„Keine gesellschaftliche Solidarität“
Leserbrief zum Leserbrief von Jürgen Stahlhauer vom 30. Januar und zum BZ-Interview mit Dr. Fabian Hottelet vom 24. Januar.
Dr. Fabian Hottelet
© Sven Kauffelt
Den irritierten Anfragen von Herrn Stahlhauer ist beizupflichten. Wenn der Text die Thesen Dr. Hottelets wiedergibt, sind die bangen Fragen aber beantwortet. Wie soll man es anders verstehen: Das Szenario wird so gezeichnet, dass die Alten den Jungen die Versorgungsplätze wegnehmen. Die Alten sollen – wie in anderen Ländern – ihre Krankheit als „schicksalhaft“ hinnehmen, ohne auf Behandlung hoffen zu dürfen. Die letzte Konsequenz, die Herr Stahlhauer benennt, Dr. Hottelet aber verschweigt, ist: Die Menschen sterben.
Interessant ist die Antwort auf den Einwurf von Herrn Kauffelt, das sei eine ethische Frage: Ja, aber die ärztliche Behandlung sei eine Frage des Geldes – so Dr. Hottelet. Klartext also: Die ethische Frage wird sogleich in eine ökonomische uminterpretiert. Keine Diskussion über den Wert des (alten) Lebens, keine Rede von gesellschaftlicher Solidarität und so weiter. Der jetzige finanzielle Rahmen wird als unumstößliche Größe akzeptiert, dem die Humanität geopfert wird. Da müssen sich die in Ehren Ergrauten in ihr Schicksal fügen. Einen humanen Umgang mit dem Alter können wir uns „nicht mehr leisten“.
Zumindest sollte man zukünftig den Namen „St. Marien“ für das Krankenhaus streichen, der steht sicher nicht für die Herrschaft der Ökonomie.
Hier geht es zum Bericht:
Chefarzt: Wir sind nicht besser vorbereitet als vor Corona
Dr. Fabian Hottelet
© Sven Kauffelt