Kein Konsens um jeden Preis
Leserbrief zum BZ-Bericht „Mechtild Schulze Hessing will eine dritte Amtszeit“ vom 24. August.

© Sven Kauffelt
Die Aussagen der Bürgermeisterin und des CDU-Fraktionsvorsitzenden, im nächsten Gemeindeparlament nur mit „demokratischen Parteien“ im „guten Konsens“ zusammenarbeiten und die nächsten Aufgaben angehen zu wollen, werfen ernste Bedenken auf. Dieser Ansatz gleicht dem Versuch, aus einem lebendigen, vielfältigen Feld einen makellosen Garten zu machen – doch Demokratie ist kein Ort der Harmonie, sondern ein Raum der unterschiedlichen Stimmen, Ideen und Standpunkte. Alle Parteien im folgenden Gemeinderat werden durch demokratische Wahlen legitimiert sein, und jede von ihnen wird zur politischen Vielfalt beitragen, die unsere Gesellschaft prägt.
Das Bundesverfassungsgericht hat betont, dass auch extreme oder radikale Positionen unter dem Schutz der Meinungsfreiheit stehen, solange sie nicht aktiv die demokratische Grundordnung gefährden. Wenn man jedoch „demokratische Parteien“ von vermeintlich „nicht-demokratischen“ explizit unterscheidet, ohne klare verfassungsfeindliche Anhaltspunkte, läuft man Gefahr, eine willkürliche undemokratische Grenze zu ziehen und eine Partei aus der Zusammenarbeit auszuschließen. Dies könnte die politische Repräsentation eines Teils der Wählerschaft untergraben und demokratische Grundprinzipien aushöhlen.
Die Stärke der Demokratie liegt nicht nur im Konsens um jeden Preis, sondern im offenen, kontroversen Dialog. Demokratie braucht den stürmischen Wind des Widerspruchs, um sich weiterzuentwickeln. Sie zeigt ihre Stärke gerade darin, harte Kritik und Vielfalt auszuhalten.
Ein Konsens, der nur die „passenden“ Stimmen zulässt, nimmt der Demokratie ihre eigentliche Kraft – nämlich die Kraft, sich durch Vielfalt und Auseinandersetzung immer wieder zu erneuern.
Zum Text: Bürgermeisterin Mechtild Schulze Hessing tritt 2025 erneut an