Politik Inland

Gesundheitszustand der Obdachlosen verschlechtert sich

Fast 70 Prozent der in Hamburg befragten Obdachlosen berichten von gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Über eine Krankenversicherung verfügen aber längst nicht alle.

Von dpa

05.11.2025

Der Gesundheitszustand der Obdachlosen in Hamburg hat sich einer Befragung zufolge weiter verschlechtert. (Archivbild)Georg Wendt/dpa

Der Gesundheitszustand der Obdachlosen in Hamburg hat sich einer Befragung zufolge weiter verschlechtert. (Archivbild)Georg Wendt/dpa

© Georg Wendt/dpa

Der Gesundheitszustand der Obdachlosen auf Hamburg Straßen wird immer schlechter. Bei einer Befragung bewertete mehr als die Hälfte der Obdachlosen ihre Gesundheit als weniger gut oder schlecht, wie die Gesundheitsbehörde mitteilte. 41 Prozent gaben an, psychische oder Suchterkrankungen zu haben, weitere 16 Prozent erklärten, zusätzlich an körperlichen Erkrankungen zu leiden. Lediglich 26 Prozent bewerteten ihre Gesundheit als gut oder sehr gut.

Rund 3.800 Obdachlose in Hamburg

Nach dem jüngsten, im Januar veröffentlichten Wohnungslosenbericht des Bundes gibt es in Hamburg rund 3.800 Obdachlose. Die Behörde hat nun nach eigenen Angaben 300 Fragebögen obdachloser Menschen ausgewertet.

Obwohl mehr als zwei Drittel der Befragten über dauerhafte gesundheitliche Probleme berichteten, gab nur knapp ein Drittel an, Unterstützung zu benötigen - aus Sicht der Behörde ein Hinweis auf eine eingeschränkte Krankheitseinsicht oder mangelnde Behandlungsbereitschaft. Rund 31 Prozent der Befragten suchten Sucht- oder Drogenberatungsstellen auf – fast doppelt so viele wie in früheren Jahren.

Fehlende Krankenversicherung weiter großes Problem

Weiterhin ein Problem für viele Obdachlose ist das Fehlen einer Krankenversicherung. So seien 72 Prozent der deutschen, aber nur 42 Prozent der nichtdeutschen Befragten versichert. 77 Prozent nutzten daher in den vergangenen sechs Monaten niedrigschwellige Angebote, über die zumindest eine medizinische Grundversorgung verfügbar ist. Nur 51 Prozent nahmen reguläre medizinische Leistungen in Anspruch. 

Besonders schwer haben es dabei obdachlose Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, die mehr als die Hälfte der obdachlosen Menschen Hamburgs ausmachten. Sie haben nach Angaben der Behörde aufgrund sehr häufig fehlender Leistungsansprüche oder Sprachbarrieren überwiegend keinen Zugang zur Regelversorgung. 

Senatorin von Umfrageergebnissen nicht überrascht

„Die Ergebnisse der Gesundheitsbefragung überraschen uns nicht“, sagte Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD). Die Befragung zeige, dass viele nur schwer Zugang zu Hilfe finden. „Das bestärkt uns darin, unseren eingeschlagenen Weg konsequent fortzusetzen.“ Mit der Neukonzeption der Straßensozialarbeit, dem Social Hub Hauptbahnhof und dem Streetwork-Mobil würden obdachlose Menschen direkter auf der Straße erreicht. „Parallel setzen wir den Landespsychiatrieplan um, um insbesondere schwer psychisch und häufig auch gleichzeitig suchterkrankte obdachlose Menschen noch gezielter zu unterstützen.“

Der sozialpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Andreas Grutzeck, nannte die Ergebnisse alarmierend und warf dem Senat vor, nur mit kleineren Korrekturen innerhalb eines Systems zu reagieren, das offenkundig versage. „Es reicht nicht, immer neue Konzepte und Arbeitsgruppen vorzustellen, während auf der Straße Menschen krank werden, ohne medizinische Versorgung bleiben und vielfach sterben.“ Der rot-grüne Senat dürfe sich nicht länger damit zufriedengeben, Symptome zu verwalten, während die soziale Not wachse.

Sozialverband kritisiert Umgang mit Obdachlosen

Kritik am Umgang mit Obdachlosen kam auch vom Sozialverband Hamburg. So seien im vergangenen Winter mindestens 47 obdachlose Menschen in der Hansestadt gestorben - 26 im Krankenhaus, 21 auf der Straße. Nur auf die Notunterkünfte im Winter und eine verstärkte Straßensozialarbeit zu setzen, werde nicht ausreichen, um Obdachlosigkeit nachhaltig zu bekämpfen, sagte der Sozialverbandsvorsitzende Klaus Wicher. „Darum ist klar - im Winter müssen die Notunterkünfte auch am Tag geöffnet bleiben und Verpflegung ausgeben.“ Ein Muss sei auch der Ausbau des Projekts „Housing First“, bei dem Obdachlose ohne Vorbedingungen und vor allen anderen Hilfsleistungen eine Wohnung erhalten.

Karte
Das könnte Sie auch interessieren

Politik Inland

zur Merkliste

Schlag gegen „Tiktok-Islamisten“ von Muslim Interaktiv

Forderungen nach einem Kalifat, Israel-Feindlichkeit, Verachtung für Frauen und Minderheiten: Die Gruppe Muslim Interaktiv will im Netz vor allem junge Muslime ansprechen. Nun ist sie verboten.