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Stadt prüft Arbeitspflicht für Asylbewerber – Kritik wächst

Salzgitter lässt prüfen, ob Asylbewerber zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden können. Der Flüchtlingsrat lehnt den Vorstoß klar ab, im Landtag herrscht Uneinigkeit – innerhalb der Koalition.

12.12.2025

Salzgitter prüft eine Arbeitspflicht für Asylbewerber – die Verwaltung der Großstadt mit rund 100.000 Einwohnern soll ein Konzept erstellen. (Symbolbild)Julian Stratenschulte/dpa

Salzgitter prüft eine Arbeitspflicht für Asylbewerber – die Verwaltung der Großstadt mit rund 100.000 Einwohnern soll ein Konzept erstellen. (Symbolbild)Julian Stratenschulte/dpa

© Julian Stratenschulte/dpa

Die Überlegungen der Stadt Salzgitter, eine Arbeitspflicht für Asylbewerber einzuführen, stoßen beim Flüchtlingsrat Niedersachsen auf deutliche Kritik. Eine solche Pflicht sei „nicht zielführend“, sagte Muzaffer Öztürkyilmaz vom Verein. Sie eröffne Geflüchteten keinen Zugang zu regulärer Arbeit.

Öztürkyilmaz moniert einen grundsätzlichen Widerspruch: Einerseits solle Geflüchteten signalisiert werden, sie sollten Deutschland fernbleiben, andererseits würden sie „als billige Arbeitskräfte“ eingesetzt. Das dahinterstehende Menschenbild sei problematisch – zumal Arbeits- und Fachkräfte fehlten.

Streit um die Arbeitspflicht in Salzgitter

Der Stadtrat in Salzgitter hatte am Mittwochabend mehrheitlich beschlossen, eine Arbeitspflicht für Asylbewerber prüfen zu lassen – auf Antrag der SPD. Grundlage ist das Asylbewerberleistungsgesetz, das für solche Tätigkeiten in kommunalen oder gemeinnützigen Einrichtungen eine Aufwandsentschädigung von 80 Cent pro Stunde vorsieht. Wer ohne Begründung ablehnt, erhält weniger staatliche Unterstützung.

Der Flüchtlingsrat hält den Ansatz für kontraproduktiv. Ankommende sollten zunächst Deutsch lernen und sich qualifizieren können, so Öztürkyilmaz. Die 80-Cent-Jobs erfüllten diese Voraussetzungen nicht; er sprach von einem „Drehtüreffekt“. Viele Geflüchtete wollten arbeiten, die Sprache lernen oder sich engagieren, wüssten aber oft nicht, wo sie ansetzen sollten. „Die muss man nicht zwingen, denen muss man nur das Angebot machen“, sagte er. Eine Pflicht habe zudem einen „schlechten Beigeschmack“ und vermittle, dass die Menschen nicht erwünscht seien.

Debatte erreicht Landtag

Im Landtag stößt das Thema auf geteilte Reaktionen. Nach Angaben der CDU prüfen mehrere Kommunen ähnliche Modelle. Das halte man für richtig, sagte Sebastian Lechner, Fraktions- und Landesparteichef der CDU: „Weil es fair ist, dass alle einen Beitrag für die Gemeinschaft leisten.“

SPD-Fraktionschef Stefan Politze sagte, die Diskussion sei nötig, weil das Thema viele Menschen im Hinblick auf ihr Gerechtigkeitsempfinden beschäftige. „Ich finde richtig, dass man darüber diskutiert, weil das ein Punkt ist, der die Menschen da draußen umtreibt.“ Er wolle die SPD in Salzgitter dafür weder kritisieren noch loben. Eine gründliche Diskussion auf Bundesebene sei nötig – auch über die Frage, ob 80 Cent angemessen seien.

Uneinigkeit in der rot-grünen Koalition

Der SPD-Landesverband sieht in solchen Angeboten grundsätzlich Chancen. Sie könnten Menschen „eine Tätigkeit näherbringen, beziehungsweise ihnen überhaupt wieder etwas zu tun geben“ und seien daher „im Grunde zu begrüßen“. Allerdings, so der Verband, hätten solche Jobs nicht automatisch einen Nutzen für Integration in Gesellschaft oder Arbeitsmarkt. „Es gilt, hinzuschauen.“

Der Koalitionspartner lehnt den Vorstoß dagegen deutlich ab: Die Entwicklung in Salzgitter sei problematisch, sagte Grünen-Fraktionschefin Anne Kura. Die Arbeitspflicht sei „ein völlig verkehrtes Instrument“. Vorrangig müsse sein, Geflüchteten frühzeitig Zugang zum regulären Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Grünen-Politiker Volker Bajus verwies zudem auf den erheblichen bürokratischen Aufwand solcher Arbeitsgelegenheiten – und darauf, dass nur wenige Asylbewerber überhaupt betroffen wären.