Politik Inland

Mindestens 120 Missbrauchsopfer im Bistum Fulda

Die unabhängige Untersuchungskommission zu sexueller Gewalt legt ihren Bericht vor. Dort ist von Gleichgültigkeit gegenüber Betroffenen, Vertuschung und Fehlverhalten in der Kirchenführung die Rede.

Von dpa

17.06.2025

Der Fuldaer Bischof Michael Gerber (l) zeigte sich bei der Entgegennahme des 319-seitigen Abschlussberichts erschüttert vom Leid der Betroffenen.Michael Bauer/dpa

Der Fuldaer Bischof Michael Gerber (l) zeigte sich bei der Entgegennahme des 319-seitigen Abschlussberichts erschüttert vom Leid der Betroffenen.Michael Bauer/dpa

© Michael Bauer/dpa

Nach der Veröffentlichung einer Untersuchung zu sexuellem Missbrauch im Bistum Fulda hat sich Bischof Michael Gerber in einer ersten Reaktion „erschüttert“ gezeigt. Die Untersuchung belege das Leid der Betroffenen und zeige, „wie Vertreter der Kirche unangemessen damit umgegangen sind“, sagte Gerber.

Die unabhängig von der katholischen Kirchenführung arbeitende Untersuchungskommission spricht in ihrem 319-seitigen Abschlussbericht von Gleichgültigkeit gegenüber Betroffenen, Vertuschung und Fehlverhalten von Personalverantwortlichen in der Kirchenführung. Mindestens 120 Menschen waren im Zeitraum zwischen 1945 und 2024 Opfer sexueller Gewalt, stellt die Kommission nach fast vier Jahren Arbeit fest. 

Hohe Dunkelziffer

239 Taten sowie 37 Beschuldigte, zumeist Pfarrer und Kapläne, werden in dem Bericht dokumentiert, namentlich aber nicht genannt. Eine Aussage zur tatsächlichen Zahl der Missbrauchstaten sei nicht möglich, sagte Kommissionssprecher Gerhard Möller. „Die tatsächliche Gesamtzahl liegt deshalb sicher um ein Mehrfaches höher.“

Missbrauchsopfer seien in ihren Nöten und Leid viele Jahre nicht beachtet worden, heißt es in dem Bericht. Erst seit 2010 habe es mehr Beachtung für das Schicksal der Betroffenen gegeben. Die Beschuldigten seien von Verantwortlichen in der Bistumsführung bis zur Jahrtausendwende mit Nachsicht behandelt worden. Um das Ansehen der Kirche nicht zu beschädigen, sollten die Angelegenheiten möglichst unauffällig durch Versetzung in andere Gemeinden oder Einrichtungen gelöst werden.

Betroffenen wurde nicht geglaubt

Manche Priesteramtskandidaten seien trotz Zweifel an ihrer Eignung geweiht worden, kritisiert die Kommission weiter. Beschuldigten sei oft mehr geglaubt worden als Betroffenen. „In Pfarrgemeinden stellten sich zuweilen große Teile hinter die Beschuldigten, während die Betroffenen gemieden wurden“, heißt es in dem Bericht.

Die Veröffentlichung sei ein „Meilenstein“ – nicht das Ende, sondern der Beginn eines neuen Abschnitts im Aufarbeitungsprozess, betonte Bischof Gerber. Erste Einordnungen und Perspektiven will die Bistumsführung am 26. Juni vorstellen.

Forderung nach „Veränderung und Entschädigung“ 

Stephan Auth, der Betroffenenvertreter in der achtköpfigen Untersuchungskommission, erklärte, nach der Veröffentlichung des Abschlussberichts dürfe nicht Schluss sein mit der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle: „Die Betroffenen hoffen auf Veränderung und angemessene Entschädigungen.“

Nach Angaben des Bistums wurden bislang rund eine halbe Million Euro als „Anerkennungsleistung“ an Betroffene ausgezahlt, dazu kommen noch gut 20.000 Euro an Beihilfen für Therapiekosten. 

Im Bistum Fulda leben rund 325.000 Katholiken. Es erstreckt sich vom Rhein-Main-Gebiet bis nach Ost- und Nordhessen. Im Westen Thüringen und im Norden von Bayern gibt es kleinere Gebiete, die ebenfalls dem Bistum Fulda angehören.

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