Arbeitsschutz: Jeder fünfte Paketbote arbeitet zu lange
Die Rabattaktion Black Friday steht vor der Tür, danach ist Weihnachten - die Paketmassen erreichen ihren Jahreshöhepunkt. Viele Paketboten arbeiten am Limit. Das führt zu Sorgenfalten in der Politik.
Ganz schön viel zu tun: ein Paketbote bei der Arbeit.Sina Schuldt/dpa
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Staatliche Kontrolleure haben Missstände in Nordrhein-Westfalens Paketbranche aufgedeckt. Wie das Landesarbeitsministerium in Düsseldorf mitteilte, nahmen sie im Zeitraum Mai bis August 57 Subunternehmen unter die Lupe und stellten teils gravierende Mängel im Arbeitsschutz fest. Einer vorläufigen Auswertung zufolge war der Arbeitsschutz bei mehr als der Hälfte der Subunternehmen mangelhaft, bei einem guten Drittel war er verbesserungsbedürftig und nur in einigen Fällen war er gut. Es ging etwa darum, dass die Mitarbeiter nicht richtig eingewiesen waren, es keine ausreichende sicherheitstechnische Betreuung gab und zu lang gearbeitet wurde.
Befragt worden waren 225 Zustellerinnen und Zusteller. Jeder Fünfte gab an, mehr als zehn Stunden am Tag zu arbeiten. Das sei ein Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz, mahnte der Fachmann Steffen Röddecke vom Arbeitsministerium.
DHL sticht positiv hervor
Die Subunternehmer sind für sogenannte Generalunternehmen unterwegs - also Paketdienstleister, welche die Paketzustellung ausgelagert haben. Dazu gehören DPD, GLS und Hermes. Der Online-Händler Amazon arbeitet bei der Paketzustellung ebenfalls mit Subunternehmen zusammen.
Marktführer DHL setzt hingegen fast vollständig auf eigene Zusteller. Minister Laumann äußerte sich kritisch über die Branche, nahm DHL hierbei aber ausdrücklich von der Kritik aus. Namen der Konkurrenten wurden nicht genannt. Eine anonymisierte Statistik zeigt, dass die Arbeitsbelastung hoch ist: Bei einer Paketfirma kamen die Zusteller der Befragung zufolge auf durchschnittlich 126 Stopps pro Arbeitstag, bei denen 206 Pakete ausgeliefert wurden. Bei drei anderen namenlos aufgelisteten Firmen waren es unter 100 Stopps.
Laumann hält nichts von Subunternehmer in der Paketzustellung
Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) drückte sein Unbehagen über die weit verbreitete Paketbranchen-Praxis aus, auf Subunternehmer zu setzen. „Wenn von Subunternehmern und Werkverträgen die Arbeit gemacht wird, die den Kern eines Unternehmens machen, dann muss man genau hingucken: Was ist da los?“ Wenn ein Maschinenproduzent das Ersatzteillager outgesourct habe, sei das „völlig in Ordnung“. Aber wenn man auch die Maschinenproduktion auslagere, gehe es um den Kernbereich einer Firma. So sei das auch in der Paketbranche: „Der Kern eines Paketzustellers ist es, Pakete zuzustellen - deswegen gibt es das Unternehmen“, sagte Laumann.
Forderung nach elektronischer Erfassung von Arbeitszeiten
Laumann fordert, die Arbeitszeiten der Paketboten elektronisch zu erfassen. Nur damit sei es staatlichen Kontrolleuren möglich, Arbeitszeiten richtig zu kontrollieren, auch auf die Einhaltung des Mindestlohns. Die bisherige Praxis, die Arbeitszeit handschriftlich auf Papier festzuhalten, sei nur aufwendig oder mitunter gar nicht nachzuvollziehen. „Da brauchst du im Arbeitsschutz sehr viele Schriftdeuter, um das rauszukriegen, was da aufgeschrieben wurde - es ist in einer Form aufgeschrieben, die man nicht Dokumentation nennen kann.“
Da die Zusteller die Paketabgabe ohnehin schon elektronisch erfassten, gebe es ja bereits eine gewisse Datengrundlage zur Arbeitszeit, so Laumann. Das in der Branche vorgetragene Argument, dass eine elektronische Arbeitszeiterfassung nicht möglich sei, sei unbegreiflich. „Wenn ich die Technik für das eine habe, ist es keine zusätzliche Belastung für das Unternehmen, das andere zu machen.“ Laumann appelliert an den Bundestag, bei einer Regeländerung mitzuhelfen.