Panorama

Erholungsziel, Sehnsuchtsort, Patient - was dem Wald gut tut

Der Wald wird seit langem als Patient beschrieben. Er leidet unter vielen Problemen. Gerade der Klimawandel macht ihm zu schaffen. Das betrifft nicht nur Waldbesitzer.

Von Volker Danisch, dpa

20.11.2025

Jogger laufen durch den herbstlich gefärbten Wald in Königswinter. (Archivbild)Thomas Banneyer/dpa

Jogger laufen durch den herbstlich gefärbten Wald in Königswinter. (Archivbild)Thomas Banneyer/dpa

© Thomas Banneyer/dpa

Wandern, Laufen, Radfahren - all das geht im Wald. Die Wälder in Nordrhein-Westfalen sind Ausflugsziel und Erholungsort für viele Menschen. Doch tote Bäume und kahle Stellen führen vor Augen, dass es dort schon seit Jahren massive Problemen gibt. Vor dem Hintergrund des Klimawandels werden die Wälder nun seit einiger Zeit umgebaut. Was kann jeder im Kleinen tun, damit es dem Patienten Wald besser geht?

Warum bekommen die Bäume Stress?

Vor Jahrzehnten setzten Schadstoffe dem Wald zu. „Heute haben wir es mit anderen Schäden zu tun. Der Klimawandel bringt ganz gravierende Probleme“, verdeutlicht Forstwissenschaftler Mirko Liesebach vom Thünen-Institut für Forstgenetik. Die Niederschläge verteilten sich tendenzielle nicht mehr so gut über den Jahresverlauf. Die Bäume müssten an vielen Orten mit langer Trockenheit als auch mit einer längeren Feuchtigkeit zurechtkommen. 

Abgestorbene Fichten stehen auf einer Fläche im Eggegebirge. (Archivbild)Guido Kirchner/dpa

Abgestorbene Fichten stehen auf einer Fläche im Eggegebirge. (Archivbild)Guido Kirchner/dpa

© Guido Kirchner/dpa

Wo macht sich das besonders bemerkbar?

Besonders betroffen ist der mittlere Bereich Deutschlands, in dem starke Schäden an mehreren Baumarten beobachtet werden, erklärt der Experte. Die Fichte etwa leidet unter Hitze und Trockenheit sowie dem Borkenkäfer. Ein weiteres Problem für die Bäume und den Wald sind Krankheiten und Insekten. „Das Eschentriebsterben ist eine Folge der Globalisierung“, erklärt Liesebach. Die Krankheit sei aus Asien über Nordost-Europa nach Deutschland gekommen.

NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) Dieter Menne/dpa

NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) Dieter Menne/dpa

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Wie ist die Lage in NRW?

Der Regen ist in diesem Jahr genau zur richtigen Zeit gefallen. Dem Wald geht es nach Einschätzung von Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) etwas besser, sein Zustand bleibt aber kritisch. Der Anteil der Bäume mit gesunder, dichter Krone stieg leicht auf 29 Prozent. Die Fichte war 2017 der Baum mit dem größten Flächenanteil von 30 Prozent. Heute sind es 17 Prozent. Auch Laubbäume wie die Eiche sind von den Folgen des Klimawandels betroffen. 
 

Gibt es Gefahren für die Menschen? 

Ja. „Vom Klimawandel profitieren der Eichenprozessionsspinner und die an Bergahorn auftretende Rußrindenkrankheit, die beide für den Menschen eine Gefahr darstellen können“, zählt Forstwissenschaftler Liesebach auf. 

Raupen des Eichenprozessionsspinners in ihrem Nest auf einem Baum. (Archivbild)Lisa Ducret/dpa

Raupen des Eichenprozessionsspinners in ihrem Nest auf einem Baum. (Archivbild)Lisa Ducret/dpa

© Lisa Ducret/dpa

Was muss sich in der Forstwirtschaft ändern?

