Prozess um Überfall auf Neonazi: Aussage gegen Aussage
Mehrere Linksextreme sollen einen Rechtsextremisten im Flur eines Wohnhauses geschlagen, getreten und durch Messerstiche verletzt haben. Der Prozess läuft nun unter strengen Sicherheitsvorkehrungen.
Zwei Männer, die zur linksextremen Szene gehören sollen, stehen nach einem Angriff auf einen Rechtsextremisten vor Gericht. (Symbolbild) Taylan Gökalp/dpa
© Taylan Gökalp/dpa
Nach einem Überfall auf einen Rechtsextremisten mit mehreren Verletzten in Berlin-Prenzlauer Berg stehen zwei Männer aus der linken Szene vor Gericht. Die 32- und 33-Jährigen gaben zu, dass sie dem 24-Jährigen „Angst machen“ wollten, um etwas gegen zuvor erfolgte Gewalt durch Neonazis zu unternehmen. Sie seien aber nicht bewaffnet gewesen - „keiner hatte ein Messer dabei“, sagte der 32-Jährige vor dem Amtsgericht Tiergarten. Der 24-Jährige habe sie entdeckt, sei mit einem Messer auf sie zugestürmt und habe „sofort zugestochen“.
Der Prozess wegen gefährlicher Körperverletzung läuft unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen. Aus politischen Motiven heraus sollen sich die Angeklagten mit einer bislang nicht bekannten Person am 18. April 2024 zum Wohnhaus des 24-Jährigen begeben haben, der Mitglieds der rechtsextremen Kleinpartei „Der III. Weg“ ist. In einem roten Beutel hätten sich unter anderem ein Hammer, ein Messer und Reizgas befunden.
Angeklagte sprechen von Todesangst
Der 24-Jährige sei im Hausflur geschlagen, getreten, mit einem Messer am Unterschenkel und an der Hand verletzt und mit Reizgas besprüht worden, so die Anklage. Als er einen der Vermummten festhalten wollte, habe sich das Geschehen vor das Wohnhaus verlagert. „Es erfolgten wechselseitig ausgeführte Schläge“, heiß es in der Anklage. Der 24-Jährige sei mit einer Glasflasche geschlagen und getreten worden, als er bereits am Boden lag.
Der 32-jährige Angeklagte sagte weiter, Plan sei gewesen, „ihn mit Übermacht zu Boden zu bringen“. Sie hätten ihm mit Gewalt durch Neonazis konfrontieren und ihn einschüchtern wollen „in der Hoffnung, dass er und seine Kameraden aufhören“. Doch sie hätten den 24-Jährigen unterschätzt. Er habe sie bemerkt und sei „mit wildem Geschrei“ auf sie zugekommen. „Er stach mehrmals auf mich ein“, so der 32-Jährige. In Todesangst hätten sie versucht, aus dem Haus zu kommen. Die Verletzungen des 24-Jährige, der Kampfsport trainiere, „können wir uns nur so erklären, dass er sich im Gerangel selbst verletzt hat“.
Zeuge: „Nationale Weltanschauung“
Der 24-Jährige schilderte als erster Zeuge im Prozess, vier bis sechs Personen hätten ihm aufgelauert. Er gehe von einem Angriff wegen seiner „nationalen Weltanschauung“ aus. „Sie sind ohne Vorwarnung auf mich losgegangen.“ Er sei geschlagen und getreten worden. Als eine der Personen auf ihm saß, habe er ein Messer aus der Hosentasche gezogen und zu seiner Verteidigung „unkontrolliert auf die Person eingewirkt“. Er halte es für „unwahrscheinlich“, dass er sich mit dem Messer am Bein selbst verletzt habe.
Auch die beiden Angeklagten wurden bei dem Geschehen verletzt und im Krankenhaus behandelt. Zudem hätten sie sich in psychotherapeutische Behandlung begeben müssen, um den „Alptraum“ zu verarbeiten. „Die Narben werden mich ein Leben lang erinnern“, sagte der 33-Jährige.
Die Verteidiger hatten zunächst der Verlesung der Anklage widersprochen und eine Einstellung des Verfahrens beantragt. Die Anklage sei mangelhaft und informiere falsch, so eine Anwältin. Das Gericht entschied, dass Mängel nicht ersichtlich seien. Die Verhandlung wird am 18. Dezember fortgesetzt.