Wirtschaft

MAN streicht 2.300 Jobs - Autobranche mit Tiefstand

Die Autobranche baut in einem Jahr fast 50.000 Jobs ab - die nächste Hiobsbotschaft kommt von MAN. Dort trifft es mehrere deutsche Standorte. Aber auch in anderen Industrien entfallen Tausende Jobs.

20.11.2025

Der Bus- und Nutzfahrzeughersteller MAN spart in München, Salzgitter und Nürnberg (Archivbild)Sven Hoppe/dpa

Der Bus- und Nutzfahrzeughersteller MAN spart in München, Salzgitter und Nürnberg (Archivbild)Sven Hoppe/dpa

© Sven Hoppe/dpa

Die deutsche Autobranche muss eine Horrornachricht nach der anderen verkraften. Den nächsten Jobabbau verkündet der Lastwagen- und Bushersteller MAN, der rund 2.300 Stellen in Deutschland binnen zehn Jahre abbauen will. Betroffen sind vor allem der Hauptstandort München mit 1.300 Jobs, Salzgitter mit 600 und Nürnberg mit 400 Stellen. Die IG Metall nennt sogar noch etwas höhere Zahlen und bangt langfristig um Standorte.

Wie tief die Krise in der deutschen Schlüsselbranche ist, zeigen neue Daten des Statistischen Bundesamts. Demnach arbeiteten in der Autoindustrie zum Ende des dritten Quartals gut 48.700 weniger Menschen als ein Jahr zuvor. Das ist ein Rückgang von 6,3 Prozent – „so hoch wie in keiner anderen großen Industriebranche mit mehr als 200.000 Beschäftigten“. Mit 721.400 Menschen sank die Beschäftigung in der Autoindustrie auf einen Tiefstand seit Mitte 2011.

Der Autoindustrie machen die stark erhöhten US-Zölle, eine globale Absatzflaute sowie die chinesische Konkurrenz gerade bei Elektrofahrzeugen zu schaffen. Zuletzt kam es zudem zu Lieferengpässen bei Chips des niederländischen Herstellers Nexperia. Autozulieferer seien vom Jobabbau in der Branchenkrise noch stärker betroffen als die Hersteller, erklärten die Statistiker. 

Die deutsche Autobranche steckt tief in der Krise. (Archivbild)Jan Woitas/dpa

Die deutsche Autobranche steckt tief in der Krise. (Archivbild)Jan Woitas/dpa

© Jan Woitas/dpa

Und es gibt wenig Aussicht auf Besserung: Zuletzt haben viele Unternehmen Jobabbauprogramme angekündigt, die noch über längere Zeit laufen. Dazu gehören Branchengrößen wie Bosch, ZF Friedrichshafen aber auch Mercedes und der VW Konzern mit seinen Marken, zu denen auch MAN gehört.

MAN will ohne Kündigungen auskommen

MAN erklärte zur Begründung der Sparmaßnahmen, der Konzern müsse sich dem anhaltend schwächelnden Truck-Markt in Deutschland anpassen und seine Kostenposition weiter verbessern. Zudem belasteten hohe Strom- und Arbeitskosten sowie der steigende Druck der asiatischen Konkurrenz. Der Stellenabbau solle aber „absolut sozialverträglich“ geschehen, wie ein Sprecher sagte. Kündigungen seien nicht geplant. IG Metall und Betriebsrat kritisieren die Pläne scharf. Diese gefährdeten auf lange Sicht die Existenz des Münchner Stammwerks, sagt Sybille Wankel von der IG Metall. 

Die Gewerkschaft geht zudem von noch etwas höheren Zahlen als MAN aus. Sie rechnet langfristig mit dem Verlust von bis zu 2.000 Arbeitsplätzen in München und 500 in Nürnberg. Die Gewerkschaft fürchtet etwa wegen der Verlagerung von Produktion nach Polen auch um Arbeitsplätze im Forschungs- und Entwicklungsbereich, die in den Mutterkonzern Traton ausgelagert sind. 

In der deutschen Autobranche arbeiten so wenige Menschen wie seit Mitte 2011 nicht mehr. (Archivbild)Sven Hoppe/dpa

In der deutschen Autobranche arbeiten so wenige Menschen wie seit Mitte 2011 nicht mehr. (Archivbild)Sven Hoppe/dpa

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Der bayerische IG-Metall-Chef Horst Ott kündigte an, das MAN-Management zur Rede zu stellen. Er würde dem Vorstand dringend empfehlen, in Gespräche einzutreten und droht mit Eskalation. Wie genau das aussehen würde, sagte Ott nicht, betonte aber: Als IG Metall habe man „für jedes Problem das richtige Werkzeug. Welches wir dann einsetzen, hängt vom Gegenüber ab.“

120.000 Jobs in der Industrie verloren

Die Autobranche ist aber nicht die einzige, in der Stellen abgebaut werden. In der gesamten deutschen Industrie waren zum Ende des dritten Quartals laut Statistischem Bundesamt rund 5,43 Millionen Menschen beschäftigt – ein Rückgang von 120.300 oder 2,2 Prozent in einem Jahr. 

Die Daten zeigten, wo die Krisenherde in der deutschen Industrie liegen, sagte Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Insgesamt sei der Beschäftigungsabbau gemessen am Rückgang von Produktion und Aufträgen aber moderat. „Es ist noch nicht zu spät, den Großteil der Jobs in der Industrie zu retten.“

Auch Maschinenbau leidet

Einen größeren Stellenabbau gab es in weiteren Schlüsselbranchen wie dem Maschinenbau, der größten deutschen Industriebranche nach Mitarbeitern. Dort sank die Beschäftigung zum Ende des dritten Quartals um 2,2 Prozent auf rund 934.200 Menschen. In der Chemie gab es binnen eines Jahres einen leichten Rückgang um 1,2 Prozent auf 323.600 Beschäftigte und bei der Herstellung von elektrischer Ausrüstung um 0,4 Prozent auf 387.500.

Die Industrie steckt in der Krise - auch im Maschinenbau und der Chemie entfallen Jobs. (Archivbild)Marcel Kusch/dpa

Die Industrie steckt in der Krise - auch im Maschinenbau und der Chemie entfallen Jobs. (Archivbild)Marcel Kusch/dpa

© Marcel Kusch/dpa

Besonders stark fiel der Stellenabbau in der Metallerzeugung und -bearbeitung mit minus 5,4 Prozent aus sowie in der Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen mit 3,0 Prozent. Die einzige große Industriebranche mit Beschäftigungswachstum war laut Statistik die Nahrungsmittelindustrie mit einem Plus von 1,8 Prozent auf 510.500 Menschen.

„Deutschland braucht ganzheitliche Industriepolitik“

Deutschland brauche angesichts der aggressiven Wirtschaftspolitik der USA und von China eine ganzheitliche Industriepolitik, sagt Ökonom Dullien. Die beiden Großmächte wollten die heimische Produktion ankurbeln. „Das geht auf Kosten der deutschen Industrie“, so Dullien. „Deutschland sollte die EU dazu anregen, selber Schlüsselbranchen zu definieren und den Binnenmarkt zu nutzen, um europäische Produktion in diesen Branchen zu fördern.“