Experten sehen viele Probleme bei Kontrollen von Nutztieren
Gequälte Rinder und Schweine, überforderte Landwirte und Kontrolleure, die über immer mehr Aufgaben klagen. Wie kann Bayerns Kontrollsystem für die Nutztierhaltung verbessert werden?
Immer wieder kommt es in Bayern zu Tierschutzskandalen. Dies hat im Laufe der Zeit zu wachsenden Zweifeln am bayerischen Kontrollsystem geführt. (Illustration)Karl-Josef Hildenbrand/dpa
© Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Bayerns Kontrollsystem für die Nutztierhaltung kann nach Ansicht von Experten wegen einer Vielzahl von Defiziten Verstöße gegen das Tierwohl nicht ausreichend verhindern. Den Veterinärämtern sei es schon wegen des Personalmangels nicht möglich, zeitnah Problembetriebe erkennen zu können, sagte Kai Braunmiller, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft für Fleischhygiene und Tierschutz in Bayern, in einer Anhörung von Fachleuten im bayerischen Landtag. Helfen würde die Einführung einer Tiergesundheitsdatenbank.
Tierärzteschaft: Seit vielen Jahren wird zu wenig gemacht
Auch Iris Fuchs, Präsidentin der Landestierärztekammer, betonte gleich zu Beginn ihrer Ausführungen, die Tierärzteschaft sehe seit vielen Jahren, dass „bislang zu wenig gemacht worden ist zur Vermeidung“ von Missständen. Es brauche endlich ein wirksames Frühwarnsystem in Bayern, „zum Schutz der Landwirte und der Tiere“. Ein Problem sei auch ein Mangel beim Vollzugspersonal, denn nur Kontrollen lösten nicht die Probleme.
Kann Datenbank zu Tiergesundheit mit Ampelsystem helfen?
Auch müsse, so Fuchs, dringend eine Tiergesundheitsdatenbank eingeführt werden, in der die bereits vorhandenen Daten etwa von Schlachtern, zur Milchproduktion sowie vorhandenen Tieren und Mitarbeitern auf den Höfen hinterlegt würden. Die Tierärzte wollten keinen Zugriff auf die Daten, gleichwohl müssten sie in einer staatlichen Datenbank gesammelt und über ein Ampelsystem ausgewertet werden, um zu sehen, wo Kontrollen durchgeführt werden müssten. Das Argument, man wolle aus Datenschutzgründen keine entsprechende Datenbank einzurichten, sei „fadenscheinig“.
Arbeitsüberlastung bei Amtstierärzten über zu viele Aufgaben
Der Vorsitzende des Landesverbands der beamteten Tierärzte Bayerns sprach ebenfalls von Problemen wegen einer starken Personalfluktuation und einem wachsenden Tierarztmangel. Immer weniger Menschen müssten immer mehr Aufgaben erfüllen, „das führt zu einer Priorisierung, dass man nicht überall sein kann“. Manchmal komme es dann dazu, dass man „nicht so schnell vor Ort ist, wie man es sich wünscht“. Gleichwohl seien die Amtstierärzte trotz der Arbeitsüberlastung „keine Buhmänner“, helfen würde ihnen die Etablierung eines Frühwarnsystems, ein Bürokratieabbau und eine schnellere Digitalisierung.
Bauernverband: Mehr Daten und Kontrollen helfen nicht weiter
Seitens des Bayerischen Bauernverbandes wurden Rufe nach mehr Vorwürfen oder besagter Datenbank zurückgewiesen. „Daten bringen uns nicht weiter“, sagte Irene Pfeiffer, Referentin für Tierhaltung und Tierschutz im Generalsekretariat des Verbandes. Dadurch würde sich nur der ohnehin schon hohe Druck auf die Landwirte erhöhen. Das gelte genau so für Kontrollen, diese erhöhten auch nur den Druck. Vielmehr müsse man die mentale Gesundheit der Landwirte in den Fokus rücken. Es brauche eine Entstigmatisierung und die Bereitschaft der Landwirte, Hilfsangebote etwa bei Depressionen anzunehmen.
2025 viele Missstände bei Nutztierhaltern aufgedeckt
Im laufenden Jahr waren in Bayern wiederholt Fälle aufgedeckt worden, in denen Landwirte ihre Rinder oder Schweine nicht ordnungsgemäß gehalten haben. Immer wieder wurden Tiere in teils extrem schlechtem Zustand gefunden, obwohl die Höfe teils zuvor behördlich kontrolliert worden waren.
In der Folge hatten die Grünen mit der SPD die Anhörung durchgesetzt. „Wenn Tierquälerei oft erst von Tierschutzorganisationen gefilmt werden muss, damit staatliche Stellen aufmerksam werden, dann hat das System ein echtes Glaubwürdigkeitsproblem“, sagte Paul Knoblach, Sprecher für Tierschutz der Landtags-Grünen. „Wir müssen jetzt Lücken schließen, Verantwortlichkeiten klären und endlich ein Kontrollsystem schaffen, das seinen Namen verdient – damit Missstände frühzeitig auffallen.“ Auch die SPD sprach sich für die Einführung des von den Experten vorgeschlagenen Frühwarnsystems aus.
CSU und Freie Wähler sehen keinen Handlungsdruck
Die Regierungsfraktionen von CSU und Freien Wählern machten dagegen bereits klar, dass sie keinen Reformbedarf des Kontrollsystems sehen. „Die schweren Einzelfälle dieses Jahres erschüttern uns alle, doch sie widerlegen nicht die vielen engagierten Kontrollen, die in Bayern täglich Missstände verhindern, bevor sie entstehen“, sagte der Ausschussvorsitzende Alexander Flierl (CSU). Von den Freien Wählern hieß es ebenfalls, sie lehnten eine erhöhte Kontrolldichte ab, vielmehr müssten Landwirte über Bürokratieabbau weiter entlastet werden. Verstöße gegen den Tierschutz resultierten aus „individuellen Überlastungen und strukturell vorliegenden hohen Standards“.