Mit Detonation während Nato-Übung gedroht - Psychiatrie
In Sachsen-Anhalt stiehlt er einen Traktor und droht mit einer Detonation. Wenige Monate später flüchtet er mit einem gestohlenen Krankenwagen von Hamburg nach Kiel. Nun gibt es ein Urteil.

Im Landgericht Kiel wurde das Urteil gegen einen 29 Jahre alten Mann wegen der Fahr mit einem gestohlenen Krankenwagen gefällt. (Symbolfoto)Markus Scholz/dpa
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Während einer Nato-Übung in Stendal drohte er mit der Detonation einer Sprengstoffweste, einige Monate später raste der Mann mit einem gestohlenen Krankenwagen durch Norddeutschland. Nun wurde ein 29-Jähriger wegen dieser beiden Vorfälle verurteilt - zu drei Jahren Haft und zusätzlicher Unterbringung in einer Psychiatrie. Er muss zuerst auf unbestimmte Zeit in die Psychiatrie, bevor er die Haftstrafe antreten kann.
Die erste Strafkammer des Landgerichts Kiel sprach den Angeklagten einer Reihe von Taten schuldig. Dazu zählen ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Körperverletzung, tätliche Angriffe auf Vollzugsbeamte und Fahren ohne Führerschein. Das Gericht stuft den 29-Jährigen als eingeschränkt schuldfähig ein wegen einer schweren Persönlichkeitsstörung.
Drohung bei Nato-Übung
Am 10. April 2024 war der Angeklagte, der den Prozess in Handschellen verfolgen musste, mit einem gestohlenen Traktor zu einem Flugplatz nach Stendal gefahren. Dort hatte er während einer Nato-Übung mit der Detonation einer Sprengstoffweste gedroht. Nach einer mehrstündigen Verfolgungsfahrt griff er in einem Rettungswagen einen Polizeibeamten mit einer Schere an. Später in einem Waldstück drohte er, sich in die Luft zu sprengen.
Irrfahrt im gestohlenen Krankenwagen
Sieben Monate später, am 18. November 2024, hatte er gegen Mitternacht einen Rettungswagen in der Nähe des Millerntores in Hamburg gestohlen. Er fuhr damit bis nach Kiel, zum Teil viel zu schnell. Der Feuerwehr teilte er mit, er habe eine Pistole, Panzerfäuste und Handgranaten dabei und werde diese einsetzen.
Immer mehr Streifenwagen der Polizei verfolgten ihn, um ihn zu stoppen. Nach einer Irrfahrt durch Kiel, bei der es zu Beinaheunfällen und Zusammenstößen mit Polizeiwagen kam, endete die Fahrt in einem Gitter am Straßenrand. Ein Polizeiauto habe er absichtlich gerammt, bevor er mit dem schon demolierten Rettungswagen in einen Treppenaufgang krachte, so das Gericht.
Dort habe er aber nicht aufgegeben, sondern eine Polizeibeamtin als Geisel gefordert. Erst kurz nach vier Uhr morgens konnten ihn Einsatzkräfte der Polizei festnehmen. Sprengsätze und Waffen hatte er nicht bei sich.
Richter beschreibt schwierige Kindheit des Angeklagten
Der Vorsitzende Richter beschrieb in seiner Urteilsbegründung auch die schwierige Kindheit des Angeklagten, der immer wieder in Heimen, bei Pflegeeltern und in psychiatrischen Einrichtungen gewesen sei. Seit April 2024 sei er ohne festen Wohnsitz in Hamburg gewesen.
Wegen einer „erheblichen Einschränkung der Steuerungsfähigkeit“ des Angeklagten habe man die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus beschlossen, zusätzlich zur Haftstrafe, sagte der Richter. Eine Therapie sei notwendig.
Brief des Angeklagten ans Gericht
Der Angeklagte hatte dem Gericht noch einen Brief geschrieben, der kurz vor der Urteilsbegründung verlesen wurde. Er habe sich vorgenommen, sein Leben in die Hand zu nehmen, schrieb er.
Mit dem Urteil blieb das Gericht leicht unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, die Unterbringung in der Psychiatrie und eine Sperre für eine mögliche Fahrerlaubnis von drei Jahren gefordert hatte. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sah in dem Brief „manipulatives Verhalten“ des Angeklagten.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidiger des Angeklagten kündigte gleich nach dem Urteil auf dpa-Anfrage an, in Berufung zu gehen. Dabei gehe es um die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik.