Politik Inland

BSW-Abgeordneter kritisiert Fraktion - Koalition wackelt

Nach der Krisensitzung der BSW-Fraktion im Brandenburger Landtag ist nicht alles im Lot. In der Fraktion schwelt weiter interne Kritik.

16.11.2025

Der BSW-Landtagsabgeordnete André von Ossowski kritisiert die Spitze der Fraktion (Archivbild).Michael Bahlo/dpa

Der BSW-Landtagsabgeordnete André von Ossowski kritisiert die Spitze der Fraktion (Archivbild).Michael Bahlo/dpa

© Michael Bahlo/dpa

Die Zukunft der SPD/BSW-Koalition in Brandenburg - der einzigen bundesweit - ist auch nach einer Krisensitzung im BSW nicht automatisch gesichert. Der aus dem BSW ausgetretene Brandenburger Landtagsabgeordnete André von Ossowski legte mit interner Kritik nach. „Das Eingehen einer Koalition war in der Fraktion von Anfang an umstritten“, teilte von Ossowski mit und erklärte mit Blick auf Parteichefin Sahra Wagenknecht: „Starke Gegner übten lediglich Disziplin, weil diese von Sahra gewünscht war.“

Dem Fraktionsvorstand warf er „ständige Verstöße gegen eigene Regeln“ wie die Geschäftsordnung der Fraktion und „völlig undiplomatisches Verhalten in der öffentlichen Darstellung unserer Arbeit“ vor. Das mache „Erfolge zunichte“. Als Beispiel nannte von Ossowski die Besetzung des Landtags-Hauptausschusses am vergangenen Mittwoch mit Finanzminister Robert Crumbach bei der Abstimmung über die umstrittenen Medienstaatsverträge, da er kein Mitglied oder Vertreter im Ausschuss sei und die Vertreter anwesend waren.

Streit eskaliert

Interner Streit im BSW und Parteiaustritte haben die SPD/BSW-Koalition in Brandenburg ins Wackeln gebracht. Die Krise spitzte sich zu, nachdem vier Abgeordnete – Jouleen Gruhn, Melanie Matzies, André von Ossowski und Reinhard Simon – am vergangenen Dienstag ihren Austritt aus der Partei erklärt hatten. Als Gründe nannten sie „autoritäre Tendenzen“ und die zunehmende Dominanz radikalisierter Positionen im BSW.

Eine rund zweistündige Sondersitzung am Freitag endete mit der Ablehnung von zwei Misstrauensanträgen gegen BSW-Fraktionschef Niels-Olaf Lüders und seinen Stellvertreter Christian Dorst – knapp mit acht zu sechs Stimmen. Damit bleiben Lüders und Dorst im Amt, die Fraktion zeigt sich jedoch weiterhin gespalten.

Konflikt um Medienstaatsverträge

Der Streit beim BSW war wegen des Umgangs mit zwei Medienstaatsverträgen zur Rundfunkreform von ARD, ZDF und Deutschlandradio sowie zum Jugendmedienschutz eskaliert. Eine Mehrheit ist gegen die Verträge, BSW-Finanzminister Robert Crumbach ist dafür. Am Mittwoch steht die Entscheidung über die zwei Staatsverträge an. Eine Mehrheit der BSW-Fraktion will mit Nein stimmen. 

Die vier aus der Partei ausgetretenen Abgeordneten wollen den Raum verlassen, um einen Fraktionsbeschluss nicht zu gefährden. Sie wollen die Fraktion nach eigenen Angaben nicht verlassen, auch wenn die unterschiedlichen Positionen sich nicht auflösen ließen. Sie setzen auch auf die Koalition.

Die BSW-Landesvorsitzende Friederike Benda bezeichnete die Sitzung als ersten Austausch: „Es war vielleicht nicht der letzte, weil alle vier erklärt haben, dass sie Mitglieder in der Fraktion bleiben wollen.“

Crumbach verteidigt Position

Crumbach hatte die Sondersitzung vorzeitig verlassen. Sein Antrag auf Aussprache über die Misstrauensanträge wurde abgelehnt. Der Minister, der für die umstrittenen Medienstaatsverträge stimmen will, verteidigte seine Position auf Facebook. Dort schrieb er, er werde dem Medienstaatsvertrag zustimmen, da dies zuvor mit der Parteivorsitzenden und dem Fraktionschef abgesprochen worden sei.

Forscher hält Koalition für instabil

Politikforscher Jan Philipp Thomeczek hält die Koalition für instabil. Er verwies auf die knappe Mehrheit bei der Abstimmung über die Misstrauensanträge: „8 zu 6 ist ja die knappst mögliche Entscheidung bei 14 Leuten, insofern ist das garantiert nicht ausgeräumt. Die Frage wäre vielmehr, was dort überhaupt noch zu retten ist. 8 zu 6 bei einem Gesetz würde auf jeden Fall heißen, dass man es mit der SPD nicht beschließen kann.“ SPD und BSW verfügen im Landtag nur über eine Mehrheit von zwei Stimmen.

Thomeczek sieht zudem großen Einfluss der Bundespartei beim BSW: „Bei anderen Parteien erlebt man das nicht so. In der CDU betont man beispielsweise nur den Unvereinbarkeitsbeschluss mit Linke und AfD, ansonsten lässt man den Landesverbänden freie Hand.“

SPD hofft auf schnelle Klärung

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte seinen Koalitionspartner aufgefordert, die Situation intern zu klären. Nach der Krisensitzung wertete die SPD das Ergebnis lediglich als ersten Schritt. SPD-Generalsekretär Kurt Fischer sagte der „Märkischen Allgemeinen“ und der Deutschen Presse-Agentur: „Das hört sich aus meiner Sicht nur nach einem Zwischenstand an. Vieles bleibt offen. Als SPD haben wir ein sehr großes Interesse daran, zügig zu wissen, ob wir in dieser Koalition weiterhin stabil und verlässlich für Brandenburg arbeiten können.“

Die Koalition aus SPD und BSW war nach der Landtagswahl 2024 die einzige Option, wenn die AfD nicht an der Regierung beteiligt werden sollte. Eine SPD/CDU-Minderheitsregierung war wegen Patts verworfen worden. Die knappe Mehrheit von nur zwei Stimmen im Landtag macht die Regierung besonders verletzlich.