Konfliktforscher: Blockaden in Gießen „sehr geordnet“
Bei den Protesten gegen die AfD-Jugendorganisation in Gießen hatte es auch Gewalt gegeben. Soziologe Teune sieht Unterschiede zu früheren Konflikten - etwa der Anti-Atom-Bewegung.
Nach dem großen Polizeieinsatz in Gießen entbrannte eine Debatte über angemessenen Protest und den Umgang der Polizei damit. (Archivbild)Lando Hass/dpa
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Straßenblockaden wie bei den Demonstrationen in Gießen sind schon lange ein Teil des Protestgeschehens in Deutschland. Mit Blick auf das hohe Konfliktniveau sei „die Austragung sehr geordnet“ gewesen, sagte der Berliner Konfliktforscher Simon Teune der dpa. „Die Blockierer sehen in der AfD eine akute Gefahr für die Demokratie. Es geht also um alles.“ Es habe eine starke Selbstrücknahme aufseiten der Protestierenden gegeben.
„Und das ist überhaupt nicht selbstverständlich, sondern tatsächlich eine neue Entwicklung gegenüber früheren gewalttätigen Konfliktaustragungen, wie zum Beispiel in der Anti-Atombewegung in den 80er Jahren“, erläuterte er und verwies auf die damals oft massiven Konfrontationen zwischen Polizei und Demonstranten.
Zur Gründung der neuen AfD-Jugendorganisation in Gießen hatten sich am vergangenen Wochenende mehrere Gegendemonstrationen formiert. Dabei gab es nach Angaben der Polizei 15 Blockaden, fünf wurden von den Beamten aufgelöst. Nach den Worten von Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) gab es ein „erhebliches extremistisches Potenzial von links“ mit rund 1.000 gewaltbereiten Demonstranten. Nach dem Einsatz unter anderem von Wasserwerfern entbrannte eine Debatte über angemessenen Protest und den Umgang der Polizei damit. Einige Kritiker werfen den Einsatzkräften ein unverhältnismäßig hartes Vorgehen vor.
Soziologe: Gibt verschiedene Formen des Protestes
„Die Blockaden stehen im medialen Scheinwerferlicht. Aber es gab in Gießen viele unterschiedliche Formen von Protest“, erläuterte Soziologe Teune und nannte unter anderem das Demokratiefest eines breiten Bündnisses und die Schülerdemonstration. „Man sieht, es gibt ein großes Bedürfnis, den Protest sichtbar zu machen, aber unterschiedliche Methoden, das zu tun“, sagte der Wissenschaftler. Die Blockadeaktionen seien eine Möglichkeit, das Handeln und Wirken der AfD aktiv infrage zu stellen. Diesen Menschen sei es „nicht genug“, ihrem Protest bei einer Demonstration auszudrücken, die womöglich an einem ganz anderen Ort stattfinde.