Panorama

Verlorene Sendungen: Wenn der Postmann gar nicht klingelt

Verschwundene Pakete, geöffnete Briefe, unklare Zustellungen: Gelegentlich gibt es Probleme mit der Post. Woran liegt das - und was ist dann zu tun?

Von Wolfgang Jung, dpa

26.10.2025

Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz bietet bei Ärger mit der Post Beratung an. (Symbolbild)Sebastian Gollnow/dpa

Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz bietet bei Ärger mit der Post Beratung an. (Symbolbild)Sebastian Gollnow/dpa

© Sebastian Gollnow/dpa

Julia Gerhards kennt die Geschichten von verschwundenen Päckchen, beschädigten Inhalten und enttäuschten Erwartungen. Als Referentin für Verbraucherrecht und Datenschutz bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz befasst sie sich auch mit Problemen bei der Postzustellung. „Das Thema Post-Ärger ist ungebrochen relevant“, sagt sie der Deutschen Presse-Agentur. Ihre Einrichtung stellt ein Online-Tool bereit, das Betroffenen hilft, sich zu orientieren und ihre Rechte geltend zu machen.

Die Nachfrage ist groß: Das Tool startete Ende November 2023 und bis zum Jahresende wurden bereits rund 80.000 Zugriffe registriert. „Im vergangenen Jahr gab es ungefähr 110.000 Zugriffe und in diesem Jahr bislang schon mehr als 75.000“, sagte Gerhards. „Und das letzte Quartal ist noch nicht addiert.“

Was tun, wenn eine Sendung nicht ankommt?

Zunächst sind jedoch die Anbieter selbst gefordert, wie Gerhards betont. „Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich erst an den Postdienst wenden – nur dort kann überhaupt nachgeforscht oder Ersatz geleistet werden.“ 

Erst, wenn das erfolglos bleibt, kommen Institutionen wie die Verbraucherzentrale oder die Schlichtungsstelle der Bundesnetzagentur ins Spiel. Letztere sei ein wichtiges Instrument, da sie auch strukturelle Probleme erfassen könne.

Wenn Empfänger nicht zu Hause sind, ist die Paketzustellung manchmal schwierig. (Symbolbild)Sven Hoppe/dpa

Wenn Empfänger nicht zu Hause sind, ist die Paketzustellung manchmal schwierig. (Symbolbild)Sven Hoppe/dpa

© Sven Hoppe/dpa

Die Fälle, die schließlich bei der Verbraucherzentrale landen, seien oft besonders belastend. Gerhards erinnert sich an eine Frau, die über Monate Weihnachtsgeschenke für ihre Familie in Rumänien gesammelt hatte – gebrauchte Kleidung, kleine Aufmerksamkeiten, liebevoll zusammengestellt.

Das Paket kam nie an. „Die Sendung verließ laut Tracking nicht einmal Deutschland“, berichtet sie. Die Kundin wurde gebeten, den Wert der Inhalte zu belegen – eine Aufgabe, die bei gebrauchten Dingen kaum zu bewältigen ist.

Könnte Videoüberwachung im Postzentrum helfen?

Auch über geöffnete Briefe mit fehlendem Bargeld wird regelmäßig berichtet. Zwar ist der Versand von Geld grundsätzlich nicht vorgesehen – doch oft seien Verbraucherinnen und Verbraucher unsicher, welche Produkte für Wertsendungen geeignet sind. „In der Beratung fehlt es hier an Klarheit“, sagt Gerhards. Teilweise hätten Kundinnen und Kunden sogar explizit nach sicheren Versandmöglichkeiten gefragt – und sich im Nachhinein falsch beraten gefühlt.

Mögliche technische Lösungen wie eine flächendeckende Videoüberwachung in Verteilzentren sind laut Gerhards datenschutzrechtlich problematisch. Stattdessen fordert sie eine Kombination aus stichprobenartigen Kontrollen, gezielter Schulung und besseren Arbeitsbedingungen – auch angesichts der teils prekären Beschäftigungssituation in der Branche.

Postsendungen verschwinden sehr selten, doch wenn, ist dies stets ärgerlich. (Symbolbild)Oliver Berg/dpa

Postsendungen verschwinden sehr selten, doch wenn, ist dies stets ärgerlich. (Symbolbild)Oliver Berg/dpa

© Oliver Berg/dpa

Ein weiteres Streitthema: die Ablage von Paketen bei Nachbarn oder im Hausflur. „Aktuell läuft eine Klage gegen diese Praxis“, sagt Gerhards. Denn wenn eine Sendung auf diese Weise verloren geht, sei oft unklar, wer am Ende haftet. Betroffene blieben in vielen Fällen auf dem Schaden sitzen. Sie wünscht sich verbindlichere Regelungen und vor allem eine stärkere Verantwortungsübernahme durch die Unternehmen.

Wie häufig verschwinden Pakete wirklich?

Die DHL Group teilte mit: „Jede Beschwerde ist eine zu viel. Im Verhältnis zu den Milliarden von Sendungen, die wir jährlich transportieren, ist die Zahl aber sehr gering.“ 2023 wurden rund 12,2 Milliarden Briefe und 1,8 Milliarden Pakete laut DHL befördert. Die Quote der Beschwerden liege bei 0,003 Prozent. Dass gelegentlich Fehler passieren bei rund 50 Millionen bearbeiteten Sendungen pro Tag, lasse sich nicht gänzlich vermeiden. „Uns ist es jedoch ein Anliegen, aus jeder Beschwerde zu lernen und unsere Qualität weiter zu verbessern.“

Gerhards erkennt an, dass es sich bei vielen Problemen um Einzelfälle handelt. Doch sie beobachtet, dass die Unsicherheit bei Verbraucherinnen und Verbrauchern wachse. Viele fragten sich, ob sie ausreichend abgesichert seien bei Verlust und was zu tun sei, wenn sich ein Anbieter nicht zuständig fühle.

Ihr Fazit: „Es braucht nicht nur technische oder rechtliche Lösungen – sondern vor allem klare Kommunikation, transparente Prozesse und das Bewusstsein, dass jede Sendung für jemanden wichtig ist.“

Was sagt das Landeskriminalamt?

In Baden-Württemberg war vor wenigen Tagen ein Transporter mit tausenden nicht zugestellten Briefen entdeckt worden. Dazu teilte das Landeskriminalamt (LKA) Rheinland-Pfalz auf Anfrage mit, solche Fälle seien auch in Rheinland-Pfalz bekannt – jedoch in unterschiedlichem Ausmaß. Ein signifikanter Anstieg sei nicht feststellbar; ein kriminalpolitischer Schwerpunkt liege aktuell nicht vor.

Konkrete Zahlen zu Ermittlungen wegen nicht ausgelieferter oder unterschlagener Postsendungen könne man nicht nennen. „Solche Fälle werden statistisch unter den allgemeinen Kategorien Diebstahl oder Unterschlagung erfasst“, teilte das LKA mit. Eine gesonderte Meldepflicht bestehe hier nicht.

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