Jung-Mama Semechin plagen Zukunftsängste
Die zweimalige Paralympics-Siegerin Elena Semechin beklagt die fehlende Unterstützung des Verbandes für Mütter. Sie weiß nicht, wie es für sie im Sport weitergeht.

Elena Semechin macht sich Gedanken über ihre private und sportliche Zukunft. Jens Büttner/dpa
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Die stark sehbehinderte Weltklasse-Schwimmerin Elena Semechin wird nach der Geburt ihres ersten Kindes von Zukunftsängsten geplagt. „Gewisse Sorgen, was meine Zukunft angeht, sind schon in meinem Hinterkopf. In meinem Fall ist es der Krebs, der ja auch zurückkommen kann. Und wenn ich dann mal wieder Kopfschmerzen habe, dann macht man sich umso mehr Sorgen“, sagte die dreimalige Weltmeisterin dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ in einem Interview.
In solchen Phasen denke sie oft: „Oh Gott, ich hoffe, da kommt jetzt nichts, gerade in dieser frischen Phase mit dem Baby“, gestand Semechin. Außer um die Gesundheit kreisten ihre Gedanken aber auch um ihre sportliche Karriere. „Ich möchte schließlich auch wieder zurück zu meiner Top-Performance in meinem Sport“, sagte die 31-Jährige, die bei den Paralympics 2028 in Los Angeles noch einmal Gold holen möchte.
Kritik an Sportverbänden
Dies werde jedoch durch fehlende Rahmenbedingungen erschwert. „Im Jahr 2025 gibt es bei uns im Verband immer noch keine festen Regeln, was Mutterschutz angeht. Nichts ist festgeschrieben, also weder Regelungen zur Unterstützung in der Schwangerschaft noch zur Unterstützung danach, wenn man nach der Babypause wieder einsteigen möchte“, kritisierte die zweimalige Paralympics-Siegerin über 100 Meter Brust und forderte: „Ich finde, das muss sich ändern.“
Sie habe deshalb ein Konzeptpapier erarbeitet und dem Verband vorgelegt, bis jetzt aber noch keine Rückmeldung erhalten. „Ich weiß persönlich nicht mal, in welchen Kader ich ab Januar, wenn ich wieder voll ins Training einsteigen möchte, einsortiert werde. Theoretisch habe ich nämlich keinen Kaderplatz mehr“, sagte Semechin.
Ohne Kaderstatus würden alle daran gebundenen Fördermittel wegfallen. Semechin hadert mit den aktuellen Verhältnissen. „Jemand, der keine zusätzlichen Sponsoren hat, die ihn unterstützen, steht von jetzt auf gleich mit nichts da“, sagte sie.
Familienglück mit Sohn und Ehemann
Nach ihrer Tumordiagnose Ende 2021 und überstandener Chemotherapie hatte Semechin vor wenigen Wochen ihren Sohn Klaus Phillip zur Welt gebracht. Vater ist ihr Ehemann und Trainer Phillip Semechin. „Wir spüren wirklich das pure Glück und bedingungslose Liebe. Und gleichzeitig muss ich sagen, dass die ersten Wochen für mich auch schwer waren“, berichtete die gebürtige Kasachin.

Elena Semechin ist im September zum ersten Mal Mutter geworden.Georg Wendt/dpa
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Trotz der Glücksgefühle werde sie gelegentlich von Selbstzweifeln geplagt, da aufgrund ihrer Sehbehinderung nicht alle Handgriffe sofort klappen würden. „Und so mache ich mir manchmal Vorwürfe, frage mich, ob ich das alles überhaupt schaffe, ob ich gut genug dafür bin“, sagte Semechin.