Politik Inland

Fall Friedland: Neue Maßnahmen für Ausreisepflicht im Fokus

Rechtliche und praktische Probleme bei Abschiebungen werden auf der Innenministerkonferenz in Bremen besprochen. Warum ein schrecklicher Fall aus Niedersachsen dabei eine besondere Rolle spielt.

Von dpa

28.11.2025

Dass Hamburg und Brandenburg spezielle Zentren für Überstellungen in andere europäische Staaten eingerichtet haben, hat auch mit dem Terroranschlag in Solingen zu tun. (Archivfoto)Patrick Pleul/dpa

Dass Hamburg und Brandenburg spezielle Zentren für Überstellungen in andere europäische Staaten eingerichtet haben, hat auch mit dem Terroranschlag in Solingen zu tun. (Archivfoto)Patrick Pleul/dpa

© Patrick Pleul/dpa

Die Innenminister von Bund und Ländern wollen bei ihrer Herbstkonferenz kommende Woche über neue Maßnahmen für eine bessere Durchsetzung der Ausreisepflicht beraten. Dabei liegt unter anderem ein Vorschlag auf dem Tisch, der vorsieht, die Ingewahrsamnahme eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers auch in Abwesenheit des Betroffenen anzuordnen, wenn dieser untergetaucht ist.

Tatverdächtiger war zeitweise untergetaucht 

Der Beschlussvorschlag dazu kommt aus Niedersachsen, wo im Sommer der Fall einer 16-Jährigen für große Betroffenheit gesorgt hatte. Ein ausreisepflichtiger Iraker, der zuvor in psychiatrischer Behandlung war, soll die aus der Ukraine stammende Jugendliche am Bahnhof Friedland gegen einen durchfahrenden Güterzug gestoßen und so getötet haben. Der 31-Jährige hätte nach den europäischen Asyl-Regeln eigentlich schon Monate vor der Tat von Deutschland nach Litauen gebracht werden sollen. 

Im Innenausschuss des Landtages wurde Niedersachsens Innenministerin, Daniela Behrens (SPD), auch gefragt, warum sich der tatverdächtige Iraker noch in Deutschland aufhielt. (Archivfoto)Shireen Broszies/dpa

Im Innenausschuss des Landtages wurde Niedersachsens Innenministerin, Daniela Behrens (SPD), auch gefragt, warum sich der tatverdächtige Iraker noch in Deutschland aufhielt. (Archivfoto)Shireen Broszies/dpa

© Shireen Broszies/dpa

Vor Abschiebung nicht auffindbar 

Niedersachsens Innenministerin, Daniela Behrens (SPD), sagte, die schreckliche Tat am Bahnhof Friedland habe noch einmal die Probleme des sogenannten Dublin-Systems aufgezeigt. Dieses sieht vor, dass Asylbewerber in das für ihr Verfahren zuständige Land zurückkehren, notfalls mit Zwang. Das Verfahren sei zu kompliziert, zu viele Behörden seien daran beteiligt, kritisierte Behrens. Das Ergebnis sei deshalb oft, „dass sich Personen, die längst nicht mehr hier sein dürften, über Jahre in Deutschland aufhalten und teils untertauchen, bis das Asylverfahren in die Zuständigkeit Deutschlands übergeht“. 

Der Tod der jungen Frau am Bahnhof Friedland löste Betroffenheit und Entsetzen aus. (Symbolbild)Swen Pförtner/dpa

Der Tod der jungen Frau am Bahnhof Friedland löste Betroffenheit und Entsetzen aus. (Symbolbild)Swen Pförtner/dpa

© Swen Pförtner/dpa

Anordnung in Abwesenheit

Ein Problem sei, dass Haftbeschlüsse nach aktueller Rechtslage erst dann beantragt werden könnten, wenn der Betroffene anwesend sei. Dies führe zu Verzögerungen und gefährde die Durchsetzung des Aufenthaltsrechts. „Wir wollen vorbereitende richterliche Anordnungen auch bei abwesenden Personen ermöglichen“, sagte die Ministerin. 

Aus dem Bundesinnenministerium heißt es, man sei zu der Frage, ob eine entsprechende Gesetzesänderung sinnvoll wäre, mit den Ländern im Gespräch. Eine Sprecherin sagte auf Nachfrage: „Grundsätzlich unternimmt und unterstützt das Bundesministerium des Innern Maßnahmen, die zu einer Erhöhung der Abschiebezahlen führen.“ 

Solingen-Attentäter sollte nach Bulgarien

Ein Syrer, der im August 2024 auf einem Stadtfest in Solingen drei Menschen tötete, hätte bereits ein Jahr vor dem Anschlag nach Bulgarien rückgeführt werden müssen, da das Land für sein Asylverfahren zuständig war. Auch unter dem Eindruck dieses islamistischen Anschlags wurden in Hamburg und Brandenburg im März zwei Dublin-Ausreisezentren eingerichtet. Durch die zentrale Unterbringung sollen die Bedingungen für schnellere Verfahren geschaffen werden.

Nach Angaben der Bundesregierung stellte Deutschland nach den Dublin-Regeln im ersten Halbjahr dieses Jahres 20.574 Übernahmeersuchen. In 14.294 Fällen stimmten diese zu. Allerdings kam es schlussendlich lediglich zu 3.109 Überstellungen. Das Verfahren zu verbessern, ist Teil der anstehenden Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylrechts.

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