Waffenarsenal: rechtsextremistischer Hintergrund unklar
Hinter einem Tresor und Geheimtüren entdecken Ermittler im beschaulichen Remscheid ein phänomenales Waffenlager. NRW-Innenminister Reul schildert im Landtag Szenen wie aus einem Film.
Polizisten transportieren ein Maschinengewehr ab.Roberto Pfeil/dpa
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Nach dem Fund eines riesigen illegalen Waffenarsenals und Nazi-Relikten in Remscheid ist noch unklar, ob es einen rechtsextremistischen Hintergrund gibt. Die Tatsache, dass in einem durchsuchten Keller auch zahlreiche Hakenkreuz-Flaggen, SS-Uniformen und Ähnliches gefunden worden seien, bedeute nicht zwingend, dass es sich um Rechtsextremismus handeln müsse, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) im Fachausschuss des Düsseldorfer Landtags.
Der Staatsschutz sei eingeschaltet und schaue sich die Hintergründe genau an. Es gebe „Militär-Verrückte“, die neben Waffen auch alles Andere aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs sammelten, erläuterte Reul. Der Fund erinnere „an ein Weltkriegsmuseum“ beziehungsweise an einen „Waffenhandel samt Büchsenmacher-Werkstatt“.
Eine Hakenkreuz-Flagge oder NS-Kleidung könnten Teile einer solchen Sammlung sein, erklärte auch Landeskriminaldirektor Peter Mosch im Innenausschuss. „Es geht ja um die Einstellung, die Motivation, die dahintersteckt.“ Daher sei abzuwarten, was sich aus weiteren Vernehmungen und aus den IT-Asservaten ergebe, die die Polizei gefunden habe.
Geheimräume wie im Film
Am Sonntag hatten laut Innenministerium rund 100 Beamte eine Razzia gestartet wegen des Verdachts des illegalen Handels mit Kriegswaffen und mit Rauschgift - „also Bandenkriminalität im großen Stil“, sagte Reul. In Remscheid waren sie im Keller eines Hauses zunächst auf eine Art Waffenmuseum gestoßen und dann hinter einem Tresor und hinter einer Vitrine auf zwei Geheimtüren, hinter denen weitere Waffen, darunter auch Kriegswaffen, gelagert wurden.
„Die Tür konnte man nur mit einem versteckten Mechanismus öffnen“, schilderte Reul. „Das kennt man meistens nur aus Filmen. Den Ermittlern ist das aber aufgefallen, weil sie sich den Grundriss des Hauses genau angeschaut haben.“
Ein Raum im Keller des Gebäudes war wie ein Museum mit Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg und Wehrmachts-Uniformen eingerichtet.--/Polizei Wuppertal/dpa
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Hunderte Waffen entdeckt
Bei dem Einsatz seien 320 Langwaffen gefunden worden - wie Maschinengewehre, Sturmgewehr und Flinten - 51 Kurzwaffen, also Pistolen und Revolver, 38 Handgranaten, einige Minen und auch Panzerfäuste, Zündköpfe und Sprengschnüre. Zudem fanden die Beamten scharfe Gewehre mit Zielfernrohr und Schalldämpfer. Spezialisten des Landeskriminalamts hätten bestätigt, dass viele Waffen funktionstüchtig waren.
Eine instabile Handgranate musste auf einem Feld gesprengt werden. Handgranaten und Mörsergranaten, die potenziell besonders gefährlich sind, waren bereits nach dem ersten Fund von Entschärfungsexperten in einen Steinbruch transportiert und dort gesprengt worden.
In der Nähe des Hauses in Remscheid, in dem das Waffenarsenal entdeckt wurde, befindet sich ein Einkaufszentrum. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft könnte es sich um einen der größten Funde von Kriegswaffen in Nordrhein-Westfalen handeln.
Abtransport dauert
Der Abtransport wird voraussichtlich noch mehrere Tage in Anspruch nehmen. Die Polizisten waren zweimal auf Geheimräume gestoßen und wollen das Gebäude noch einmal intensiv untersuchen. „Die Beamten werden sämtliche Wandverkleidungen abbauen und nach Hohlräumen suchen“, sagte Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert in Wuppertal.
Zum jetzigen Zeitpunkt werde gegen elf Personen ermittelt - bis zum vergangenen Sonntag verdeckt, sagte Reul. Drei Verdächtige im Alter von 34, 37 und 59 Jahren sitzen in Untersuchungshaft. Bei ihrer Vorführung vor dem Haftrichter hätten zwei der drei Beschuldigten geschwiegen, berichtete Baumert. Der 59-jährige Hauptverdächtige habe sich dagegen als Waffensammler dargestellt. Die Ermittlungen zu Zeitraum und Umfang des illegalen Waffenhandels dauern an.
Vor etwa einem Jahr hatten die Ermittler davon Wind bekommen, dass in einem Kiosk in Remscheid Drogen und Waffen illegal verkauft werden sollen. Verdeckte Ermittler hatten daraufhin tatsächlich Kriegswaffen in Form von Maschinenpistolen kaufen können.
Reul: Kriminelle Bande war wohl auf Waffen-Einkaufsfahrt
„Gekauft hat die Bande die Waffen wohl im Ausland und dann mit dem Auto nach Deutschland gebracht und hier weiterverkauft, also Geschäfte gemacht“, erläuterte Reul. Weil die Bande auch international unterwegs gewesen sei, seien auch das Bundeskriminalamt und Europol eingeschaltet worden. „Der Zugriff erfolgte dann am vergangenen Sonntagabend auf der Rückfahrt einer mutmaßlichen Einkaufsfahrt von Waffen.“
Der Kioskbetreiber soll bereits in rund zwei Wochen vor Gericht stehen. Das Verfahren gegen ihn beginne am 13. November, sagte Baumert. Dabei gehe es aber nicht um illegalen Waffenhandel, sondern um „bewaffneten Drogenhandel“.
Reul sprach von einem „Schlag gegen die Schwerstkriminalität“. Hier hätten sich „kriminalistischer Spürsinn, akribische Ermittlungsarbeit und stoische Geduld“ ausgezahlt.
Ermittler zeigen die sichergestellten Waffen.Federico Gambarini/dpa
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Ein Polizist transportiert Munition in Remscheid ab.Roberto Pfeil/dpa
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Waffen liegen in einem geheinen Raum, den Fahnder im Haus eines mutmaßlichen Waffenhändlers gefunden haben.Polizei Wuppertal/dpa
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