Panorama

Fährunfall auf der Elbe: Verteidigung erhebt Gegenvorwürfe

Am Morgen des 20. Januar stößt eine Hadag-Fähre im dichten Nebel mit einem Schubverband zusammen. Es gibt 19 Verletzte. Doch wer trägt die Verantwortung für das Unglück?

Von dpa

10.11.2025

Der Angeklagten wird Gefährdung des Schiffsverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung vorgeworfen. (Archivfoto)Marcus Brandt/dpa

Der Angeklagten wird Gefährdung des Schiffsverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung vorgeworfen. (Archivfoto)Marcus Brandt/dpa

© Marcus Brandt/dpa

Im Prozess um das Schiffsunglück auf der Elbe im Januar hat der Verteidiger der angeklagten Schiffsführerin eine Strafanzeige gegen den Kapitän des anderen Schiffes gestellt. Der Schiffsführer der „Hanse“ habe trotz dichten Nebels die Geschwindigkeit seines Schubverbandes nicht angepasst, sagte Rechtsanwalt Carsten Grau. Dabei hätte er sein Tempo nach den Kollisionsverhütungsregeln reduzieren müssen. Außerdem sei der Ausguck nicht besetzt gewesen, obwohl drei Personen an Bord gewesen seien. Gegen den Mann bestehe daher der Tatverdacht auf fahrlässige Gefährdung des Schiffsverkehrs.

„Ich vermisse immer den Schiffsführer der „Hanse“. Es ist naheliegend, auch gegen ihn zu ermitteln“, sagte Grau. Zudem forderte er ein Nautisches Gutachten, ob der Zusammenstoß der beiden Schiffe hätte verhindert werden können, wenn die Geschwindigkeit reduziert worden wäre. Es sei von vornherein nur gegen seine Mandantin ermittelt worden.

Bei dem Unglück am 20. Januar wurden 19 Menschen verletzt. Die 48 Jahre alte Schiffsführerin einer Hadag-Fähre muss sich deshalb seit Anfang Oktober vor dem Amtsgericht Hamburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft legt ihr fahrlässige Gefährdung des Schiffsverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zur Last.

Bei dem Schifssunglück wurden 19 Menschen verletzt. (Archivfoto)Jonas Walzberg/dpa

Bei dem Schifssunglück wurden 19 Menschen verletzt. (Archivfoto)Jonas Walzberg/dpa

© Jonas Walzberg/dpa

Schubverband hatte Vorfahrt

Die Angeklagte fuhr am 20. Januar als verantwortliche Schiffsführerin mit 27 Fahrgästen an Bord die Norderelbe aufwärts, heißt es in der Anklage. Beim Queren des Fahrwassers soll sie die Radaranlage des Bootes trotz dichten Nebels und damit eingeschränkter Sicht nicht genutzt haben, wie es die geltenden Kollisionsverhütungsregeln erfordert hätten. In der Folge näherte sich die Hadag-Fähre einem Schubverband mit Gütermotorschiff und gekoppeltem Schubleichter, der vorfahrtsberechtigt war.

Obwohl die 48-Jährige Funkkontakt zum Kapitän des Schubverbandes gehabt und den Verband auch gesehen haben soll, soll sie ihr Schiff nicht rechtzeitig nach Steuerbord gelenkt haben. Es kam zu einer Kollision, bei der 19 Passagiere Verletzungen erlitten, darunter Schnittwunden durch Glassplitter, Prellungen und Hämatome. Drei Menschen trugen ein Schädel-Hirn-Trauma beziehungsweise eine Gehirnerschütterung davon. Am Schubleichter entstand ein Sachschaden in Höhe von rund 50.000 Euro.

Staatsanwaltschaft sieht keinen Verdacht

Die Staatsanwältin betonte, sie sehe keine Anhaltspunkte für ein strafrechtliches Verhalten des Kapitäns des anderen Schiffes. Laut Auswertung der Funksprüche soll der Kapitän vor der Kollision zu der Angeklagten gesagt haben: „Haben Sie mich gesehen?“ Daraufhin habe die Schiffsführerin geantwortet: „Ja, ich ziehe gleich wieder rüber.“ Trotzdem habe sie ihren Kurs nicht geändert und es sei zu der Kollision gekommen.

Der Kapitän des anderen Schiffes hatte in dem Prozess als Zeuge ausgesagt. Am Mittwoch soll ein weiterer Polizeibeamter befragt werden. Wann der Prozess endet, steht bislang nicht fest.

Das könnte Sie auch interessieren
Der Angeklagte (re.) wurde zu einer lebenslangen Haft verurteilt. Links sein Verteidiger Jörg Reichel.Bernd Wüstneck/dpa
Update -

Panorama

zur Merkliste

Mit 38 Stichen ermordet – lebenslange Freiheitsstrafe

Es wurde viel Alkohol getrunken, es entbrannte ein Streit. Am Ende lag ein Mann blutüberströmt und leblos in der Wohnung. Er wurde mit Dutzenden Messerstichen getötet. Der Täter wurde nun verurteilt.

Das Gericht sprach den Angeklagten vom Vorfurf der fahrlässigen Tötung frei. (Archivbild)picture alliance / Swen Pförtner/dpa
Update -

Panorama

zur Merkliste

Tod nach Tattoo – Tätowierer freigesprochen

Ein Tattoo in einer Privatwohnung, eine tödliche Infektion – und am Ende kein Schuldspruch. Welche Zweifel das Gericht am Ablauf nicht ausräumen konnte.