Mehr Beschwerden über Polizei - Beauftragte legt Bericht vor
In ihrem letzten Tätigkeitsbericht als Polizeibeauftragte betont Schleicher-Rothmund, wie wichtig es ist, eine solche Anlaufstelle zu haben. Sie gibt es nicht in jedem Bundesland.
Zu ganz unterschiedlichen Polizeieinsätzen äußerten Bürgerinnen und Bürger Kritik. (Archivfoto)Arne Dedert/dpa
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Vom Umgang mit in Höfe pinkelnden Fußballfans bis zur Fixierung einer Person im psychischen Ausnahmezustand - die Polizeibeauftragte des Landes Rheinland-Pfalz erreichen Beschwerden zu ganz unterschiedlichen Einsätzen im Land. Die Zahl der Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern auf Jahressicht ist so hoch wie nie. Unter den einzelnen im Tätigkeitsbericht 2024/2025 der Beauftragten Barbara Schleicher-Rothmund aufgeführten Fällen ist diesmal kein ganz gravierender, wie auch sie selbst bestätigt. Ganz große Aufreger also eher Fehlanzeige.
Ein Bürger beschwerte sich beispielsweise darüber, dass von einem Fußballspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern abreisende Fans aus Köln in Enkenbach-Alsenborn im Dezember vergangenen Jahres in seinen Hof und den seines Nachbarn uriniert hätten, anwesende Polizeibeamte jedoch nicht eingeschritten seien. In der Folge wandte sich die Beauftragte an das Innenministerium, das kontaktierte das Polizeipräsidium Westpfalz.
Kritik am Tonfall
Ergebnis: Nach Polizeiangaben wurden die Fans damals darauf hingewiesen, dass sie das Urinieren zu lassen hätten. Gleichzeitig hätten eingesetzte Beamte versucht, die Situation, in der ein ursprünglich vorgesehener Zug für die Abreise nicht genutzt werden konnte und die Köln-Anhänger quasi festsaßen, nicht eskalieren zu lassen. Ein rechtswidriges Handeln oder dienstliches Fehlverhalten sah auch Schleicher-Rothmunds Behörde letztlich nicht.
Für Schleicher-Rothmund war es die letzte Vorstellung eines Tätigkeitsberichts als Polizeibeauftragte. (Archivfoto)Andreas Arnold/dpa
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In einem anderen Fall störte sich eine Frau über den Tonfall eines Polizisten. Der war mit einem Kollegen bei einem Brand im März 2025 im Einsatz, als er die Frau einen Elektroroller ohne vorgeschriebenes Versicherungskennzeichen schieben sah. Nach Darstellung der Frau schrie sie ein Polizist an, sie fühlte sich unter Druck gesetzt. Aus dem Innenministerium hieß es dem Bericht zufolge, weil die Frau uneinsichtig gewesen sei, sei in „einer der Verkehrssituation angemessenen Lautstärke“ gesprochen worden. Eingeräumt wurde jedoch, dass die Gesprächsführung nicht optimal gewesen und „nicht durchgehend bürgerfreundlich“ zu bewerten gewesen sei.
Blick auf ganzen Einsatz wichtig
Ein dritter in dem Bericht erwähnter Fall vom April dieses Jahres drehte sich darum, dass eine Frau einen Polizeieinsatz wegen einer Person in einem psychischen Ausnahmezustand im April dieses Jahres beobachtete und filmte. Beamte brachten einen Mann zu Boden und fixierten ihn, die Frau sah darin unverhältnismäßige Gewalt.
Bei genauerer und kompletter Betrachtung des Vorfalls habe sich gezeigt, dass sich die Person vor ein Auto habe werfen wollen, sagte Schleicher-Rothmund. Es sei der Polizei also auch um deren Schutz gegangen. So etwas begegne ihr immer wieder. Bürgerinnen und Bürger sei die Vorgeschichte eines Einsatzes nicht bekannt, die wiederum sei aber für die Bewertung des Ganzen wichtig.
Ein Einsatz müsse immer in Gänze betrachtet werden, mahnt Schleicher-Rothmund. (Archivfoto)Robert Michael/dpa
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Insgesamt erreichten die Beauftragte zwischen Juli 2024 und Juni dieses Jahres 262 Eingaben, ein Höchststand seit der Einrichtung des Postens 2014 und ein Fünftel mehr als im Vorjahreszeitraum. Eine konkrete Ursache für den Anstieg sei nicht zu erkennen, konstatierte Schleicher-Rothmund.
Beauftragte sieht gesellschaftliche Veränderung
„Das hat wahrscheinlich einfach mit einer gesellschaftlichen Veränderung zu tun, dass die Bürgerinnen und Bürger mehr Rechtfertigung, mehr Transparenz einfordern“, sagte sie weiter und führte die gestiegene Zahl der Bürger-Eingaben auch darauf zurück, dass der Posten des Polizeibeauftragten im Land sichtbarer geworden sei.
Bei Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern drehte es sich den Angaben zufolge in den meisten Fällen um Kritik am Verhalten von Polizeibeamten sowie um den Ablauf polizeilicher Maßnahmen, von der Aufnahme eines Unfalls bis hin zu Durchsuchungen.
Ein weiteres Thema war die Bearbeitung von Strafanzeigen. Moniert werde immer mal wieder, dass Erstatter von Anzeigen nicht über den Fortgang des Vorgangs - etwa die Einstellung eines Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft - informiert würden, wenn dies nicht explizit gewünscht werde, erklärte die Polizeibeauftragte. Die Leute dächten dann, dass die Polizei das nicht weitergegeben habe, die habe das aber sehr wohl getan. „Das ist etwas, was wir immer wieder benennen“, sagte Schleicher-Rothmund.
Blick nach Hessen
Seitens der Polizistinnen und Polizisten erreichten die Beauftragte im Berichtszeitraum 16 Eingaben, 28 weniger als im Jahr davor. Sie drehten sich etwa um die Besetzung von Stellen, Versetzungen oder andere beamtenrechtliche Fragen.
Die Ende April 2026 aus dem Amt scheidende Schleicher-Rothmund betonte, es sei wichtig, dass es einen Polizeibeauftragten in Rheinland-Pfalz gebe. Im Nachbarland Hessen dagegen tue sich auch Jahre nach einem Beschluss im Parlament, einen solchen Beauftragten einzuführen, nichts - auch nicht angesichts sehr kontrovers diskutierter Fälle wie die rund um die Vorwürfe gegen Polizisten des ersten Reviers in Frankfurt. Es sei nicht ihre Aufgabe das hessische Parlament zu beurteilen, sagte Schleicher-Rothmund. „Aber ich habe den Eindruck, das ist politisch nicht gewollt.“