„Wir haben einen Wald, der sich sichtbar verändert. Wir sehen Waldsterben, wir sehen riesigen Freiflächen. Es wächst wieder etwas nach - entweder natürlich oder durch Pflanzungen, im Einzelfall auch durch Aussaat“, erklärt Liesebach. Allerdings sei bei neuen Baumgenerationen nicht mehr durchgehend mit einem Alter von mehr als 100 Jahren zu rechnen. Bei der Fichte etwa werde es künftig eher nach 40 oder 50 Jahren statt 80 oder 100 Jahren zur Holzernte gehen. 

Wie sieht der Wald der Zukunft aus?

Waldbesitzer sollten in reinen Fichtenbeständen Laubbäumen Platz einräumen. „Hälfte Fichte und Hälfte Laubholz oder man kann auch mit weiteren Nadelholzarten arbeiten. Weg vom Reinbestand, damit man ein „Warenhauslager“ hat, wenn dann eine Baumart ausfällt“, rät Liesebach.

Im Eggegebirge wachsen neben abgestorbenen Fichten aber auch viele neue Baumarten. (Archivbild)Guido Kirchner/dpa

Im Eggegebirge wachsen neben abgestorbenen Fichten aber auch viele neue Baumarten. (Archivbild)Guido Kirchner/dpa

© Guido Kirchner/dpa

 Ist der Wald auch ein Tourismusfaktor? 

„Wir haben in NRW, in Deutschland, ein sehr liberales Waldbetretungsrecht, anders als in anderen Ländern der EU und auch weltweit. Das heißt, es gibt ja kaum Einschränkungen eben auch, sich zu erholen im Wald und das wird auch intensiv genutzt“, sagt Forstamtsleiter Frank Rosenkranz aus Schmallenberg. Im Sauerland etwa seien die Wälder ein beliebter Erholungsraum auch für zahlreiche Gäste insbesondere aus dem Ruhrgebiet und aus den Niederlanden. 

Welche Probleme entstehen?

Nichts im Wald zurücklassen, lautet die klare Botschaft. Keine Flaschen, kein Verpackungsmüll. Mit E-Bike oder Mountainbike seien Fahrer in der Lage, Bereiche zu erkunden, in die sie vorher nicht gelangt wären. „Das ist auch alles in Ordnung, wenn man auf den festen Wegen bleibt“, sagt Rosenkranz. Der weit überwiegende Teil der Waldbesucher halte sich auch an diese Spielregeln.

NRW-Landwirtschaftsministerin Gorißen kritisiert, dass Einzelpersonen in zunehmenden Fällen Schäden im Wald anrichteten. Rauchen oder Grillen im Wald, Rennstrecken für Räder, beschädigte Bäume - das Spektrum reiche von Gedankenlosigkeit über Rücksichtslosigkeit bis hin zu Vandalismus im Wald. 

„Nicht meckern“, lautet der Appell von Liesebach, wenn es um Veränderungen im Forst gehe. „Warum nehmt ihr das weg? Die Natur kann das allein regeln“ sei einer der Einwürfe von Beobachtern. Angesichts der Rasanz des Klimawandels hält der Forstwissenschaftler aber ein gezieltes Eingreifen für erforderlich. 

Keine Pflanzen und Samen in den Wald bringen: Standortfremde Pflanzen seien nicht angepasst und anfälliger für Krankheiten. Außerdem könnten mit ihnen auch Krankheiten in den Wald eingebracht werden. „Wenn eine Försterei einen Pflanztag anbietet, kann man mitmachen“, sagt Liesebach. Das könne man auch als Event machen. Grünschnitt gehöre ebenfalls nicht in den Wald.

Waldspaziergänge lösen Konflikte 

Das Regionalforstamt Oberes Sauerland hat in einem Projekt untersucht, wie Konflikte gelöst werden können. Etwa wenn es darum geht, sensible Bereiche zu schützen und dafür Wanderwege umzulegen. Moderierte Waldspaziergänge hätten sich als gutes Format herausgestellt, sagt Forstamtsleiter Rosenkranz. So könnten mit Hilfe eines externen Moderators Lösungen besprochen werden. „Also der Wald leidet derzeit wirklich in dieser Klimakrise mit all seinen Funktionen. Und da kann jeder gucken, wie weit er sich da gut einbringt.“

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