Politik Inland

Schwarz-Grün in NRW für Lockerung des Emissionshandels

Die Industrie in NRW steht unter immensem Druck. Nun will auch Schwarz-Grün Unternehmen beim CO2-Emissionshandel entlasten. Die Opposition nennt das eine 180-Grad-Kehrtwende.

Von dpa

11.11.2025

In einem Chemie- und Raffineriepakt NRW fordern das Land, Verbände und die Gewerkschaft IGBCE Maßnahmen zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit vor allem energieintensiver Unternehmen. (Symbolbild)Benjamin Westhoff/dpa

In einem Chemie- und Raffineriepakt NRW fordern das Land, Verbände und die Gewerkschaft IGBCE Maßnahmen zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit vor allem energieintensiver Unternehmen. (Symbolbild)Benjamin Westhoff/dpa

© Benjamin Westhoff/dpa

In der Debatte um den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in Nordrhein-Westfalen setzt jetzt auch die schwarz-grüne Landesregierung auf Lockerungen beim Zertifikatehandel zur Reduktion von CO2-Emissionen. In einem „Chemie- und Raffineriepakt NRW“ wird eine Nachjustierung der Bepreisung des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) über eine Reform des EU-Emissionshandels gefordert, „um den betroffenen Unternehmen Luft zum wettbewerbsfähigen Produzieren zu verschaffen und gleichzeitig das Klimaziel nicht aus den Augen zu verlieren“. 

Den Pakt unterzeichneten die Landesregierung, Industrieverbände und die Gewerkschaft IGBCE, wie das Wirtschaftsministerium mitteilte. Das Land stellt sich damit hinter entsprechende Forderungen der Industrie.

Neue Töne der Wirtschaftsministerin

Noch Mitte Oktober hatte NRW-Wirtschafts- und Energieministerin Mona Neubaur (Grüne) Forderungen der SPD-Landtagsfraktion nach einer Aussetzung oder Lockerung des europäischen Emissionshandels als ein falsches Signal bezeichnet. Eine pauschale Aussetzung dieses Mechanismus würde notwendige Transformationsprozesse verzögern und die Glaubwürdigkeit europäischer Klimapolitik untergraben, hatte Neubaur erklärt.

Nun setzt sich die Grünen-Ministerin dafür ein, dass Unternehmen, die Treibhausgase ausstoßen, länger als bisher geplant Emissionszertifikate kostenlos erhalten sollten. Die Industrie brauche faire Wettbewerbsbedingungen, sagte sie. Solange es keinen verlässlichen Schutz vor klimaschädlichen Importen gebe, „braucht es einen funktionierenden innereuropäischen Schutz im Emissionshandel durch verlängerte Freizuteilungen von Emissionszertifikaten, damit Produktion, Wertschöpfung und Arbeitsplätze nicht abwandern“, erklärte Neubaur. 

Zuvor hatte vor allem der Chef des Essener Chemiekonzerns Evonik, Christian Kullmann, die Abschaffung oder eine deutliche Reform des europäischen Emissionshandels gefordert. 

Opposition: Schwarz-Grün vollzieht Kehrtwende 

Die SPD-Opposition im Landtag sprach von einer „180-Grad-Kehrtwende“ der schwarz-grünen Landesregierung. „Wer so plötzlich die Linie wechselt, zeigt vor allem eines: Es fehlt den Grünen an eigener industriepolitischer Orientierung“, sagte der stellvertretende SPD-Landtagsfraktionschef Alexander Vogt. 

FDP-Landeschef Henning Höne erklärte: „Mona Neubaurs Märchen vom klimaneutralen Industrieland Nordrhein-Westfalen stürzt endgültig in sich zusammen.“ Der Chemiepakt sei ein Offenbarungseid für die Koalition: „Schwarz-Grün wollte die Klimaneutralität durch Deindustrialisierung erreichen – und ist damit krachend gescheitert.“

Der CO2-Emissionshandel

Der CO2-Emissionshandel ist ein marktwirtschaftliches Instrument zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Es handelt sich um ein System, bei dem Unternehmen Rechte zum Ausstoß von Treibhausgasen nachweisen müssen und damit handeln können. Die Gesamtmenge der verfügbaren Zertifikate wird im Laufe der Zeit verringert, wodurch die Zertifikate teurer werden. Dies soll Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen fördern.

Im „Chemie- und Raffineriepakt“ setzen sich die Unterzeichner auch für wettbewerbsfähige Energiekosten durch die dauerhafte Senkung von Netzentgelten und Stromsteuer sowie die Einführung eines Industriestrompreises ein. Außerdem fordern sie den Aufbau eines leistungsfähigen Wasserstoff-Netzes, beschleunigte Genehmigungsverfahren und eine wettbewerbsfähige Landesgesetzgebung.

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