Politik Inland

Entscheidung über Auslieferung von Ukrainer vertagt

Vor drei Jahren wurden die Gas-Pipelines in der Ostsee schwer beschädigt. Die Bundesanwaltschaft will, dass Italien einen Verdächtigen ausliefert. Die Entscheidung wird die nächsten Tage erwartet.

Von dpa

09.09.2025

Rohrsysteme und Absperrvorrichtungen in der Gasempfangsstation der ehemaligen Ostseepipeline Nord Stream 2. Stefan Sauer/dpa

Rohrsysteme und Absperrvorrichtungen in der Gasempfangsstation der ehemaligen Ostseepipeline Nord Stream 2. Stefan Sauer/dpa

© Stefan Sauer/dpa

Drei Jahre nach den Anschlägen auf die Nord-Stream-Gaspipelines in der Ostsee ist die Entscheidung über die Auslieferung eines Tatverdächtigen aus Italien an Deutschland vertagt worden. Ein Berufungsgericht in Bologna kam nach stundenlangen Beratungen noch zu keinem Ergebnis, wie der Verteidiger des Ukrainers der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Damit bleibt der 49-Jährige zunächst weiter in Untersuchungshaft. 

Rechtsanwalt Nicola Canestrini zufolge hat sich das Gericht die Entscheidung vorbehalten. Das bedeutet, dass diese in den nächsten Tagen schriftlich bekanntgeben wird. Einen genauen Termin dafür gibt es nicht. Der Ukrainer war Ende August bei Rimini an der italienischen Adriaküste festgenommen worden, wo er gemeinsam mit seiner Familie Urlaub machte.

Bundesanwaltschaft will Prozess in Deutschland

Nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft gehörte Serhij K. zu einer Gruppe, die im September 2022 nahe der Ostseeinsel Bornholm Sprengsätze an den Pipelines Nord Stream 1 und 2 platzierte. Sie wirft ihm gemeinschaftliches Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und verfassungsfeindliche Sabotage vor. Bei einer Auslieferung soll er in Deutschland vor Gericht gestellt werden.

Sollte das Gericht in Bologna die Auslieferung genehmigen, will Canestrini mit einem Gang zum Kassationsgerichtshof in Rom die Überstellung verhindern. In Italien ist in solchen Fällen eine Beschwerde beim obersten Gericht möglich. Die Aussichten werden aber als gering beurteilt. 

Nach Informationen des Magazins „Der Spiegel“ soll der Mann ein ehemaliger Agent des ukrainischen Geheimdienstes SBU sein. K. wurde in der Gemeinde San Clemente im Hinterland des beliebten Adria-Badeortes Rimini gefasst, wo er mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern die Ferien verbrachte. 

K. weist alle Vorwürfe zurück. Er behauptete, in der Zeit der Anschläge auf die Pipelines in der Ukraine gewesen zu sein. Zugleich wehrte er sich dagegen, nach Deutschland überstellt zu werden. Auch Kiew bestreitet, hinter den Anschlägen auf die Gaspipelines zu stecken. Die Ukraine wehrt sich schon seit mehr als dreieinhalb Jahren gegen einen Angriffskrieg aus Russland.

Anschlag machte weltweit Schlagzeilen

Der Anschlag im Herbst vor drei Jahren hatte weltweit Schlagzeilen gemacht. Mehrere Sprengungen beschädigten die beiden Pipelines so sehr, dass kein Gas mehr durchgeleitet werden konnte. An drei der insgesamt vier Leitungen wurden Lecks entdeckt. Allerdings war zuvor schon kein Gas mehr durch die Leitungen geflossen. 

Nach Kriegsbeginn im Februar 2022 hatte Russland seine Lieferungen schrittweise gedrosselt und Anfang September völlig eingestellt - angeblich wegen technischer Probleme. Beobachter vermuten, dass damit der Druck auf den Westen und insbesondere Deutschland erhöht werden sollte, wegen des Kriegs erlassene Sanktionen gegen Russland zurückzunehmen. Inzwischen sind viele weitere Sanktionen hinzugekommen.

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