Politik Inland

45 Jahre Wiesn-Anschlag: „Immer noch viele Leerstellen“

Viele wissen nichts vom Denkmal, kaum einer kennt die Opfer: Der Umgang mit dem Oktoberfest-Attentat ruft Kritiker auf den Plan. Warum gibt es immer noch offene Fragen zum Anschlag?

26.09.2025

Viele Fragen rund um den Anschlag blieben lange ungeklärt. (Archivbild)Frank Leonhardt/dpa

Viele Fragen rund um den Anschlag blieben lange ungeklärt. (Archivbild)Frank Leonhardt/dpa

© Frank Leonhardt/dpa

45 Jahre nach dem Oktoberfest-Anschlag bemängeln Kritiker den Umgang mit dem blutigen Attentat. „Wir sind alles andere als zufrieden mit der Aufarbeitung. Erst zum 40. Jahrestag vor fünf Jahren wurde die Tat offiziell als rechtsextremer Anschlag bewertet, doch es bleiben immer noch viele Leerstellen der Aufklärung übrig“, sagte Matthias Langgartner von der DGB-Jugend, die seit Jahrzehnten mit dem Kulturreferat das Gedenken organisiert. 

Am 26. September 1980 hatte eine Bombe am Haupteingang vom Oktoberfest zwölf Wiesn-Besucher und den rechtsextremen Täter Gundolf Köhler in den Tod gerissen. Es gab mehr als 200 Verletzte, viele von ihnen leiden bis heute an den Folgen. Für die Opfer will bei einer Gedenkveranstaltung Robert Höckmayr sprechen, der als zwölfjähriger Bub den Anschlag überlebte, aber zwei Geschwister verlor. „Es ist ein schlimmer Ort für mich“, sagte Höckmayr dem Bayerischen Rundfunk. Er kritisierte das am Tatort stehende Denkmal, eine halbrunde stählerne Wand. „In meinen Augen wurde der Bombe ein Denkmal gesetzt und nicht dem Leid, das wir erfahren haben“, sagte Höckmayr dem Sender. 

Der Anschlag am Oktoberfest war seinerzeit zunächst als Tat eines Einzelnen aus persönlichem Frust eingeordnet worden, die Akten wurden schnell geschlossen. Opfervertreter kämpften jahrzehntelang um eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Erst 2020 stellte die Bundesanwaltschaft fest, dass Köhler aus rechtsextremistischer Motivation handelte. Er wollte demnach die damalige Bundestagswahl beeinflussen und wünschte sich einen Führerstaat nach NS-Vorbild. 

Viele Betroffene sind der Öffentlichkeit unbekannt

Der DGB kritisiert, dass immer noch von einem Einzeltäter ausgegangen werde, obwohl der Täter Verbindungen in die rechtsextreme Szene und insbesondere zur Wehrsportgruppe Hoffmann hatte. Es sei zu befürchten, dass es keine weitere Aufnahme durch die Behörden gebe und daher viele Fragen ungeklärt blieben. „Das zeugt nicht nur von behördlicher Untätigkeit, sondern vor allem auch von fehlender Anerkennung für die Opfer.“

Der Hilfetopf, den es einmal gegeben habe, sei nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Viele Betroffene seien der Öffentlichkeit unbekannt. „Da es besonders am Anfang lange dauerte, bis sie von Seiten der Politik Anerkennung fanden, haben viele geschwiegen.“ Doch dadurch blieben viele Schicksale unaufgearbeitet und es mangle an Wertschätzung in der Gesellschaft. „Ich will gar nicht wissen, wie viele der Besucher des Oktoberfestes noch nie etwas von dem Anschlag gehört haben oder unbewusst am Denkmal vorbeigelaufen sind auf ihrem Weg zur Wiesn“, sagte Langgartner.