Leserbrief zu weiterem Windrad in Marbeck: Fehlen die Leitplanken?
Leserbrief zum Artikel „Stadtrat will Zeichen gegen Windrad setzen“ von Samstag, 4. Oktober.

© Erwin Wodicka
Marbeck ist der Moment, in dem gute Absichten an der Wirklichkeit zerschellen und niemand mehr sagen kann, er habe es nicht kommen sehen.
Man wollte das Richtige: Klimaziele erreichen, Versorgung sichern, Verantwortung übernehmen. Man hat Positivflächen ausgewiesen, Verfahren beschleunigt, Beteiligung ermöglicht. Man war überzeugt, das Richtige zu tun und hat dennoch nicht genug getan. Die entscheidende Illusion: dass Gemeinwohl und wirtschaftliche Interessen sich von selbst im Gleichgewicht halten. Dass Investoren nur das nutzen, was „vernünftig“ erscheint, nicht alles, was juristisch möglich ist.
Heute zeigt sich das Gegenteil. Positivflächen sind keine Begrenzung, sondern Einladung. Abstände sind Verhandlungsmasse, Beteiligung ersetzt keine Regulierung. Technik hat Flächen geöffnet, die niemand mehr auf dem Radar hatte. Der Rat hat den Rahmen gesetzt, aber keine Grenzen für die Belastung der Bevölkerung definiert. Und während manche noch glaubten zu steuern, hatte das Kapital längst kalkuliert. Was jetzt sichtbar wird, sind nicht Schlupflöcher, sondern die logische Folge fehlender Leitplanken. Nun sagt die Politik: „Genug ist genug“ und gleichzeitig: „Wir wissen, dass es nichts nutzen wird, aber wir setzen ein Zeichen.“ Das ist demokratische Resignation in Reinform.
Und die Bürger? Sie tragen die Folgen eines Prozesses, dessen Richtung sie nie bestimmen konnten. Wenn der Marbecker Ortsvorsteher im Stadtrat sagt: „Das Landschaftsbild von Marbeck ist definitiv kaputt“, dann ist das keine Übertreibung, sondern das letzte verbleibende Stück Ehrlichkeit in einem Verfahren, das längst jedes Maß verloren hat.