Panorama

1.500 Obdachlose haben dank Housing First Wohnung gefunden

Housing First vermittelt Obdachlosen ohne große Vorbedingungen eine Wohnung. Das Konzept hat sich europaweit bewährt. Doch es gibt Hürden.

Von dpa

06.11.2025

 Laut dem Bundesverbands Housing First sind rund 50.000 Menschen in Deutschland obdachlos (Symbolbild).Jens Kalaene/dpa

Laut dem Bundesverbands Housing First sind rund 50.000 Menschen in Deutschland obdachlos (Symbolbild).Jens Kalaene/dpa

© Jens Kalaene/dpa

1.500 obdachlose Menschen haben in Deutschland in den vergangenen zehn Jahre mithilfe von Housing-First-Projekten eine Wohnung gefunden. Das sagte die Geschäftsführerin des Bundesverbands Housing First, Julia von Lindern, der Deutschen Presse-Agentur. 

Bei Housing First wird Obdachlosen ohne große Vorbedingungen eine dauerhafte Unterkunft zur Verfügung gestellt. Im Anschluss werden die Menschen pädagogisch und psychologisch begleitet. Die Idee ist, dass die Menschen erst eine sichere Bleibe bekommen und dann alle weiteren Probleme angepackt werden. In 90 Prozent der Fälle blieben die Menschen langfristig in ihren Wohnungen, sagte von Lindern.

Rund 50.000 Menschen leben auf der Straße

In Deutschland gibt es ihren Angaben zufolge 50 Housing-First-Projekte, die Wohnungen dezentral über das gesamte Stadtbild beschaffen. Der Bedarf sei deutlich höher. In Deutschland lebten rund 50.000 Menschen auf der Straße. Um ein größeres und stabiles Angebot zu schaffen, forderte sie eine gesetzlich gesicherte Finanzierung. Das soll ermöglichen, dass die Finanzierung nicht von der aktuellen Haushaltslage abhängt und die Träger mehr Sicherheit haben.

Diese Woche findet in Berlin die Europäische Housing-First-Konferenz statt, an der Expertinnen und Experten aus mehr als 20 Ländern teilnehmen. Die EU hat es sich zum Ziel gesetzt, Wohnungslosigkeit bis 2030 zu überwinden.

50 Angebote in Deutschland

In Deutschland gibt es in fast jedem Bundesland Housing-First-Wohnungen, vor allem in Großstädten wie Düsseldorf, Köln, Berlin, Leipzig, Kassel, Freiburg oder Hamburg. Nur aus Thüringen und Sachsen-Anhalt seien ihr keine Angebote bekannt, berichtete von Lindern. Im europaweiten Vergleich habe Deutschland das Konzept relativ spät übernommen. Viele Angebote seien noch im Erprobungsstatus. 

„Die Menschen trennen ihren Müll besonders gründlich“

Die Wohnungssuche sei eine der größten Herausforderungen. „Es braucht zu Beginn viel Überzeugungsarbeit bei den Vermietenden.“ Oft gebe es stereotype Vorurteile, dass jemand „Ungeduschtes mit einer Flasche Bier in der Hand und einem Hund“ einziehe. Dabei geben sich die Housing-First-Mieter ihren Angaben zufolge oft sogar besonders viel Mühe. „Oftmals erleben wir eher eine Überanpassung. Die Menschen trennen ihren Müll beispielsweise besonders gründlich, weil sie wissen, dass sie unter einer gewissen sozialen Kontrolle stehen.“

Der US-amerikanische Psychologe Sam Tsemberis, der das Konzept in den 1990er Jahren in New York entwickelte, sieht Deutschland auf einem guten Weg. „Was mich frustriert, ist, dass es immer noch Obdachlosigkeit gibt, obwohl wir Programme haben, die sie beenden könnten.“ Im Verhältnis zu einem gesamten kommunalen oder nationalen Haushalt sei die Beendigung der Obdachlosigkeit eine kleine und kluge Investition, die die Lebensqualität aller verbessere. „Die Beendigung der Obdachlosigkeit ist eine Frage der Werte; was benötigt wird, ist der politische Wille, ein gesellschaftliches Engagement und die notwendigen Ressourcen.“

Karte
Das könnte Sie auch interessieren

Panorama

zur Merkliste

Mit Bierflasche im Bauch: So geht Gans einfach

Bierflasche in der Gans? Warum dieser Trick für zartes Fleisch sorgt und wie man die perfekte Weihnachtsgans stressfrei auf den Tisch bringt – inklusive Füllung und Bratenthermometer-Tipp.

Panorama

zur Merkliste

Coupé mit Passion: Honda bringt den Prelude zurück

NS-X, S2000, Type R: Die Honda-Historie ist voller leidenschaftlicher Autos. Doch zuletzt hat bei den Japanern ein wenig die Langeweile regiert. Mit dem Comeback des Prelude wollen sie das ändern.

Panorama

zur Merkliste

Small Talk im Job: In 5 Schritten zum Profi

Raus mit der Sprache! Wer die Kunst des kleinen Gesprächs beherrscht, kann im Beruf viel erreichen. Was die Plauderei bei der Arbeit bringt und vor allem: wie Small Talk erfolgreich gelingt.