Boris Rhein kündigt Zehn-Milliarden-Offensive für Hessen an
Das Land plant historisch große Investitionen. Etwa in Straßen und Brücken, Drohnenabwehr und Polizeihubschrauber, IT-Technik und Sportplätze. Woher kommt all das Geld? Die Opposition hat Bedenken.
Auch in die Drohnenabwehr will Hessen mehr Geld investieren. (Symbolbild)Jan Woitas/dpa
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Mitten in der deutschen Wirtschaftsflaute hat Ministerpräsident Boris Rhein Hessens „größte Investitionsoffensive in seiner Geschichte“ angekündigt. In einer Regierungserklärung im Wiesbadener Landtag sprach der CDU-Politiker von einem „neuen Hessenplan“ mit Investitionen von rund zehn Milliarden Euro in den kommenden zwölf Jahren.
„Wir wollen damit Hessen in diesen unruhigen Zeiten noch schneller, moderner und souveräner machen“, sagte Rhein. Der Krieg in Europa, der Zerfall alter Bündnisse und eine Weltwirtschaft im Umbruch erforderten klare Antworten. „Wir müssen vom Wollen ins Machen kommen“, betonte der Regierungschef.
Regierungschef Rhein: „Ja, es sind Schulden“
Von den geplanten Investitionen von rund zehn Milliarden Euro stammen laut Rhein 7,4 Milliarden aus dem schuldenfinanzierten Infrastruktur-Sondervermögen des Bundes. Von diesen sollen wiederum 4,7 Milliarden Euro den Kommunen zugutekommen und 950 Millionen Euro den Krankenhäusern. Rhein gestand zu: „Ja, es sind Schulden, über die wir sprechen.“ Das reine Ankündigen von Geld sei „kein Zaubermittel“.
Zugleich sprach der Regierungschef zum Beispiel mit Blick auf den kommunalen Anteil von einem „enormen Konjunkturbooster“ angesichts der erwarteten Aufträge etwa für Bauunternehmen und Handwerksbetriebe. Dem Land bleiben 1,78 Milliarden Euro. Mit einem „so großen Anteil“ für die Kommunen gehört Hessen laut Rhein „zur Spitzengruppe der Länder“. Die Gemeinden sind beispielsweise für Schulen, Wasserversorgung und Feuerwehren zuständig.
Wie schlüsselt sich der Landesanteil am Sondervermögen auf?
Den Landesanteil am Sondervermögen des Bundes schlüsselte der Ministerpräsident folgendermaßen auf:
- Von den 1,78 Milliarden Euro für das Land Hessen sollen 730 Millionen Euro etwa in den Erhalt von Straßen und Brücken, den Ausbau des Busverkehrs und die Zukunft der Innenstädte fließen.
- Für die Stärkung der Sicherheit mit 670 Millionen Euro sind unter anderem Investitionen in neue Polizeihubschrauber, die Drohnenabwehr, die Verbrechensbekämpfung und moderne Polizeigebäude geplant.
- Zum IT-Bereich mit bundesweit besonders vielen Rechenzentren im Raum Frankfurt sagte Rhein: „Wir sind das digitale Kraftwerk Deutschlands.“ Für mehr Rechenkapazitäten bei Künstlicher Intelligenz, Quantencomputing und Cloudlösungen sind 250 Millionen Euro vorgesehen. Rhein verwies auch auf aktuell erwartete neue Investitionen des US-Unternehmens Google in Hessen.
- 130 Millionen Euro sind schließlich für den Sport gedacht, vornehmlich für die Sanierung und Modernisierung von Sportstätten. Regierungschef Rhein betonte, dass „der Sport die Menschen zusammenhält“.
Boris Rhein (CDU, l) und Kaweh Mansoori (SPD) erläutern geplante Investitionsschwerpunkte des Landes Hessen.Arne Dedert/dpa
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Vizeministerpräsident Kaweh Mansoori (SPD) sagte, dieses Finanzpaket des Landes sei „ein langfristiges Versprechen“ in Zeiten, in denen viele Bürgerinnen und Bürger den Euro ein- oder sogar zweimal umdrehen müssten. Die Verteidigung des Wohlstands sei wichtig für die Erhaltung der Demokratie.
AfD-Fraktionschef: „Renaissance der Realverschuldung“
Der Chef der AfD-Opposition, Robert Lambrou, kritisierte „einen Weg in die Schuldenorgie“ wie etwa in Frankreich. Statt der einst von Rhein angekündigten „Renaissance der Realpolitik“ gebe es nun eine „Renaissance der Realverschuldung“ zulasten künftiger Generationen. Mit „Schuldenmilliarden“ werde ein Strohfeuer entzündet. Aber ohne harte Einschnitte „kommen wir nicht mehr aus dieser Sackgasse raus“, mahnte Lambrou.
Klimaschutz wird laut Kritik der Grünen in Investitionspaket ignoriert
Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Mathias Wagner kritisierte, trotz Milliardensummen setze Schwarz-Rot keinen erkennbaren Schwerpunkt auf den Schutz vor den Folgen des Klimawandels, obgleich das Sondervermögen den Titel „Infrastruktur und Klimaneutralität“ trage. Dies sei eine „Ignoranz gegenüber dem Klimaschutz“.
FDP: Schuldenberg ist nicht generationengerecht
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Stefan Naas nannte die angekündigte Investitionsoffensive eine „Schuldenoffensive“. „Verschuldung, steigende Zinsen und Zinseszins bieten keinen Anlass für Selbstlob“, sagte er. Ein Staat, der überall eingreife und dabei Schuldenberge aufhäufe, sei nicht zeitgemäß. „Ein Staat, der die höchste Zinslast seit 20 Jahren hinterlässt, ist nicht generationengerecht“, ergänzte Naas.
Auch die Pläne der Landesregierung für den Nachtragshaushalt 2025 mit 1,115 Milliarden Euro zusätzlicher Kredite stießen bei der Opposition auf Kritik. Ausgerechnet Hessen, das einst Vorreiter der Schuldenbremse gewesen sei, normalisiere die Schuldenaufnahme, monierte die FDP-Haushaltsexpertin Marion Schardt-Sauer. Zudem sei es nicht rechtskonform, wenn das Land wie geplant 500 Millionen Euro Schuldengeld in seine Rücklagen schiebe. Tricks hätten im Etat nichts zu suchen.
Boris Rhein (CDU, l), Ministerpräsident von Hessen, und Kaweh Mansoori (SPD), Vizeregierungschef, äußern sich zur geplanten Verteilung des Landesanteils am Sondervermögen des Bundes. Arne Dedert/dpa
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