Politik Inland

Afghanischer Ex-Richter kämpft in Karlsruhe für Einreisevisa

In Afghanistan verurteilte er Taliban-Mitglieder. Nach der Machtübernahme verspricht die Bundesregierung, ihn und seine Familie aufzunehmen. Nun wird Deutschlands oberstes Gericht eingeschaltet.

Von dpa

30.09.2025

Eine afghanische Familie klagt am höchsten deutschen Gericht. (Archivbild)Uli Deck/dpa

Eine afghanische Familie klagt am höchsten deutschen Gericht. (Archivbild)Uli Deck/dpa

© Uli Deck/dpa

Der Streit um Einreisevisa für Afghaninnen und Afghanen im Rahmen von Aufnahmeprogrammen beschäftigt nun auch das Bundesverfassungsgericht. Ein ehemaliger afghanischer Richter und seine Familie haben mit Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) Verfassungsbeschwerde und einen Eilantrag in Karlsruhe eingereicht, wie der Verein mitteilte. Ziel sei die Erteilung eines vorläufigen Visums zur Einreise nach Deutschland. Ein Gerichtssprecher bestätigte den Eingang der Beschwerde.

Familie musste untertauchen

Nach Angaben der GFF musste der ehemalige oberste Richter nach der Machtübernahme der Taliban mit seiner Familie untertauchen. Im Dezember 2022 habe die Bundesregierung ihnen eine Aufnahmeerklärung erteilt. Seit zweieinhalb Jahren warteten sie in Pakistan. Doch trotz positiver Sicherheitsprüfung und Einreichung aller Unterlagen habe die Familie bis heute keine Visa bekommen, so die GFF. Nun drohe ihr die Auslieferung an die Taliban.

Aktuell warten rund 2.000 Afghaninnen und Afghanen im Rahmen von verschiedenen Aufnahmeprogrammen in Pakistan auf eine Ausreise nach Deutschland. Die neue Bundesregierung von Union und SPD hatte die Programme Anfang Mai vorerst gestoppt. Die pakistanischen Behörden nahmen zuletzt etliche Menschen trotz Aufnahmezusage aus Deutschland fest. Dutzende wurden nach Afghanistan abgeschoben.

OVG hatte Eilantrag abgelehnt

Am Verwaltungsgericht Berlin und Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg wurde in den vergangenen Monaten bereits über zahlreiche Eilanträge von Betroffenen entschieden. In dem Verfahren, das nun die obersten Richterinnen und Richter in Karlsruhe beschäftigt, hatte das OVG zuletzt den Eilantrag der Familie abgelehnt und der Bundesregierung eine weitreichende Entscheidungsfreiheit eingeräumt.

Aus einer Aufnahmebereitschaft ergäbe sich noch kein Anspruch auf ein Visum, so das OVG. Die Programme seien aufgrund politischer Entscheidungen getroffen worden. Die Bundesregierung habe das Recht zu überprüfen, ob das frühere politische Interesse an der Aufnahme der Antragsteller noch vorliege. Gegen die Entscheidung wehrt sich die Familie nun in Karlsruhe.

 GFF sieht Schutzpflicht der Bundesregierung

„Jahrelang habe ich als Richter die Menschenrechte in Afghanistan verteidigt“, zitiert die GFF den afghanischen Richter. „Auf die Zusage von Deutschland habe ich mich verlassen – doch jetzt werden meine Familie und ich nicht vor Folter und Tod geschützt.“

Die GFF sieht die Bundesregierung grundrechtlich verpflichtet, die Familie zu schützen und die erteilte Zusage einzuhalten. „Wer Menschen Schutz verspricht, darf sie nicht im Stich lassen – erst recht nicht, wenn ihr Leben davon abhängt“, sagt GFF-Juristin Mareile Dedekind. „Das gebieten Rechtsstaatlichkeit und außenpolitische Glaubwürdigkeit.“

Karte
Das könnte Sie auch interessieren

Politik Inland

zur Merkliste

AfD-Mann Risch bei Neofaschisten-Kongress in Russland

Der AfD-Bürgerschaftsabgeordnete Risch steht wegen einer Teilnahme an einem neofaschistischen Kongress in Russland unter Druck. CDU und Linke fordern Konsequenzen – die AfD prüft den Vorfall.

Ein Militärgericht im Kongo hat Ex-Präsidenten Joseph Kabila wegen Hochverrats und Kriegsverbrechen zum Tode verurteilt. (Archivbild)Frank Franklin Ii/AP/dpa
Update -

Politik Inland

zur Merkliste

Kongo: Ehemaliger Präsident Kabila zum Tode verurteilt

Ein Militärgericht spricht den Ex-Staatschef des Hochverrats und der Kriegsverbrechen schuldig. Kabila soll mitverantwortlich sein für die Eroberung von Teilen des Ostkongo durch die M23-Miliz.