Politik Inland

Landtag diskutiert über neue Regeln für Sonntagsöffnungen

Schleswig-Holstein beabsichtigt, kleine Supermärkte ohne Personal in Orten mit bis zu 2.500 Einwohnern an Sonn- und Feiertagen zu öffnen. Für die Opposition fehlt es in der Gesetzesreform an Mut.

Von dpa

20.11.2025

Es gehe um die Attraktivität des ländlichen Raumes, sagte Claus Ruhe Madsen. (Archivbild)Markus Scholz/dpa

Es gehe um die Attraktivität des ländlichen Raumes, sagte Claus Ruhe Madsen. (Archivbild)Markus Scholz/dpa

© Markus Scholz/dpa

Die Milch ist am Sonntag leer und Nachschub einzukaufen ist nicht möglich. Dem soll eine Gesetzesnovelle zu Ladenöffnungszeiten nun Abhilfe schaffen. „Denn nicht jeder hat eine eigene Kuh oder eine Tankstelle um die Ecke“, sagte Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen im Landtag in Kiel.

Ziel sei es laut dem CDU-Politiker, für Kleinstsupermärkte ohne Personal eine rechtliche Grundlage zu schaffen, die die bisherige Regelung erweitere. So sollen zukünftig Supermärkte mit bis zu 350 Quadratmetern Verkaufsfläche an Sonn- und Feiertagen öffnen dürfen, wenn sie sich in Gemeinden mit maximal 2.500 Einwohnern befinden. Madsen erklärte: „Das alles gilt nur, wenn kein Verkaufspersonal an Sonn- und Feiertagen eingesetzt wird.“

Opposition: Mut fehlt

Für Bernd Buchholz fehlt es bei der Gesetzesreform an Mut. (Archivbild)Marcus Brandt/dpa

Für Bernd Buchholz fehlt es bei der Gesetzesreform an Mut. (Archivbild)Marcus Brandt/dpa

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Der Opposition geht die Gesetzesnovelle nicht weit genug: Für den FDP-Abgeordneten Bernd Buchholz sollte es für Sonntagsöffnungen von Supermärkten keine Regeln zur Größe von Orten oder Märkten geben. Die Differenzierung sei, dass die Märkte vollautomatisch liefen und damit nicht die Sonntagsruhe aushebele. 

Denn es gehe um Läden zur Grundversorgung im Lebensmittelhandel und nicht um Juweliere oder Klamottengeschäfte. „Und da glaube ich einfach daran, dass es gut wäre, wenn man mehr Mut hätte bei einem solchen Gesetz“, betonte Buchholz.

Die SSW-Abgeordnete Sybilla Nitsch sah ebenfalls die Begrenzung der Supermarktgrößen kritisch, zudem fehle es ihr an der Debatte oftmals an „Realität“. Sie bezweifle, dass die Sonntagsöffnung von voll automatisierten Märkten zu mehr Einnahmen führe: „Denn wenn man an sechs Tagen die Woche keinen ausreichenden Gewinn erzielt, dann hilft auch der siebte Tag wenig.“ Zudem könnten Geschäfte abgehängt werden, die sich keine Automatisierung leisten können.

SPD sorgt sich um juristische Prüfung

Für den Abgeordneten Kianusch Stender (SPD) sei auch die Frage, ob der Entwurf in dieser Form einer juristischen Prüfung standhalte. Die Sozialdemokraten seien dabei, wenn es darum gehe einen Gesetzesentwurf auf den Weg zu bringen, dass konkrete Probleme auf dem Land löse. „Aber wo Sie uns nicht an der Seite haben, ist bei einem Gesetz, das mit der ersten Klage seine Wirksamkeit verliert“, betonte Stender.

Kianusch Stender sorgt sich um die Rechtssicherheit des Entwurfes. (Archivbild)Frank Molter/dpa

Kianusch Stender sorgt sich um die Rechtssicherheit des Entwurfes. (Archivbild)Frank Molter/dpa

© Frank Molter/dpa

Nach Abstimmung wurde der Gesetzesentwurf einstimmig von den Landtagsfraktionen dem Wirtschafts- und Digitalisierungsausschuss überwiesen. Das Gesetz soll nach Ministeriumsangaben voraussichtlich im Laufe 2026 umgesetzt werden.

Kritik von Gewerkschaft und Kirche

Beate Bäumer, Leiterin des Katholischen Büros Schleswig-Holstein, nennt die geplante Novelle eine „billige“ Ausrede, um den Schutz von Sonn- und Feiertagen weiter auszuhöhlen. „Anzunehmen, dass allein die Öffnung einer voll automatisierten Verkaufsstelle am Sonntag zwischen 0.00 Uhr und 24.00 Uhr die Attraktivität des ländlichen Raumes eklatant steigern würde, ist abenteuerlich“, erklärte sie. Schließlich dürften alle Verkaufsstellen bereits jetzt von Montag 0.00 Uhr bis Samstag 24.00 Uhr durchgehend öffnen.

Bert Stach, Landesbezirksfachbereichsleiter Handel von Verdi-Nord, bemängelte eine weitere Wettbewerbsverschärfung bei der Sonntagsarbeit. „Dadurch steigt der Druck auf Unternehmen, die Personal beschäftigen und infolgedessen Umsätze verlieren könnten“, erklärte er. Personallose Supermärkte hätten durch diesen Gesetzesentwurf einen „doppelten Wettbewerbsvorteil“. 

Madsen: Gesetzesnovelle ist Kompromiss

„In vielen Ländern ist sonntags einkaufen gehen, völlig normal“, betonte der Wirtschaftsminister. Viele Menschen wünschten sich das auch für Deutschland - ein Teil der Gesellschaft sehe dies aber auch kritisch. Denn die Sonn- und Feiertagsruhe habe ebenso wie der Arbeitnehmerschutz einen hohen Stellenwert. 

Dafür soll das Gesetz Madsen zufolge einen Kompromiss finden. Es soll den ländlichen Raum attraktiver machen und die Daseinsvorsorge garantieren. „Wenn Supermärkte sonntags nicht personalfrei öffnen dürfen, macht dies ihr Überleben in dünn besiedelten Regionen wirtschaftlich noch schwieriger – auch wegen des Fachkräftemangels“, sagte der Wirtschaftsminister.

Der Gesetzesentwurf führe zu Rechtssicherheit, sagte Lasse Petersdotter. (Archivbild)Markus Scholz/dpa

Der Gesetzesentwurf führe zu Rechtssicherheit, sagte Lasse Petersdotter. (Archivbild)Markus Scholz/dpa

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Der Fraktionschef der Grünen, Lasse Petersdotter, betonte zu der geplanten Gesetzesreform: „Mit dem, was jetzt vor uns liegt, werden wir mehr Flexibilität ohne zusätzliche Sonntagsarbeit ermöglichen.“ Damit würde mehr Rechtssicherheit ermöglicht und die Potenziale der Digitalisierung genutzt.

Das Gesetz soll sich laut Sybilla Nitsch mehr an der Realität orientieren. (Archivbild)Frank Molter/dpa

Das Gesetz soll sich laut Sybilla Nitsch mehr an der Realität orientieren. (Archivbild)Frank Molter/dpa

© Frank Molter/dpa

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