Machtmissbrauch und Sexismus: Ärzte beklagen Klinik-Alltag
Laut einer Umfrage des Marburger Bunds erleben viele Hamburger Klinikärzte Machtmissbrauch und diskriminierende Kommentare. Der Ärzteverband hat nun Forderungen.

Der Marburger Bund beklagt die „Machtstrukturen“ in Hamburger Kliniken. (Symbolbild)Patrick Pleul/Zentralbild/dpa
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Machtmissbrauch, rassistische und sexistische Kommentare: Laut einer Umfrage des Marburger Bunds in Hamburg haben viele Mitarbeitende in Hamburger Kliniken damit negative Erfahrungen gemacht. „Die Machtstrukturen in Kliniken sind ungesund. Kaum eine andere Branche ist durch eine so starke Machtkonzentration bei gleichzeitiger Abhängigkeit von Vorgesetzten geprägt“, sagt Dr. Pedram Emami, 1. Vorsitzender des Marburger Bunds (MB) Hamburg.
Der nach eigenen Angaben größte deutsche Ärzteverband und Deutschlands einzige Ärztegewerkschaft hatte im Juli eine Umfrage zu Machtstrukturen und Führungskultur in Kliniken der Hansestadt durchgeführt, an der rund 500 Ärztinnen und Ärzte teilnahmen.
87 Prozent der Befragten haben nach eigenen Angaben Machtmissbrauch oder ungerechtfertigte Einflussnahme in der Klinik erlebt oder beobachtet – 36 Prozent vereinzelt, 51 Prozent sogar mehrfach. Zudem gaben 81 Prozent an, im Laufe ihrer ärztlichen Tätigkeit mit rassistischen, sexistischen oder anderen sachfremden Kommentaren konfrontiert gewesen zu sein.
Fragen nach der Farbe der Intimbehaarung
Befragte gaben unter anderem an, nach der Farbe ihrer Intimbehaarung gefragt worden zu sein. Auch Äußerungen wie „Wie wollen Sie Fachärztin werden, Sie haben ja nicht mal einen Mann?“ und „Als Frau sollte man nicht in den OP, da muss man sich konzentrieren und darf mit den Gedanken nicht bei der Familie sein“ sollen gefallen sein. Zudem sei gesagt worden, dass die Beförderung einer Kollegin nicht möglich sei, „weil sie aufgrund ihres Migrationshintergrundes sicher bald viele Kinder bekomme“.
Kritik gab es auch an der Besetzung von Führungspositionen: Mehr als die Hälfte der Befragten (52 Prozent) beurteilt diese in ihrer Klinik als intransparent und kaum an objektiven Kriterien orientiert. Zudem geben 54 Prozent an, dass Führungspositionen kaum oder gar nicht divers besetzt seien.
Machtmissbrauch laut Marburger Bund „strukturell verbreitet“
„Unsere Umfrage zeigt: Machtmissbrauch ist strukturell verbreitet – das sind keine Einzelfälle“, sagt Katharina von der Heyde, Geschäftsführerin des MB Hamburg: „Misogyne, sexistische, aber auch homophobe und rassistische Kommentare gehören leider auch 2025 noch zum Alltag vieler Ärztinnen und Ärzte. Das muss sich endlich ändern – und deshalb wollen wir das noch mehr öffentlich machen.“
Der MB-Vorsitzende Emami ergänzte: „Wir brauchen mehr Transparenz bei Stellenbesetzungen, Vielfalt in Führungspositionen und eine kooperative Arbeitskultur, die auch für die junge Ärztegeneration attraktiv ist.“