Politik Inland

Wer lässt sich als Erwachsener firmen?

Jedes Jahr wenden Tausende Katholiken ihrer Kirche den Rücken zu. Wer tritt ihr denn in diesen Zeiten noch bei?

Von Britta Schultejans, dpa

07.12.2025

Als einer von mehr als 50 Firmlingen ließ sich Hilko Denekas von Erzbischof Kardinal Reinhard Marx in der Münchner Kirche St. Michael firmen. Stefan Puchner/dpa

Als einer von mehr als 50 Firmlingen ließ sich Hilko Denekas von Erzbischof Kardinal Reinhard Marx in der Münchner Kirche St. Michael firmen. Stefan Puchner/dpa

© Stefan Puchner/dpa

Hilko Denekas fehlten Spiritualität und Mystik. „In der evangelischen Kirche habe ich das so nicht erlebt“, sagt er. „Und ich war begeistert davon.“ Darum ist der gebürtige Ostfriese bei den Protestanten ausgetreten und hat sich den Katholiken zugewandt. Als einer von 50 Firmlingen ließ er sich nun von Erzbischof Kardinal Reinhard Marx in der Münchner Kirche St. Michael firmen. 

Vom Pastorenberuf zum Herrenausstatter

„Ich habe die katholische Kirche ganz anders erlebt, als sie immer dargestellt wurde“, sagt der 45-Jährige, für den Religion und der christliche Glaube immer schon sehr wichtig gewesen seien. „Ich hab‘ sogar zeitweise mit dem Gedanken gespielt, Pastor zu werden, stattdessen bin ich jetzt Herrenausstatter.“ Seit mindestens 15 Jahren denke er schon darüber nach, die Konfession zu wechseln - und nun war es dann soweit. 

Einen Tag vor seiner Firmung sei er aus der evangelischen Kirche ausgetreten - „weil die katholische Kirche keine feindlichen Übernahmen vollzieht“. Nach der Firmung wird er dann von seiner neuen Kirche als Mitglied angemeldet. 

Entscheidung gegen die Mode

„Ich stoße da durchaus auch auf Unverständnis“, sagt Denekas über Reaktionen auf seine Entscheidung in Zeiten der Massenaustritte aus den großen christlichen Kirchen in Deutschland. „Aber ich mache mir gern meine eigenen Gedanken.“ Als großer Italien-Fan sei er dort oft in katholischen Gottesdiensten gewesen und diese hätten ihn auf ganz andere Art und Weise berührt als die in seiner protestantischen Heimatkirche. 

Der 45-Jährige war einen Tag vor seiner Firmung aus der evangelischen Kirche ausgetreten. Stefan Puchner/dpa

Der 45-Jährige war einen Tag vor seiner Firmung aus der evangelischen Kirche ausgetreten. Stefan Puchner/dpa

© Stefan Puchner/dpa

„Ich schätze das Zeitlose an der Kirche“, sagt er. Als Herrenausstatter wisse er, wie schnell Moden vorbei sein können. „Und da begeistert mich etwas, das außerhalb jeder Mode steht.“

Als Neu-Katholik und FDP-Mitglied „leidgeprüft“

Außerdem sei er auch noch Mitglied der FDP und kenne sich darum mit Organisationen aus, die gerade nicht unbedingt den größten Zulauf hätten. „Damit gehöre ich derzeit auch zu den Leidgeprüften.“

Seine politische Überzeugung sei es auch, die es ihm bei den Protestanten zuletzt schwer gemacht habe. Ihm gefalle nicht, „dass die evangelische Kirche in Deutschland immer mehr verweltlicht“, sagt der 45-Jährige, der nach eigenen Angaben vier bei den Protestanten getaufte Patenkinder hat. Er sieht „eine sehr deutliche politische Ausrichtung, die nicht unbedingt meine ist“ und betont: „So, wie sich das nach außen oft darstellt, ist es mir zu links.“

Begeisterung für „Weltkirche“

An der katholischen Kirche begeistere ihn, „dass sie eine Weltkirche ist“. Es sei „großartig, einer Kirche anzugehören, die weltumspannend ist“, sagt Denekas und fügt mit Blick auf Reformforderungen hinzu: „Deutsche Sichtweisen sind nicht unbedingt die einzigen.“

Die Zahl der Erwachsenenfirmungen in Bayern schwankt - auch niedrigem Niveau. Stefan Puchner/dpa

Die Zahl der Erwachsenenfirmungen in Bayern schwankt - auch niedrigem Niveau. Stefan Puchner/dpa

© Stefan Puchner/dpa

In der Vorbereitung auf die Erwachsenenfirmung sei er in erster Linie auf Menschen getroffen, die zwar katholisch sozialisiert seien, die Firmung im Jugendalter aber nicht mehr mitgemacht hätten und das nun nachholen wollten. Als Konvertit sei er eher die Ausnahme. 

Marx: Grundvertrauen und Hoffnung

Kardinal Marx sagte in dem Gottesdienst, die Menschen, die sich firmen ließen, wollten Grundvertrauen ins Leben gewinnen und sich in der Gemeinschaft der Hoffnung einfinden – „nicht der Angst, nicht der Verzweiflung, nicht der Gewalt“. Das Christentum sei „bei allen Schattenseiten“ dennoch eine „große Bewegung der Hoffnung, die deutlich macht: Es gibt immer einen Weg“. Marx bezeichnete die katholische Kirche als Kraftquelle, die autoritären Machthabern deutlich sage: „Trotzdem: Wir halten an unserer Hoffnung fest.“

Insgesamt schwankt die Zahl der Erwachsenen, die sich in einem der sieben katholischen Bistümer firmen lassen auf niedrigem Niveau von Jahr zu Jahr, ohne dass ein konkreter Trend auszumachen wäre. Nach einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur waren es 2024 mindestens rund 330, in diesem Jahr bislang rund 240. In München waren es dem Erzbischöflichen Ordinariat zufolge 85 Erwachsene, die von Kardinal Marx das Sakrament der Firmung empfingen - ein steigender Trend. Im Jahr 2024 waren es demnach 62 Erwachsene und 2023 45.

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