Münsterland

Beschäftigte im Handel fordern deutlich mehr Lohn

Bis auf die Münsterstraße reichte am Donnerstag die Schlange der Verdi-Mitglieder, die sich in Dülmen im Kolpinghaus in die Liste der Gewerkschaft eintragen wollten. Sehr zur Freude von Gaby Beuing. „Wir sind wieder mehr als 100 Streikende“, lobte die Gewerkschaftssekretärin.

Von Thomas Aschwer

21.07.2023

Verdi-Mitglieder bei der Veranstaltung in Dülmen.

Verdi-Mitglieder bei der Veranstaltung in Dülmen.

© Thomas Aschwer

Streikende treffen sich in Dülmen

DÜLMEN.Aus ihrer Sicht waren es auch deshalb so viele, weil die Arbeitgeber im Einzelhandel eine vereinbarte Verhandlungsrunde abgesagt hatten. Dazu steht für Gaby Beuing außer Frage, dass die Beschäftigten auf eine sehr deutliche Lohnerhöhung zwingend angewiesen sind. „Ich muss mein Geld mehrfach umdrehen und kann mir nichts mehr leisten“, stimmt Christian Autermann der Gewerkschaftssekretärin absolut zu.

Der alleinerziehende Vater hat 2003 bei Real angefangen und ist nach der Übernahme des Warenhauses zu Marktkauf gewechselt. Er rechnet vor, wie stark viele Lebenshaltungskosten gestiegen sind und wie stark dadurch die eigenen Möglichkeiten eingeschränkt werden. „Ich muss mir überlegen, ob ich Mitte des Monats noch mit dem Auto fahren kann oder das Fahrrad nutze“, sagt Autermann.

„Man hat keinen Notgroschen mehr.“

Wie sehr sich die finanzielle Situation zugespitzt hat, macht er so deutlich: „Man hat keinen Notgroschen mehr.“ Christian Autermann, der sich beim Dülmener Marktkauf auch im Betriebsrat engagiert, setzt deshalb große Erwartungen in die Tarifverhandlungen. Nach reiflicher Überlegung betont er, dass „die Zehn-Prozent-Hürde übersprungen werden sollte.“ Die Arbeitgeber im Einzelhandel und im Groß- und Außenhandel bieten nach Auskunft von Verdi bislang für das Jahr 2023 zwischen 5,1 und 5,3 Prozent Entgelterhöhung. Zum Teil ergänzt wurden die Angebote um Inflationsausgleichsprämien von jeweils 700 Euro pro Jahr im Groß- und Außenhandel und 450 Euro im Einzelhandel.

Angebote, die aus Sicht Autermanns und auch Ortwin Bickhove-Swiderski absolut nicht reichen. Der DGB-Kreisvorsitzende verweist auf die teils enorm gestiegenen Preise bei Lebensmitteln und führt konkret die Steigerung von 80 Prozent bei Zucker an. Zugleich verweist er auf die rund 20.000 Mitglieder im DGB im Kreis Coesfeld. Die große Gemeinschaft will bei der nächsten Verhandlungsrunde im August, dass die Beschäftigten einen Ausgleich für die Inflation erhalten.

Im Vorfeld will Verdi den Druck auf die Arbeitgeber verstärken. Mit starkem Beifall feierten die mehr als 100 Gewerkschafter eine Streikausweitung. Am Freitag trafen sie sich erneut um 10 Uhr in Dülmen im Kolpinghaus.

Gegen Mittag marschierten sie vom Kolpinghaus Richtung Innenstadt, um so mit Nachdruck auf ihre Forderungen hinzuweisen. Für Samstag ist ein sogenannter stiller Streiktag ohne Aktionen vorgesehen.

Dass auch nach einem Abschluss im Tarifkonflikt viel zu tun ist, machte Ortwin Bickhove-Swiderski deutlich. Er berichtete, dass die durchschnittliche Bruttorente bei Männern 1300 Euro beträgt, bei Frauen hingegen nur 749 Euro. Das sei auch eine Folge davon, dass Frauen immer noch durchschnittlich 18 Prozent weniger verdienen als Männer. Wir fordern: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, so Bickhove-Swiderski.