Politik Inland

Afghanisches Konsulat in Bonn öffnet nach Eklat wieder

Das afghanische Generalkonsulat in Bonn hat nach dem Protest des Personals wieder geöffnet. Arbeit dort nun auch ein Taliban? Die Grünen warnen vor Erpressbarkeit.

10.11.2025

Das afghanische Generalkonsulat in Bonn.Federico Gambarini/dpa

Das afghanische Generalkonsulat in Bonn.Federico Gambarini/dpa

© Federico Gambarini/dpa

Das afghanische Generalkonsulat in Bonn nimmt wieder seine Arbeit auf - möglicherweise mit einem von den islamistischen Taliban entsandten Mitarbeiter. „Das afghanische Generalkonsulat der Stadt Bonn, Deutschland, nimmt seine Tätigkeit wieder auf“, heißt es schlicht in einer Mitteilung des afghanischen Außenministeriums auf der Plattform X. Zuvor hatte die Belegschaft des Konsulats ihre Arbeit aus Protest niedergelegt.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte dazu lediglich: „Die afghanischen Vertretungen werden weiterhin durch Personen geleitet, die von der Islamischen Republik vor dem Machtwechsel im August 2021 entsandt und in Deutschland akkreditiert wurden.“ Damals hatten die Taliban die Macht übernommen.

Auf die Frage eines Journalisten, ob der aktuelle Generalkonsul jemand sei, der von den Taliban benannt wurde, antwortete der Sprecher: „Die Position des Generalkonsuls ist derzeit nicht besetzt in Bonn.“ Das Generalkonsulat Bonn stehe unter der Aufsicht der afghanischen Botschaft in Berlin. Damit jemand den Titel Generalkonsul tragen könne, brauche er die Zustimmung der Bundesregierung. Dies sei im konkreten Fall in Bonn nicht geschehen. 

Das Auswärtige Amt steht mit der afghanischen Botschaft zu Statusfragen aller drei afghanischen Vertretungen in Deutschland in Kontakt. Neben der Botschaft in Berlin und dem Generalkonsulat in Bonn gibt es noch ein weiteres Generalkonsulat in München.

Ex-Generalkonsul rechnete mit Taliban-Mitarbeiter

Offiziell erkennt Deutschland die in Afghanistan regierenden Taliban nicht an, führte jedoch zuletzt - zumindest auf technischer Ebene - Gespräche mit Vertretern der Islamisten, um weitere Abschiebungen von Straftätern nach Afghanistan zu erleichtern. Auch erlaubte Berlin die Einreise von zwei Taliban-Diplomaten. Nach Angaben des bisherigen Generalkonsuls in Bonn, Hamid Nangialay Kabiri, von Ende September sollte einer von ihnen wohl in Bonn arbeiten. Kabiri und die Bonner Belegschaft hatten deswegen ihre Arbeit niedergelegt. Das Auswärtige Amt wollte damals „zu solchen internen Abstimmungen“ keine Stellung beziehen. 

Nach dpa-Informationen hat der Ex-Generalkonsul in Deutschland im Oktober Asyl beantragt. Da er sich - auch öffentlich - klar gegen die Taliban-Machthaber positioniert hat, könnte sein Schutzbegehren Aussicht auf Erfolg haben.

Grüne halten Bundesregierung Zugeständnisse vor

Empört über die Entwicklung zeigen sich die Grünen. „Es drängt sich die Frage auf, ob die Bundesregierung sich durch ihre Zugeständnisse an die Taliban selbst erpressbar gemacht hat“, sagt der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Marcel Emmerich. Parlament und Öffentlichkeit könnten erwarten, „dass sie die Vorgänge vollständig offenlegt und den schmutzigen Deal“ erkläre. 

„Ein Innenminister, der Außenpolitik spielt, und ein Außenminister, der Taliban-Vertreter ins Land lässt, schaffen Chaos statt Sicherheit“, kritisierte Emmerich. Während Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) Kontakt zu den Taliban suche, um bei Abschiebungen voranzukommen, würden die Afghaninnen und Afghanen, die sich gegen die Taliban eingesetzt hätten, im Stich gelassen. Der Grünen-Politiker bezieht sich mit seiner Aussage auf die Aufnahmeprogramme des Bundes für besonders gefährdete Menschen aus Afghanistan. 

In den vergangenen Monaten waren vier Flüge mit afghanischen Staatsbürgern aus den Aufnahmeprogrammen Richtung Deutschland gestartet. Sie waren zuvor für ihre Einreise vor Gericht gezogen, nachdem viele von ihnen Monate oder gar Jahre in Pakistan ausgeharrt hatten. 

Schreiben entsetzt Afghanen 

In diesem Monat werden noch weitere Einreisen von Menschen mit Aufnahmezusage nach Deutschland erwartet. Erst kürzlich hatte die Bundesregierung einem Teil dieser Menschen Geld angeboten, wenn sie aus dem Programm ausscheiden. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte in der vergangenen Woche zu dem Angebot: „Ziel ist es, den Personen eine Perspektive einzuräumen, die nicht mit einer Aufnahme in Deutschland rechnen können.“

Afghanen, die das Schreiben erhalten haben, zeigten sich gegenüber der dpa hingegen schockiert und enttäuscht. „Wir haben zwei Jahre in Pakistan verbracht, und jetzt wird uns ein beschämendes und törichtes Angebot unterbreitet, das die Zukunft von uns und unseren Kindern gefährdet“, sagte einer von ihnen.

Das afghanische Generalkonsulat in Bonn.Federico Gambarini/dpa

Das afghanische Generalkonsulat in Bonn.Federico Gambarini/dpa

© Federico Gambarini/dpa