Sparkassen dringen auf Wero statt digitalen Euro
Europa will auch beim Bezahlen unabhängiger von den USA werden. Banken treiben den Zahldienst Wero als Alternative zu Paypal und Co. voran - sehen sich aber von einer EZB-Initiative gebremst.

Sparkassen-Präsident Reuß: „Die Pläne für einen digitalen Euro für Privatkunden behindern den flächendeckenden Ausbau von Wero kolossal.“ (Archivbild)Helmut Fricke/dpa
© Helmut Fricke/dpa
Zahldienst Wero statt digitaler Euro: Hessens Sparkassen-Präsident Stefan G. Reuß fordert Tempo beim Ausbau einer europäischen Alternative im Zahlungsverkehr im Wettbewerb mit den USA. Die Pläne für einen digitalen Euro für Privatkunden behinderten den flächendeckenden Ausbau von Wero kolossal, „weil in Europa manche Banken keine Parallelstrukturen aufbauen möchten und deshalb abwarten“, sagte der geschäftsführende Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen laut Redetext in Frankfurt.
Seit Jahren tüfteln die Euro-Währungshüter unter Federführung der Europäischen Zentralbank (EZB) an einer digitalen Variante der europäischen Gemeinschaftswährung. Mit einer Einführung eines digitalen Euro ist nach letzten öffentlichen Aussagen nicht vor Ende 2028 zu rechnen.

Seit Jahren tüfteln Zentralbanker an einem digitalen Euro, ob und wann er kommt, ist noch nicht entschieden. (Symbolbild)Karl-Josef Hildenbrand/dpa
© Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Das sei „mit Blick auf das Ziel der europäischen Souveränität im Zahlungsverkehr viel zu spät“, sagt Reuß. „Aus unserer Sicht wäre es deshalb am zielführendsten, wenn auf den digitalen Euro für Privatkunden verzichtet und stattdessen Wero auch offiziell als einziges europaweites Bezahlverfahren fungieren würde.“
Wero seit Juli 2024 am Markt
Wero, das von einem Zusammenschluss europäischer Banken und Zahlungsdienstleister (European Payments Initiative/EPI) vorangetrieben wird, kann seit Juli 2024 genutzt werden. Zugreifen konnte auf dieses Angebot für das Bezahlen von Handy zu Handy hierzulande zunächst nur die Kundschaft von Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken über die Apps ihrer jeweiligen Institute.

Geldtransfer binnen Sekunden: Wer Wero nutzt, braucht im Unterschied zu einer herkömmlichen Überweisung nicht die Kontonummer des Empfängers, sondern kann Geld in Echtzeit an eine Handynummer oder E-Mail-Adresse senden. (Symbolbild)Karl-Josef Hildenbrand/dpa
© Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Inzwischen gibt es eine eigenständige Wero-App, die zum Beispiel bei der Postbank verfügbar ist. Seit August bietet Europas größte Direktbank ING den Bezahldienst ihren zehn Millionen Kundinnen und Kunden in Deutschland an. Außer in Deutschland ist Wero bereits in Frankreich und Belgien verfügbar.
Die European Payments Initiative will eine europäische Bezahlalternative zur US-Konkurrenz aus Paypal, Mastercard, Visa und Co. aufbauen. Dieses Ziel verfolgen auch die Zentralbanken im Euroraum bei ihrem Projekt für einen digitalen Euro.
Handel: Abwicklung von Zahlungen muss effizient und günstig sein
Der Handelsverband Deutschland (HDE) sieht die unterschiedlichen Bestrebungen für mehr Wettbewerb im Zahlungsverkehr durch neue europäische Anbieter grundsätzlich positiv. „Europäische Bezahllösungen wie Wero müssen sich allerdings an den vorhandenen Systemen messen lassen und erst Vertrauen im Handel aufbauen. Das gelingt nur, wenn die Zahlungsabwicklung effizient und kostenorientiert abläuft“, sagt Ulrich Binnebößel, HDE-Abteilungsleiter Zahlungsverkehr.
Ein einzelner privater Anbieter eines europäischen Zahlungsverfahrens allein reiche nicht, um Wettbewerb, Innovation und letztlich auch Unabhängigkeit zu sichern. Auch in der Abwicklung von Zahlungen über Echtzeitüberweisungen sowie im geplanten digitalen Euro sehe der HDE großes Potenzial.
Europa wegen Entwicklungen in den USA unter Druck
„Es ist mir bewusst, dass Notenbanken in diesem Kontext gerne auf ihre zahlungsverkehrspolitische Neutralität verweisen“, führte Sparkassen-Präsident Reuß aus. Dieses Argument passe aber nicht mehr in die Zeit. „Europa muss auch in diesem Feld unbedingt abwehrbereit werden. Es muss sich möglichst schnell für den leider nicht mehr abwegigen Fall rüsten, dass sich die bisher dominanten US-Zahlungsverkehrsdienstleister aufgrund von politischen Verwerfungen kurzfristig aus dem europäischen Markt verabschieden – mit allen Konsequenzen.“
Daher sollten aus seiner Sicht Politik, EZB und nationale Notenbanken „bei noch zögerlichen Banken auch mit sanftem Druck für das bereits einsatzfähige Wero werben“, sagte Reuß.