Wintersport

Neuer Biathlon-Coach Reiter: Einer wie Nagelsmann

Bis 2018 war Tobias Reiter schon vier Jahre im Frauen-Team als Co-Trainer dabei. Dann trat er ins zweite Glied. Nun steht er wieder im Fokus und soll die Männer nach vorn bringen.

Von Sandra Degenhardt, dpa

10.12.2025

Tobias Reiter soll die deutschen Biathleten weiter nach vorn bringen. (Archivbild)Daniel Löb/dpa

Tobias Reiter soll die deutschen Biathleten weiter nach vorn bringen. (Archivbild)Daniel Löb/dpa

© Daniel Löb/dpa

Eines hat Tobias Reiter mit Julian Nagelsmann gemeinsam. Der Bundestrainer der deutschen Skijäger gilt wie der Fußball-Chef und Biathlon-Fan als ausgemachter Konzepttrainer. Reiter plant als akribischer Arbeiter sehr gerne und sehr detailliert. Und mit seinem Ansatz soll er das deutsche Männer-Team im Olympia-Winter wieder weiter nach vorn in die Weltspitze bringen. 

Er sei „konzeptvernarrt“, gibt Reiter zu. „Weil ich daran glaube, dass man es durchziehen muss, wenn man sich was überlegt hat und fest davon überzeugt ist“, sagte der 40-Jährige. Mit seinem neuen Plan soll das deutsche Männerteam mehr zeigen als in der Vorsaison mit nur drei Weltcup-Podestplätzen und Philipp Nawrath auf Rang 14 als Bestem im Gesamtweltcup. 

Beim Saisonauftakt in Östersund konnten die Reiter-Schützlinge das in den Einzelrennen mit insgesamt 43 Schießfehlern noch nicht umsetzen, auch läuferisch lief es außer bei Horn nicht wie gewünscht. Am Freitag im Sprint in Hochfilzen (11.25 Uhr/ARD und Eurosport) haben sie eine neue Chance gegen die derzeit wieder mal übermächtigen Norweger.

Reiter nimmt Athleten mit

Bei der neuen Marschroute hat Reiter mit Co-Trainer Jens Filbrich an der Seite auch die Athleten von Anfang an ins Boot geholt, sie nach ihrer Meinung und ihren Schwerpunkten gefragt. „Einfach um noch mehr Überzeugung und Entschlossenheit reinzubringen in den Prozess“, sagte Reiter. 

Bei den Sportlern kommt der Bayer an. „Wir sind alle sehr glücklich mit Tobi“, sagte Danilo Riethmüller und Philipp Horn ergänzte: „Tobi hat viele neue Ansätze reingebracht.“ Laut Johannes Kühn setze sich Reiter mit „Leib und Seele“ für seine Ziele ein.

Reiter, der von 2014 bis 2018 Disziplintrainer bei den Frauen war und zuletzt die Männer im zweitklassigen IBU-Cup betreute, setzt vor allem beim Schießen andere Akzente als sein Vorgänger Uros Velepec. Zudem ziehe er seinen „kristallklaren Plan“ konsequent durch, sei modern und „weiß genau, zu dem Zeitpunkt des Jahres will ich genau das machen“, so Sportdirektor Felix Bitterling. Bei Velepec gab es immer mal wieder Abweichungen vom Trainingsplan.

Spleen im Kopf und Anti-Flow

Der Slowene, der erst 2023 das Amt übernommen hatte, pochte auf schnelles Risikoschießen und bezeichnete das Schießen der Deutschen als „nicht modern“. Doch unter seiner Führung machten die DSV-Skijäger keine großen Entwicklungsschritte, bei der letzten WM in Lenzerheide holten sie nur Staffel-Bronze. 

Nach der WM trat Velepec völlig überraschend zurück. Man habe bei den Herren das Schnellschießen ein bisschen übertrieben, so Bitterling. „Und wenn du dann irgendwann so einen Spleen im Kopf hast, der einfach negativ behaftet ist, dann gibt es halt auch mal den Anti-Flow.“

Reiter, der bereits für den Rest der Vorsaison übernommen hatte, setzt auf mehr Schüsse unter hoher Intensität, das Anlaufverhalten am Schießstand wurde individuell für den Einzelnen optimiert. „Zudem sind wir wieder mehr auf Treffer gegangen, denn mit mehr Vertrauen wird die Zeit am Schießstand automatisch schneller“, sagte Reiter. 

Tobias Reiter war von 2014 bis 2018 Co-Trainer der Frauen-Mannschaft. (Archivbild)Sven Hoppe/dpa

Tobias Reiter war von 2014 bis 2018 Co-Trainer der Frauen-Mannschaft. (Archivbild)Sven Hoppe/dpa

© Sven Hoppe/dpa

Wie geht es nach Olympia-Saison weiter? 

Zur Unterstützung arbeitet das Männerteam nun mit einem Mentaltrainer zusammen. Auch mit dem Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) in Leipzig soll der nah an den Sportwissenschaften orientierte Reiter enger zusammenarbeiten. Bei den Damen sei in den vergangenen zwei, drei Jahren die Verzahnung mit der Wissenschaft besser gelaufen als bei den Herren, erklärte Bitterling.

Reiters Ziel: wieder mehr Top-Ten-Platzierungen in der Breite. Zudem etablierte er eine Durchlässigkeit in den Trainingsgruppen bis in den Nachwuchs, Trainings- und Erholungszyklen sind gleich getaktet. Auch das Mindset soll sich ändern. In den vergangenen Jahren sei zu viel auf die anderen geschaut worden, man habe Gegner wie die Norweger teils bewundert. „Aber letztendlich gilt es, den Fokus auf uns zu richten und unsere Stärken einzubringen. Und da haben wir sehr viele.“

Einen langfristigen Vertrag über die Olympia-Saison hinaus hat er nicht. „Wir haben das für uns einfach offen gelassen, was mir persönlich sehr wichtig ist, weil es von jeder Seite passen muss“, hatte Reiter bei der Saisoneinkleidung im Oktober gesagt. Er habe gerade nur Olympia im Blick: „Alles andere wird sich dann vielleicht im Laufe des Winters ergeben.“

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