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Feuerlöscher statt Schuhe - Gezielte Hilfe für die Ukraine

Die Hilfsbereitschaft für die Ukraine bleibt in Hessen hoch. Zwei Gruppen sammeln vor Weihnachten munter weiter. Doch heute werden andere Dinge gebraucht als zu Beginn des Krieges.

Von Jenny Tobien, Sandra Trauner (Text) und Helmut Fricke (Fotos), dpa

07.12.2025

Helferinnen und Helfer von „Frankfurt for Ukraine“ beladen einen Transporter.Helmut Fricke/dpa

Helferinnen und Helfer von „Frankfurt for Ukraine“ beladen einen Transporter.Helmut Fricke/dpa

© Helmut Fricke/dpa

Eine Kirchengemeinde bringt riesige Osterkerzen, ein Handwerker ein Schweißgerät, eine Witwe das Beatmungsgerät ihres verstorbenen Mannes - der Krieg in der Ukraine dauert schon fast vier Jahre, aber die Hilfsbereitschaft in Hessen lässt nicht nach, wie die jüngste Sammelaktion in Eschborn zeigt.

Die Initiative „Frankfurt for Ukraine“ sammelt seit Tag drei nach dem Beginn des russischen Überfalles Spenden - Eschborn sei schon die 168. Aktion der Gruppe, berichtet Gründer Jumas Medoff. Rund ein Dutzend Helferinnen und Helfer packen am Freitagnachmittag mit an, um die Spenden aus der Halle im Main-Taunus-Kreis ins Lager des Vereins nach Frankfurt zu bringen. 

Schnell zeigt sich: Auch der Kleinlaster, den ein Autoverleih kostenlos zur Verfügung gestellt hat, damit die Helfer nicht so oft fahren müssen, ist immer noch zu klein. Der Einsatz muss am Samstag fortgesetzt werden.

„Die Zeiten, wo Leute ausgelatschte Schuhe bringen, sind vorbei“

Die einen tragen Rollatoren und Gehhilfen, die Senioren nicht mehr brauchen, andere schleppen Atemschutzgerät und Krankentragen, die bei der Feuerwehr ausrangiert wurden. Auf einer Seite der Halle stapeln sich Decken und Isomatten. Was wird derzeit am meisten gebraucht? „Feuerlöscher, Heizgeräte und Werkzeug“, sagt Medoff, aber auch Medizinisches und Hygieneprodukte. 

Besonders gesucht: Werkzeug aller Art.Helmut Fricke/dpa

Besonders gesucht: Werkzeug aller Art.Helmut Fricke/dpa

© Helmut Fricke/dpa

„Die Zeiten, wo die Leute ausgelatschte Schuhe bringen, sind zum Glück vorbei“, sagt Eschborns Bürgermeister Adnan Shaikh (CDU). Die Bürger hätten den Aufruf genau gelesen und gezielt das vorbeigebracht, worum gebeten wurde. Es ist bereits die dritte Sammelaktion in Eschborn seit 2022, aber die Hilfsbereitschaft sei wie vor groß, sagt Shaikh: „Ich spüre keine Ermüdung.“

„Wir tun, was wir können“ 

„Wir wurden regelrecht überrannt“, schildert Alexandra Weiler aus der Stadtverwaltung die Sammelaktion in der vergangenen Woche. „Die Autos stauten sich zeitweise zurück bis zur Straße.“ Bei der Annahme der Spenden halfen Mitglieder der Feuerwehr, Menschen aus der Flüchtlingsunterkunft und mehr als ein Dutzend Eschborner Schüler.

Etwa Gehhilfen und Tragen für Kranke werden gebraucht.Helmut Fricke/dpa

Etwa Gehhilfen und Tragen für Kranke werden gebraucht.Helmut Fricke/dpa

© Helmut Fricke/dpa

Aber nicht alle Menschen sähen Spenden für die Ukraine positiv. Mitglieder des Vereins „Frankfurt for Ukraine“ berichten auch von negativen Reaktionen: Manche Leute fragten etwa, warum man nicht für arme deutsche Rentner oder Bedürftige im Gazastreifen sammle. „Man kann nicht die ganze Welt retten“, sagt Medoff. „Wir tun, was wir können.“ 

Vierter Winter im Krieg „unerträglich“

Auch der Frankfurter Polizeibeamte Christian Klas engagiert sich seit Beginn des Krieges - und zwar an seinem Wohnort nahe dem Vogelsberg, im Verein Ukrainehilfe Birstein & Brachttal. Dass die Ukrainer nun den vierten Winter im Krieg verbringen, sei „unerträglich“, sagt er.

Viele Mitglieder des Vereins haben eine persönliche Bindung in das Land, so auch Klas. „Wir hatten in unserer Familie schon zwei ukrainische Au-pairs“, erzählt er. Mit ihnen hätten sie auch zusammengesessen, damals im Februar 2022, als Russland ihr Heimatland angriff.

Kein Sprint, sondern ein Marathon

Inzwischen hat der Verein fast 50 Hilfslieferungen in die Ukraine gebracht, bei 9 Fahrten war Klas selbst dabei. „Anfangs dachten wir, das ist ein kurzer schneller Sprint und dann wäre die Sache erledigt. Doch jetzt ist inzwischen ein Marathon daraus geworden.“

Aktuell seien andere Vereinsmitglieder gerade mit vier Fahrzeugen in Kiew. An Bord unter anderem: Generatoren, Standheizungen, elektrische Kochplatten und Matratzen. Sachspenden zu bekommen, sei gar nicht das Problem, erklärt der Polizist. Viel schwieriger sei es, Geld zu sammeln, um die Benzin- und Übernachtungskosten der Fahrten finanzieren zu können.

Transporte vor Weihnachten geplant

Eine letzte Tour des Vereins Ukrainehilfe Birstein & Brachttal in diesem Jahr ist über Weihnachten geplant. Auch „Frankfurt for Ukraine“ hofft, noch einen Transport vor Jahresende organisieren zu können. Gerade versucht die Initiative, einen 40-Tonnen-Lastwagen zu organisieren. 

Helfer tragen Benzinkanister in den Lastwagen. Helmut Fricke/dpa

Helfer tragen Benzinkanister in den Lastwagen. Helmut Fricke/dpa

© Helmut Fricke/dpa

Die Dankbarkeit in der Ukraine sei enorm, sagt Medoff: „Die Menschen sagen uns immer wieder: „Vielen Dank, dass ihr an uns denkt, nach fast vier Jahren“. Sie wissen, dass das keine Selbstverständlichkeit ist.“

168 Sammelaktionen hat „Frankfurt for Ukraine“ schon organisiert.Helmut Fricke/dpa

168 Sammelaktionen hat „Frankfurt for Ukraine“ schon organisiert.Helmut Fricke/dpa

© Helmut Fricke/dpa

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