt und eine Überarbeitung der Wasserstoff-Strategie des Bundes gefordert. Es drohe eine staatliche Dauerförderung mit erheblichen Folgen für die Bundesfinanzen, heißt es in einem Sonderbericht der Behörde. 

Damit der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft gelingen kann, hat der Haushaltsgesetzgeber laut Bundesrechnungshof im Jahr 2024
insgesamt 4,3 Milliarden Euro und im Jahr 2025 mehr als 3 Milliarden Euro bereitgestellt - insbesondere für Subventionen an Unternehmen. Für den Ausbau erneuerbarer Energien sind im Bundeshaushalt im laufenden Jahr 17,3 Milliarden Euro vorgesehen. Bundesenergieministerin Katherina Reiche (CDU) hat eine Anpassung der EEG-Förderpolitik des Bundes bereits in Aussicht gestellt. 

Netzbetreiber fühlen sich alleingelassen 

Der Stahlkonzern Arcelor Mittal hatte sich im Juni entschieden, seine Projekte für die Produktion von „grünem“ Stahl mit Hilfe von Wasserstoff angesichts fehlender Wirtschaftlichkeit nicht weiterzuverfolgen - trotz milliardenschwerer Förderzusagen des Bundes. Es mache sich auf breiter Front Zurückhaltung breit, so Ulf Unger, Geschäftsführer der Thüringer Energienetze (TEN). Es brauche die Nachfrage durch Kunden in der Industrie und entsprechende politische Rahmenbedingungen. „Stellenweise fühlen wir uns als Netzbetreiber auch ein bisschen alleingelassen, weil es auch kein Instrumentarium für die Finanzierung gibt. Wir stecken jetzt quasi ausschließlich Risikokapital ins Geschäft.“ 

Zusammen mit den Netzbetreibern Ferngas und Gascade plant die TEN den Ausbau eines Wasserstoffnetzes in Thüringen. Ein Korridor entlang der Autobahn 4 soll künftig Teil eines bundesweiten Kernnetzes für Wasserstoff sein. Für die Thüringer Industrie soll bis 2029 ein 500 Kilometer langes Wasserstoffnetz zur Verfügung stehen. Geplant sind unter anderem Anschlüsse am Erfurter Kreuz, am Chemiestandort Bad Köstritz oder am Standort des Stahlwerks Thüringen in Unterwellenborn. Erster Wasserstoff wird bereits 2028 nach Thüringen fließen können, so Gascade-Geschäftsführer Benterbusch.

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