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33 Stolpersteine beschädigt – Festnahme nach Serie in Weimar

Immer wieder gibt es in Thüringen Angriffe auf die Erinnerungskultur. Nun gibt es in Weimar einen Tatverdächtigen - und Aktionen in anderen Städten.

Von dpa

18.09.2025

Stolpersteine wie diese sind in Weimar mehrmals angegriffen worden. (Symbolbild)Sascha Lotz/dpa

Stolpersteine wie diese sind in Weimar mehrmals angegriffen worden. (Symbolbild)Sascha Lotz/dpa

© Sascha Lotz/dpa

In Weimar sind seit Jahresbeginn 33 Stolpersteine beschädigt worden - nun hat die Polizei einen Tatverdächtigen festgenommen. Es handle sich um einen 51-jährigen Bürger der Stadt, der bisher nicht polizeibekannt sei, sagte der Leiter der Kriminalpolizei in Weimar, Daniel Wagner. Offensichtlich sei er keiner politischen Gesinnung zuzuordnen, zur Tat habe er sich bislang nicht geäußert.

Polizei geht von Einzeltäter aus

„Wir gehen mit hoher Wahrscheinlichkeit davon aus, dass es sich um einen Einzeltäter gehandelt hat“, sagte Wagner weiter. Er sei in der Nacht auf Dienstag auf frischer Tat ertappt worden, als er Plakate der jüdisch geprägten Achava-Festspiele beschmiert habe. Bei dem Mann seien Beweise sichergestellt worden, die auf die Angriffe auf die Stolpersteine schließen ließen. 

Gegen ihn laufe nun ein Verfahren wegen politisch motivierter Sachbeschädigung. Es sei großer Ermittlungsaufwand betrieben worden, auch der Staatsschutz sei eingeschaltet gewesen. Aktuell würden auch Verbindungen zu früheren Beschädigungen von Gedenkbäumen nahe der KZ-Gedenkstätte Buchenwald geprüft. Nach aktuellem Stand gebe es hier aber keinen Zusammenhang. 

Stiftungsdirektor: Erinnerungskultur unter Druck

Deutschlandweit ist es immer wieder zu Beschädigungen oder Diebstählen der Messingsteine gekommen, die an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern sollen. „Wer Stolpersteine schändet, tötet die NS-Opfer symbolisch ein zweites Mal“, sagte der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora der Deutschen Presse-Agentur. Die Angriffe zeigten, „dass die Erinnerung an die NS-Verbrechen und ihre Opfer massiv unter Druck steht.“

Hauptursache für diesen Druck sei ihm nach das Erstarken der AfD. Aus deren Reihen würden „notorisch geschichtsrevisionistische und Holocaust verharmlosende Positionen“ vorgetragen, sagte Wagner. „Die kritische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus steht dem Aufstieg der Rechtsextremen im Wege.“ Deshalb bekämpfe die AfD die deutsche Erinnerungskultur an die Shoah massiv.

Neue Stolpersteine in mehreren Städten 

In Thüringen werden derzeit weitere Stolpersteine verlegt, die an das Schicksal unter anderem von Juden während der Shoah erinnern. Am Mittwoch wurden mehrere Stolpersteine in Eisenach in den Boden eingelassen. Für Donnerstag war die Verlegung von Stolpersteinen in Erfurt geplant. In Weimar sollen am Freitag sieben neue Steine verlegt werden. Zudem soll es in den kommenden Tagen Mahnwachen geben. 

Der Künstler Gunter Demnig hatte diese Form der Auseinandersetzung mit den Schrecken des Nationalsozialismus Anfang der 1990er Jahre begründet. Bei dem Erinnerungs-Projekt werden Gedenksteine vor den Wohnhäusern verlegt, in denen Menschen, die von den Nationalsozialisten verschleppt und oft getötet wurden, gelebt haben. 

Weimarer OB hofft auf Ruhe in der Stadt

Weimars Oberbürgermeister Peter Kleine (parteilos) hofft, dass nach der Festnahme wieder Ruhe in der Stadt einkehrt. „Das heißt jetzt nicht, dass es bei uns keine Probleme mehr gibt, ob von rechts oder links oder von anderen“, sagte er. Es sei wichtig, dass die Zivilgesellschaft gegen solche Taten zusammenstehe. „Es geht um Angriffe auf unsere Grundwerte.“

Weimars Oberbürgermeister Peter Kleine (parteilos, Mitte) hofft auf mehr Ruhe in der Stadt. David Hutzler/dpa

Weimars Oberbürgermeister Peter Kleine (parteilos, Mitte) hofft auf mehr Ruhe in der Stadt. David Hutzler/dpa

© David Hutzler/dpa

Auch Vertreter jüdisch geprägter Kulturinstitutionen in Weimar zeigten sich bei einer Pressekonferenz erleichtert über die Festnahme des mutmaßlichen Täters. „Es braucht eine harte Sanktion“, sagte der Intendant der Achava-Festspiele, Martin Kranz. Alan Bern vom Yiddish Summer betonte, dass solche Angriffe nicht als Angriffe gegen Juden oder einzelne Menschengruppen verstanden werden müssten, „sondern als Angriffe auf die Gesamtgesellschaft“.

Stolpersteine wie diese sind in Weimar mehrmals angegriffen worden. (Symbolbild)Sascha Lotz/dpa

Stolpersteine wie diese sind in Weimar mehrmals angegriffen worden. (Symbolbild)Sascha Lotz/dpa

© Sascha Lotz/dpa

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