Sachsens Kurorte kämpfen um die Zukunft
Sachsens Kurorte schlagen Alarm: Hohe Kosten, marode Infrastruktur und fehlende Landesmittel bringen sie an ihre Grenzen. Einige fürchten, ihren Kurstatus auf Dauer nicht halten zu können.
Bad Schandau kämpft als Kurort mit hohen Kosten. Robert Michael/dpa
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In Bad Schandau wartet viel Arbeit, die kaum jemand sieht. Papierkörbe müssen geleert, Wege kontrolliert und Beete nachgepflanzt werden. „Wir liefern die Qualität, die man von einem Kurort erwartet – aber bezahlen können wir sie kaum noch“, sagt Andrea Wötzel, Verwaltungskoordinatorin der Stadt. Parkplätze, öffentliche Toiletten, Gebäude - alles soll für Besucher in einem attraktiven Zustand gehalten werden. Aber der Kurort im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge kämpft nach eigenen Angaben mit rund 1,8 Millionen Euro Zusatzkosten im Jahr.
Das sei für eine Gemeinde mit gut 3.000 Einwohnern eine erhebliche Summe, so Wötzel. Die Kurtaxe könne nur einen Teil davon abfedern. Politische Zustimmung zu höheren Sätzen gebe es kaum, die Gastgeber fürchteten den Verlust von Gästen. Das Verfahren mit der Anerkennung zum Kneippheilbad allein habe den beliebten Kurort in Ostsachsen etwa 75.000 Euro gekostet.
Klamme Kassen bei Sachsens Kurorten
Wie viele andere sächsische Kurorte steht Bad Schandau vor der Frage, ob sich die Kurort-Titel in Zukunft überhaupt noch halten lassen. „Wir verlieren weiter den Anschluss und geraten langfristig in Wettbewerbsnachteile“, sagt Helfried Böhme, Geschäftsführer des Sächsischen Heilbäderverbandes. Nach Erhebungen des Verbandes fehlen allen 14 sächsischen Kurorten zusammen jährlich rund zehn Millionen Euro, die durch die geltenden Abgabenmodelle nicht gedeckt werden. Ein eigener Finanzausgleich – in mehreren anderen Bundesländern längst üblich – fehle in Sachsen bis heute.
Dabei tragen die Orte besondere Lasten, wie Böhme erläutert. „Sie müssen Heilmittel bereitstellen und aufbereiten, weitläufige Grünanlagen pflegen, ein umfangreiches Kultur- und Gesundheitsangebot sichern und häufig historisch sensible Infrastruktur erhalten.“
Bad Schandau ist beliebt bei Touristen. Robert Michael/dpa
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Hinzu kommt ein wachsender Modernisierungsdruck. Viele Bäder, Thermen und Kureinrichtungen wurden um das Jahr 2000 eröffnet. Wasser, Hitze und intensive Nutzung setzen der Bausubstanz nach 25 Jahren sichtbar zu. „Es fehlt oft schon am Eigenanteil, um überhaupt Fördermittel beantragen zu können“, so Böhme. Die Folge sei eine „Phase des Stillstands“, die sich in mehreren Orten bemerkbar mache. Der Heilbäderverband setzt nun auf den kommenden Doppelhaushalt des Landes.
Gehen Aushängeschilder verloren?
Wie ernst die Lage ist, zeigt ein Blick nach Bad Schandau: Schon jetzt sind einige Investitionen „unmöglich geworden“, so Wötzel. Das geplante Kneippzentrum, das in zwei denkmalgeschützten Gebäuden entstehen sollte, ist mit rund acht Millionen Euro kalkuliert. Wegen sinkender Förderquoten sei der Eigenanteil für die kleine Kommune aktuell nicht mehr aufzubringen. „Wenn der Freistaat auch künftig keinen finanziellen Ausgleich vorsieht, werden sich die betroffenen Kommunen fragen müssen, warum sie sich noch prädikatisieren lassen sollen“, heißt es aus dem Rathaus. Sachsen würde damit Aushängeschilder verlieren, die auch umliegende Regionen touristisch stützen.
Im vergangenen Jahr verbuchten die Kurorte im Freistaat laut Heilbäderverband rund 3,2 Millionen Übernachtungen. Für das erste Halbjahr 2025 wurden rund 1,5 Millionen Übernachtungen in Einrichtungen über zehn Betten gezählt. In den Gesundheitsbädern liegen die Besucherzahlen nahezu auf Vor-Corona-Niveau, so der Heilbäderverband. Einige Orte wie Bad Elster oder Bad Brambach registrierten sogar starke Zuwächse. Viele Gäste hätten auch dank eines regenreichen Sommers die Thermen gut genutzt, lautet der Jahresrückblick von Jens Böhmer, Geschäftsführer der Sächsischen Staatsbäder GmbH.
Treue Besucher und Pläne für 2026
Für 2026 sind dort weitere Modernisierungen geplant, darunter die Erweiterung der Saunawelt in der Soletherme Bad Elster. Böhmer sagt: Zusätzlich entstünden in Kooperation mit Partnern ein neuer Wohnmobilstellplatz sowie ein Boutiquehotel. Und auch, wenn die Staatsbäder ein Alleinstellungsmerkmal in Sachsen haben: Die Gesellschaft hält einen Finanzausgleich für Kurorte ebenfalls für „sinnvoll und notwendig“, da die Kommunen stetig die Infrastruktur entwickeln müssten, „um den wachsenden Erwartungen an den Gesundheitstourismus gerecht zu werden“.
Bei Kurangeboten setzen die Staatsbäder zunehmend auf Individualität: Neben einem „Private Spa“ steht auch neue „Digitale Diagnostik“ zur Verfügung. „Wir bieten den Gästen eine Vielzahl diagnostischer Verfahren zur Messung biometrischer Körperdaten, deren Ergebnisse auf einer Plattform zusammengeführt werden. Daraus ergibt sich eine individuelle Trainings- und Behandlungsempfehlung“, erklärt Böhmer.
Blick auf die sächsische Kleinstadt im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge an der Elbe.Robert Michael/dpa
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Bad Schandau an der Elbe zählt zu den bekannten Kurorten in Sachsen. Robert Michael/dpa
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In Sachsens Kurorten wächst die Sorge um die Zukunft.Robert Michael/dpa
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