Reichsbürger-Prozess: Reuß sagt vor Gericht weiter aus
Desinformation, Angst vor einem „Deep State“ und der „Erdallianz“: Im Gerichtssaal schildert der Angeklagte Heinrich XIII. Prinz Reuß seinen Weg in die Verschwörungswelt.
Der 74 Jahre alte Reuß will sich auch im kommenden Jahr weiter zu den Anklagepunkten äußern. (Archivbild)Boris Roessler/dpa POOL/dpa
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Der Hauptangeklagte Heinrich XIII. Prinz Reuß hat im Frankfurter Prozess um die mutmaßliche „Reichsbürger“-Gruppe seine Schilderungen zu den Anklagepunkten gegen ihn fortgesetzt. Seine sogenannte Teileinlassung, die er vor dem Oberlandesgericht verlas, betitelte er mit „Wie bin ich da hineingeraten?“ und erklärte: „Seit 2017 verbreitete manipulierte Nachrichten haben mich hierher gebracht“.
So seien ab 2017 in den USA und letztlich auch in Deutschland auf Chatportalen Hunderte Verschwörungs-Gruppen aufgetaucht. Alle verbunden mit dem Aufruf, „sich selbst auf die Suche und Recherche nach der Wahrheit zu machen“, schilderte Reuß. Unter anderem habe es Informationen zum sogenannten „Deep State“ und der „Erdallianz“ gegeben.
Die Deep-State-Verschwörungstheorie besagt, dass eine geheime Elite aus Militär, Geheimdiensten und Bürokraten im Verborgenen die Regierung kontrolliert. Die Gruppe um Reuß ging nach Ansicht des Generalbundesanwalts davon aus, dass ein Systemwechsel in Deutschland bevorsteht. Der Umsturz sollte demnach von einem fiktiven, angeblich globalen Militärbündnis namens „Allianz“ oder „Erdallianz“ ausgelöst werden.
Reuß spricht von unverzeihlichen Sünden
Man könne bei den Theorien von einem „Desinformationsterrorismus“ sprechen, weil sich eine unheilvolle Mischung falscher Informationen ergeben habe. „Ein Informationscocktail im Virtuellen“, sagte der 74 Jahre alte Reuß.
Die Überprüfung der News zum „Deep State“ sei ihm schlicht nicht möglich gewesen, erklärte er. So hätten er – und nach seinen Angaben auch viele Mitangeklagte – die Nachrichten und Informationen kritiklos und unhinterfragt übernommen. „Das sind unverzeihliche Sünden.“
Er empfand seiner Aussage nach die „Erdallianz“ als Bedrohung für Deutschland. Reuß sprach von Hilflosigkeit und Angst vor einer unbekannten militärischen Kraft und dem angeblichen Ziel der Allianz, die Staatsform der Bundesrepublik umzustürzen.
Reuß: Habe keinen Umsturz geplant
„Ich habe mir einfach Sorgen um den gesellschaftlichen und politischen Zustand meines Landes gemacht“, sagte er. „Ich dachte sofort an die Errichtung einer Diktatur und einer Wiederholung des Hitler-Regimes“, führte er aus. Da seien bei ihm sofort alle Alarmglocken angegangen. Eine Ablehnung des bestehenden Systems oder dessen Bekämpfung mit Waffen und gewaltsamen Mitteln sei allerdings nicht seine Intention gewesen.
Maximilian Eder äußerte sich schon an mehreren Prozesstagen zu seiner Person und den Vorwürfen der Bundesanwaltschaft. (Archivbild)Boris Roessler/dpa-Pool/dpa
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Sein Mitangeklagter Maximilian Eder bekräftigte das in einer eigenen Einlassung. Es habe nie ein Gespräch zwischen ihm und Reuß Thema Reichstagssturm gegeben. Dem Ex-Elitesoldaten Eder sei es bei Reuß nur um die finanzielle Unterstützung seiner Bestrebungen gegangen.
Angeklagte auch an anderen Gerichten
Die Bundesanwaltschaft wirft den neun in Frankfurt Angeklagten vor, Mitglieder einer terroristischen Vereinigung gewesen zu sein beziehungsweise diese unterstützt zu haben. Ziel sei gewesen, die bestehende Staatsordnung gewaltsam zu beseitigen und durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen.
Mit zwei parallel laufenden Verfahren in München und Stuttgart müssen sich insgesamt 26 mutmaßliche Verschwörer in dem Komplex verantworten. Bis zum Urteil gilt für die Beschuldigten die Unschuldsvermutung.
Im neuen Jahr wollen Reuß und seine Verteidiger die Teileinlassung fortsetzen. Der Prozess wird am Dienstag (23. Dezember) fortgesetzt.