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AfD hält Wahlausschüsse für rechtswidrig besetzt

Seit Monaten gibt es im Thüringer Landtag Streit über die Besetzung wichtiger Justiz-Gremien. Die AfD präsentiert ein Gutachten und spricht auch über die Möglichkeit der Klage.

10.09.2025

Die Thüringer AfD-Fraktion hält das Fortbestehen von Justiz-Gremien in alter Besetzung für rechtswidrig. (Symbolbild)Martin Schutt/dpa

Die Thüringer AfD-Fraktion hält das Fortbestehen von Justiz-Gremien in alter Besetzung für rechtswidrig. (Symbolbild)Martin Schutt/dpa

© Martin Schutt/dpa

Die Thüringer AfD-Fraktion hält die Besetzung wichtiger Justiz-Gremien für rechtswidrig. „Das ist ein Verfassungsgrundsatz, dass jede Fraktion, sei es in einem aktuellen oder in einem Übergangsausschuss, vertreten sein muss. Und das ist nicht der Fall“, sagte der justizpolitische Sprecher der Thüringer AfD-Fraktion, Sascha Schlösser. Die beiden Ausschüsse sind wichtig, um Richter auf Lebenszeit und Staatsanwälte zu ernennen.

Die AfD stützt sich bei ihrer Einschätzung auf ein Gutachten des Juristen Michael Elicker. Der Staatsrechtler sagte, er komme zu dem Schluss, dass beide Wahlausschüsse derzeit nicht „in einer verfassungsrechtlich handlungsfähigen Form existieren“.

AfD will Vorstellungsrunde

Die Thüringer AfD mit ihrem Landespartei- und Fraktionschef Björn Höcke wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft und beobachtet. Im Thüringer Landtag ist sie stärkste Kraft und hat mehr als ein Drittel der Sitze. Damit blockiert sie seit Monaten die Besetzung des Richterwahl- und des Staatsanwältewahlausschusses. Mitglieder können in diese Gremien nur mit Zweidrittel-Mehrheit gewählt werden. 

AfD-Vertreter wurden bereits in die Gremien gewählt. Jedoch liefert die AfD nicht die nötigen Stimmen, um auch Vertreter anderer Fraktionen in die Ausschüsse zu wählen. Die AfD selbst streitet eine Blockadehaltung ab.

Die parlamentarische Geschäftsführerin der AfD-Fraktion, Wiebke Muhsal, wiederholte die Forderung, dass sich Kandidaten für die Ausschüsse in ihrer Fraktion vorstellen sollen. Schlösser sagte, es gebe bei den Wahlen keinen Fraktionszwang. „Deswegen ist es so wichtig, dass die Kandidaten sich vorstellen“, sagte er. Es komme allein auf die Qualität der Kandidaten an. 

Zuvor hatte die AfD immer wieder Posten in anderen Gremien gefordert – etwa zur Kontrolle des Verfassungsschutzes oder im Landtagspräsidium. Schlösser sagte, er könne nicht ausschließen, dass es Fragen dazu geben werde. „Aber das ist nicht als Bedingung geknüpft an irgendwelche Wahlen.“

Klagen gegen Richter-Ernennungen auf Lebenszeit? 

Das Thüringer Justizministerium hatte im Zuge der Blockade im Parlament ein Gutachten des Jenaer Verfassungsrechtlers Michael Brenner präsentiert, wonach die beiden Gremien auch in alter Besetzung arbeitsfähig sind. Der von der AfD beauftragte Gutachter Elicker sieht das anders und wirft Brenner vor, seine Einschätzung interessengeleitet zu Papier gebracht zu haben. 

Brenner wies die Vorwürfe zurück. Zum Argument, dass nicht jede Fraktion in den Gremien vertreten ist, sagte Brenner, dass er „aufgrund der gegebenen Verhältnisse“ und der aktuellen rechtlichen Grundlagen keine verfassungsrechtlichen Bedenken habe.

Elicker sagte, es sei unklar, ob eine Beamtenernennung auf Lebenszeit tatsächlich Bestand haben könnte, wenn sie von einem Gremium in der alten Besetzung vorgenommen wurde – zumal etliche Mitglieder fehlten, weil sie nicht mehr Abgeordnete des Landtags sind. 

Schlösser gab zu bedenken, dass Konkurrenten um solche Richterposten etwa klagen könnten. „Natürlich beabsichtigen auch wir, wenn es justiziabel ist, gegen eine Ernennung auf Lebenszeit auch vorzugehen“, sagte Schlösser. Später sagte er, es sei aber kein festes Ziel der AfD, Richter, die auf Lebenszeit ernannt sind, „wegzuklagen“.

Justizministerin sieht klare Rechtslage

Thüringens Justizministerin Beate Meißner (CDU) sprach von einer klaren Rechtslage. „Die geltenden gesetzlichen Regelungen in Thüringen ermöglichen den Fortbestand der Wahlausschüsse bis zur vollständigen Neuwahl“, teilte die Ministerin mit. Kritik am Brenner-Gutachten sei politisch motiviert. „Ich fordere erneut alle politischen Kräfte zur Konstruktivität auf. Wir brauchen neue Richter und Staatsanwälte, denn der Generationswechsel ereilt uns schnell.“ 

Die AfD kündigte an, die Kandidatur von Höcke für die Ausschüsse zurückzuziehen. Die CDU-Fraktion forderte die AfD auf, einen „wählbaren Vorschlag zu präsentieren“. „Der Rechtsstaat darf nicht durch taktische Spielchen lahmgelegt werden.“