Mordauftrag: Zwölf Jahre Haft für mutmaßlichen Mafia-Boss
Ein Auftragsmord schlägt fehl. Die Ermittlungen führen in die Organisierte Kriminalität. Bei dem mutmaßlichen Drahtzieher soll es sich um eine Führungsfigur des sogenannten Balkan-Kartells handeln.

Eine mutmaßliche Führungsfigur des sogenannten Balkan-Kartells ist in Berlin fünfeinhalb Jahre nach einem fehlgeschlagenen Mordanschlag verurteilt worden. (Archivbild)Hannes P Albert/dpa
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Ein mutmaßlicher Mafia-Boss aus Serbien ist in Berlin zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Das Landgericht der Hauptstadt sprach den 35-Jährigen des versuchten heimtückischen Mordes schuldig. Er habe vor fünfeinhalb Jahren einen Anschlag in Berlin-Charlottenburg auf ein Führungsmitglied einer gegnerischen Gruppierung geplant und organisiert, der allerdings fehlgeschlagen sei, begründete der Vorsitzende Richter Matthias Schertz. Es sei eine „kaltblütige Tat im organisierten kriminellen Milieu“ gewesen.
Der angeklagte serbische Staatsangehörige gilt als eine Führungsfigur des sogenannten Balkan-Kartells. Bei dem mutmaßlichen Mordanschlag am 17. Februar 2020 soll ein Mittäter zwei Schüsse abgefeuert haben. Dem Attackierten sei es gelungen, sich unverletzt in einen Hauseingang zu retten.
Richter: „Nach Vorgaben des Angeklagten“
Durch vorliegende Chatverläufe sei der Angeklagte überführt worden, hieß es weiter im Urteil. Daraus ergebe sich, dass die Tat „minuziös vorbereitet wurde“. Nach monatelanger Planung seien Schüsse gefallen - „nach seinen Vorgaben“.
Zwei Wochen später soll der in Berlin entkommene Mann allerdings in Montenegro bei der Explosion einer Autobombe ums Leben gekommen sein. Die Auseinandersetzungen zwischen den beiden rivalisierenden Gruppen sollen nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes (BKA) wechselseitig zu über 80 Morden und Mordversuchen geführt haben.
Die Tat in Berlin blieb zunächst von der Polizei unbemerkt. Der Verdacht eines versuchten Auftragsmordes hatte sich erst nach der Auswertung von Nachrichten beim verschlüsselten Messengerdienst Sky ECC ergeben. Im Herbst 2021 habe das BKK Daten aus den Chats des kanadischen Anbieters erhalten, so die Staatsanwaltschaft. Es habe sich um den Chatverlauf zwischen den an der Tat mutmaßlich Beteiligten gehandelt.
„Der Angeklagte ist überführt durch die seiner Kennung zuzuordnenden Chats“, sagte der Richter weiter. „Per Sky ECC war er quasi mit vor Ort.“ Die Planung sei ausschließlich durch den 35-Jährigen erfolgt, er habe auch die Waffen beschafft. Eine von der Verteidigung ins Spiel gebrachte mögliche Manipulation der Chats sei ausgeschlossen - „es sind Massen von Daten“.
Verdacht auf Beteiligung an acht Morden
Mit dem Urteil folgte das Gericht im Wesentlichen der Staatsanwaltschaft, die zwölfeinhalb Jahre Haft gefordert hatte. Die Verteidiger plädierten auf Freispruch. Die digitalen Daten, auf die sich die Anklage stütze, seien nicht verwertbar. Ihr Mandant sei nicht der „Mafia-Boss“, als der er von Ermittlern dargestellt werde. Er sei in seiner Heimat „Zielscheibe einer Rufmordkampagne“ und zu einem „Bauernopfer in einem größeren politischen Spiel“ geworden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Bei dem Angeklagten handelt es sich aus Sicht von Europol um einen Verdächtigen der Organisierten Kriminalität, der eine Führungsposition innerhalb krimineller Gruppierungen hat. Laut Staatsanwaltschaft hatten gemeinsame Ermittlungen mit dem Bundeskriminalamt in Wiesbaden zur Festnahme des Mannes am 18. Oktober 2024 in Barcelona geführt. Mitte März war er nach Deutschland ausgeliefert worden. Laut Behörden ist er unter anderem wegen der mutmaßlichen Beteiligung an acht Morden auch von Österreich, Kroatien, Montenegro und Serbien zur Fahndung ausgeschrieben.