Politik Inland

Land will Gesetzesnovelle zu CO2-Speicherung zustimmen

Im Bundesrat wird am Freitag über eine Reform des CO2-Sicherungsgesetzes abgestimmt. Schleswig-Holstein plan zuzustimmen, hat aber auch Zweifel. Kritik kommt von SSW und BUND.

20.11.2025

Früher mit dem Klimaschutz zu beginnen, wäre besser gewesen, sagte Tobias Goldschmidt. (Archivbild)Frank Molter/dpa

Früher mit dem Klimaschutz zu beginnen, wäre besser gewesen, sagte Tobias Goldschmidt. (Archivbild)Frank Molter/dpa

© Frank Molter/dpa

Schleswig-Holstein plant im Bundesrat der geplanten Änderung des Kohlenstoffdioxid-Speicherungsgesetzes zuzustimmen. „Die Industrie steht bundesweit, europaweit mit dem Rücken zur Wand, weil wir zu Recht von ihr erwarten, dass sie klimaneutral wird“, sagte Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) im Landtag in Kiel. 

„Natürlich wäre es besser gewesen, viel früher Klimaschutz zu machen - die Moore nicht zu entwässern, die Wälder nicht zu schwächen“, erklärte Goldschmidt. Die Realität sei allerdings, dass es „fünf vor zwölf“ ist und gehandelt werden müsse. Nicht nur die Grünen hätten daher ihre Position zu CCS angepasst, sondern auch zahlreiche Institutionen wie etwa das Geormar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, Fridays for Future oder der Naturschutzbund.

Die Gesetzesnovelle, die die Bundeswirtschaftsministerin vorgelegt hat, ist laut dem Umweltminister dennoch an vielen Stellen „kritikwürdig“. Dennoch brauche es Antworten für Restemissionen. Goldschmidt betonte: „Deswegen würde ich es nicht verantwortlich finden, wenn wir diesem Gesetz im Bundesrat nicht zustimmen würden.“

Am Freitag berät der Bundesrat über die umstrittene Novelle, die die Speicherung von Kohlendioxid (CO2) unter der Nord- und Ostsee erlauben soll. Das Treibhausgas soll über Leitungen zu Speicherstätten transportiert werden. Doch die dafür nötige Infrastruktur fehlt in Deutschland bislang. 

Land lehnt Speicherung unter der Erde ab

Das Land fordert allerdings den Bund in einer Protokollerklärung auf, klarzustellen, bei welchen schwer oder anders nicht vermeidbaren Emissionen sie den Einsatz der Technologie gegenüber anderen Dekarbonisierungsoptionen für notwendig hält. Das Land kritisiert, dass es keine eindeutige Aussage gibt, die den Einsatz an Gaskraftwerken ausschließt.

Die Speicherung von Kohlendioxid unter der Erde oder in industriellen Prozessen, die sich effizienter und günstiger dekarbonisieren lassen, lehne das Land ab. Bei einer möglichen Anwendung müsse „der Schutz von Gesundheit und Umwelt oberste Priorität haben“, heißt es.

Worüber im Bundesrat abgestimmt wird

Bisher dürfen Forscher in Deutschland CO2 abscheiden, in Gesteinsschichten speichern oder weiterverwenden. Die Reform des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes würde es Unternehmen ermöglichen, solche Verfahren einzusetzen und Leitungen sowie Speicherstätten zu bauen. Der Bundesrat muss der Novelle noch zustimmen.

Das Abscheiden und Speichern von CO2 nennt man in der Fachsprache CCS. Von CCU spricht man, wenn CO2 abgeschieden und wiederverwendet wird.

SSW: CO2-Speicherung verhindert Energiewende

Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) hat sich im Landtag in Kiel gegen das Abscheiden und Speichern von Kohlendioxid durch Unternehmen ausgesprochen und einen entsprechenden Antrag eingebracht. Der entsprechenden Gesetzesnovelle im Bundesrat zuzustimmen, bezeichnete die Abgeordnete Sybilla Nitsch im Plenum als „Kniefall vor der Gaslobby“. 

CCS ist laut Sybilla Nitsch mit unkontrollierbaren Risiken verbunden. (Archivbild)Frank Molter/dpa

CCS ist laut Sybilla Nitsch mit unkontrollierbaren Risiken verbunden. (Archivbild)Frank Molter/dpa

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Der SSW forderte die schwarz-grüne Landesregierung dazu auf, im Bundesrat gegen die Novelle des Kohlendioxid-Absicherungsgesetzes zu stimmen. Die Technologie sei mit unkontrollierbaren Risiken für Natur und Umwelt verbunden. Nitsch betonte: „Sie zementiert die fossilen Energieträger und in diesem Fall das Gas und verhindert damit die Energiewende“.

Der SSW Antrag wurde abgelehnt. Die Abgeordneten von CDU, Grünen und FDP stimmten dagegen - die SPD enthielt sich.

Grüne überdenken Position

Das Thema der CO2-Speicherung beschäftigt das nördlichste Bundesland seit Jahren. 2014 schloss der Landtag einstimmig per Gesetz noch eine unterirdische Speicherung von Kohlendioxid aus. Der damalige Umweltminister Robert Habeck (Grüne) sagte damals: „Hier hat das Land parteiübergreifend klar gemacht: Wir wollen kein CCS als Reinwasch-Technologie für die klimaschädliche Kohleverbrennung.“ 

Als im Januar 2023 Habeck in seiner Funktion als Bundesklimaminister für die unterirdische Speicherung plädierte, blieb der schleswig-holsteinische Ressortchef Goldschmidt noch bei seiner ablehnenden Haltung: „Zum Thema CCS in Schleswig-Holstein hat der Landtag eine Position bezogen und CCS gesetzlich verboten.“ Er sehe keinen Grund, von der klaren Beschlusslage des Landtags abzuweichen, hatte Goldschmidt kürzlich gesagt.

Robert Habeck plädierte als Bundesklimaminister für unterirdische Speicherung von Kohlendioxid. (Archivbild)Bernd von Jutrczenka/dpa

Robert Habeck plädierte als Bundesklimaminister für unterirdische Speicherung von Kohlendioxid. (Archivbild)Bernd von Jutrczenka/dpa

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Ein Jahr später zeigte sich der Umweltminister Schleswig-Holsteins schließlich offen für CCS. „Wir können es uns einfach nicht mehr leisten, weiterhin CO2 in die Luft zu blasen“, sagte der Grünen-Politiker damals der Deutschen Presse-Agentur. Wichtig sei, dass CCS von vornherein in strengen umweltrechtlichen Leitplanken geschehe - in Naturschutzgebieten oder Nationalparks habe die Technik beispielsweise nichts zu suchen.

BUND sieht erhebliche Risiken

„Anstatt CO2-Emissionen von vornherein zu vermeiden, soll das Gas künftig teuer eingefangen und unter enormem Energieaufwand verpresst werden“, kritisiert im Vorfeld der Bundesratssitzung am Freitag auch der Vorsitzende des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Olaf Brandt. 

Zudem gebe es erhebliche Risiken: So könnten Deponien Trinkwasserressourcen gefährden und niemand garantieren, dass die Speicher über Jahrhunderte dicht bleiben. Brandt betonte: „Die Bundesregierung setzt damit auf eine gefährliche Scheinlösung mit enormem zusätzlichen Energie- und Ressourcenverbrauch.“