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Kiels Oberbürgermeister kritisiert lange Projektzeiten

Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer sieht lange Projektzeiten als Risiko für das Vertrauen in die Politik. Welche Herausforderungen er für die Stadt benennt – und was er seiner Nachfolge rät.

Von dpa

14.11.2025

Das Leistungsversprechen des Sozialstaates wird laut Ulf Kämpfer immer seltener erfüllt.Markus Scholz/dpa

Das Leistungsversprechen des Sozialstaates wird laut Ulf Kämpfer immer seltener erfüllt.Markus Scholz/dpa

© Markus Scholz/dpa

Ob E-Akte, Verwaltungsdigitalisierung, der Ausbau des Holstein-Stadions oder der Wohnungsbau – für Kiels Oberbürgermeister dauern viele Projekte zu lange. „Planungs- und Genehmigungsverfahren dauern viel zu lang – das kostet nicht nur Geld – das kostet Gemeinwohl und das kostet Vertrauen in die Handlungsfähigkeit von Politik“, sagte Ulf Kämpfer (SPD) der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Manchmal, so Kämpfer, überfordere sich der Staat. Früher fuhr stündlich ein Zug von Kiel nach Hamburg, heute alle 30 Minuten. „Aber das schlechte Bahnnetz in Schleswig-Holstein bringt es dann an die Grenze, macht es anfälliger für Verspätungen“, erklärte Kämpfer. Ähnlich sei es bei den Kitas: Früher gab es weniger Plätze, heute fehlen Fachkräfte. Er betonte: „Viele Eltern litten unter kurzfristigen Kitaausfällen, die den Familienalltag ins Chaos stürzen.“

Der Sozialstaat sei zwar ausgebaut worden, doch das dahinterstehende Leistungsversprechen werde immer seltener erfüllt. Sein Fazit als Oberbürgermeister der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt: Alles dauert zu lange. „Aber das lässt sich ändern.“

Letzte Amtszeit für Kämpfer als Bürgermeister

Seit April 2014 führt der Sozialdemokrat Kiel als Oberbürgermeister – nun läuft seine zweite Amtszeit aus. Bei der Wahl am Sonntag tritt er nicht erneut an, sondern wechselt in die Landespolitik. „Wenn ich an Infrastrukturen denke, dann halt Kiel in den letzten elf Jahren Dinge auf den Weg gebracht und umgesetzt, wo andere Kommunen oft 25 Jahre für brauchen“, erklärte Kämpfer mit Blick auf die vergangenen Jahre. Allerdings habe es auch viel nachzuholen gegeben.

So sei es eine große Aufgabe gewesen, nach dem Amtsantritt 2014 wieder etwas wie eine „Linie und Verlässlichkeit in die Verwaltung zu bringen“. Zahlreiche und rasch aufeinanderfolgende Wechsel seiner Vorgängerinnen und Vorgänger hätten dies nötig gemacht. Kämpfer betonte: „Ich hätte gerne so eine Verwaltung übernommen damals, wie ich sie jetzt übergebe.“

Kämpfer: Es nicht alles schon gelungen

Gleichzeitig hinterlässt Kämpfer seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger etwa beim Thema Schulsanierung viel Arbeit. Auch weitere Probleme erwiesen sich in der Vergangenheit als hartnäckig: Kiel ist laut Kämpfer auch keine reiche Stadt. Armut, Obdachlosigkeit oder auch die Crack-Problematik im Stadtteil Gaarden sind Themen, die auch nach elf Jahren immer noch die Stadt belasten. „Ich kann nicht behaupten, dass alles schon gelungen ist.“

Kiel ist laut Ulf Kämpfer auch eine „schwierige Stadt“.Markus Scholz/dpa

Kiel ist laut Ulf Kämpfer auch eine „schwierige Stadt“.Markus Scholz/dpa

© Markus Scholz/dpa

Andererseits sei Kiel mittlerweile eine wachsende Stadt und in den vergangenen Jahren wurden 20.000 neue Jobs geschaffen. Es wurde ein modernes Kraftwerk gebaut und Glasfaser in die Stadt gebracht. Und auch in die Verkehrsinfrastruktur wurde investiert:

„Der Theodor-Heuss-Ring war vier Jahre lang immer sechs bis neun Monate für Sanierungsarbeiten gesperrt gewesen“, sagte Kämpfer. „Das hat mir viele Sympathien gekostet.“ Dafür hätten die Autofahrerinnen und Autofahrer nun allerdings auch 15 Jahre Ruhe.

Kämpfer wünscht Nachfolger „klaren Kompass“

Im April 2026 wird die Nachfolgerin oder der Nachfolger sein Amt als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt übernehmen. Kämpfer erklärte gegenüber der dpa: „Ich würde meinem Nachfolger die Kunst wünschen, einerseits einen eigenen klaren Kompass zu haben, wo er mit dieser Stadt hin will und gleichzeitig ein Oberbürgermeister zu sein, der die Interessen aller Kielerinnen und Kieler im Blick behält.“

Zudem liege ihm das Thema Wohnungsbau am Herzen. „Es ist eine der Schicksalsfragen für die Stadt, dass gerade Menschen, die diese Stadt am Laufen halten, eine Wohnung finden und für die Miete nicht 50 Prozent ihres Einkommens zahlen müssen.“ Daher hoffe er, dass die kommunale Wohnungsgesellschaft gestärkt und in den Wohnungsbau investiert werde.

Neun Kandidatinnen und Kandidaten treten bei der Bürgermeistwahl in Kiel an.Markus Scholz/dpa

Neun Kandidatinnen und Kandidaten treten bei der Bürgermeistwahl in Kiel an.Markus Scholz/dpa

© Markus Scholz/dpa

Am Sonntag wählt Kiel eine neue Oberbürgermeisterin oder einen neuen Oberbürgermeister. Neun Kandidatinnen und Kandidaten stehen zur Wahl. Erreicht niemand die absolute Mehrheit, folgt am 30. November eine Stichwahl. Der Amtsantritt erfolgt im April 2026.

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